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Shutdown

Shutdown

Titel: Shutdown Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansjörg Anderegg
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dem Fußboden. Ein Stuhl hing zwischen Kaffeetisch und Sofa, als hätte ihn der Eindringling wütend fortgeschleudert. Die Bilder waren abgehängt, auch das Stillleben, das den kleinen Tresor verdeckt hatte. Er prüfte hastig den Verschluss, öffnete und atmete auf, als er die Pistole sah. Einen Sekundenbruchteil zögerte er, bevor er sie wieder einschloss. Wie war der Kerl hereingekommen? Was wollte er? Wertgegenstände waren keine verschwunden, weil er keine besaß, jedenfalls keine, die man zu Geld machen konnte.
    Eine Tür quietschte leise in den Angeln. Sein Puls schnellte augenblicklich auf hundertachtzig. Mit drei Sätzen war er beim Schlafzimmer. Die Türangeln müssten längst geölt werden. Sein erster Blick fiel auf die eingeschlagene Fensterscheibe. Die Tür schoss auf ihn zu. Er spürte, wie er ins schwarze Loch fiel, dann verlor er das Bewusstsein.
    Der schmerzhafte Ton wollte nicht abreißen. Verwirrt rieb er sich die Augen. Es dauerte einige Sekunden, bis er sich erinnerte. Das Telefon klingelte ununterbrochen. Ächzend richtete er sich auf. Die Stirn fühlte sich heiß an. Der Schädel brummte wie nach der letzten Pokerrunde. Er biss die Zähne zusammen und versicherte sich in aller Eile, dass er allein war in der Wohnung. In der Küche leerte er den Eisbehälter in ein Handtuch und drückte es an die Stirn. Das Telefon klingelte immer noch. Wütend hob er ab und rief in den Hörer:
    »Ja, verdammt!«
    »Madre mia, Frank, wo hast du gesteckt? Und hör auf zu fluchen.«
    »Rita, was gibt's denn so Wichtiges?«
    »Dich sollte man Manieren lehren, mein Lieber. Du hast deine Sandwichs vergessen.«
    »Habe jetzt keine Zeit.«
    »Himmel Herrgott, was ist los mit dir? Ich bin in einer Minute da.«
    Sie legte auf, bevor er protestieren konnte.
    Scheiß drauf , dachte er und erhielt zur Strafe einen Stich in die Schläfe. Was suchte dieser verfluchte Idiot bei ihm? Das Eis begann zu schmelzen. Wasser rann ihm übers Gesicht. Ärgerlich wischte er es ab und bereute die abrupte Bewegung sogleich. Er ging zurück zum Schlafzimmer, war noch nicht an der Tür, als Rita hereinstürzte.
    Sie blieb wie angewurzelt stehen. »Madre mia, großer Gott, was ist passiert?«
    »Nichts«, brummte er undeutlich.
    »Das sehe ich. Bist du gestürzt?«
    Ihr Blick fiel ins Wohnzimmer. Das Durcheinander verschlug ihr die Sprache. Sie fasste sich ans Herz und rang um Worte. Schließlich schüttelte sie ungläubig den Kopf und sah ihn mit großen Augen an.
    »Also ich war das nicht«, versuchte er zu scherzen.
    »Dummkopf. Wer – was ...«
    »Jemand hat mir einen Besuch abgestattet und die Schlafzimmertür an den Schädel geknallt.«
    »Du meinst, der war noch da? Madre mia.«
    »Halb so wild. Keine Ahnung, was der wollte. Wie es aussieht, ist er durchs Schlafzimmerfenster eingestiegen.«
    »Du musst zum Arzt«, sagte sie bestimmt, bevor sie neugierig ins Schlafzimmer eilte. »Da liegt etwas am Boden«, rief sie kurz danach.
    »Nicht anfassen!«
    Er hob das Papier unter dem zerbrochenen Fenster vorsichtig mit einem Taschentuch auf. Sein Name und die Adresse des Hauses standen drauf. In Blockschrift zwar, aber die Schrift kam ihm doch bekannt vor. Die andere Seite des Papiers zeigte ein Foto, das ihn erblassen ließ. Er kannte es gut, obwohl er es schon lange nicht mehr gesehen hatte.
    »Mein Gott«, murmelte er, »ich hatte ja keine Ahnung, dass der schon wieder draußen ist.«
    Sie betrachtete das Foto, stutzte, sah genauer hin und sagte: »Du hast auch mal jünger ausgesehen.«
    »Da war ich auch ein paar Jahre jünger, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Fresno?«
    Er nickte und dachte nach. Der erste Gedanke erwies sich bei ihm meist als richtig. Das Foto erinnerte ihn sofort an den schlimmsten Albtraum aus seiner Zeit als County Sheriff. Adam Walker, das Monster, das Jens Mutter auf dem Gewissen hatte. Er wusste es, obwohl er ihm damals die Tat nicht nachweisen konnte. Das Feuer hatte die Beweise vernichtet. Der Vater, der seine eigene Tochter in der Kirche fast zu Tode gequält hatte. Adams Fingerabdruck war auf dem Foto. Daran zweifelte er keinen Augenblick. Dennoch verstand er nicht, weshalb er hergekommen war. Rache für San Quentin? Unwahrscheinlich, sonst hätte er mehr als eine Beule abbekommen. Offensichtlich hatte Adam nur etwas gesucht.
    »Ich kapier’s einfach nicht«, murrte er.
    »Hätte ich nicht schöner sagen können«, murmelte Rita.
    Sie holte ein trockenes Tuch für den Rest der Eiswürfel und hielt ihm das

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