Shutdown
Kühlpaket an die Stirn.
»Du gehst zum Arzt, verstanden?«
»Wüsste nicht wozu. Mir fehlt nichts.«
»Soll ich dir sagen, was du bist?«
»Ein alter Esel.«
»Das auch und ein sturer Bock dazu. Schläge an den Kopf sind sehr heimtückisch. Mein Cousin Hernandez ...«
»Ich weiß«, unterbrach er sofort.
Sie kannte für jedes Gebrechen ein tragisches Beispiel aus ihrer Verwandtschaft. Er entsorgte das Eis in der Küche, während er überlegte, welchen seiner ehemaligen Kollegen er anrufen sollte.
»Du kennst den Ganoven«, rief sie ihm nach. »Hat es etwas mit Jen zu tun? Muss ich mir Sorgen machen um das Mädchen?«
»Nein«, log er.
Genau das war sein nächstes Problem. Er wollte Jen nicht unnötig beunruhigen, nicht bevor er die Bestätigung hatte, dass Adam nicht mehr einsaß. Er musste es sofort wissen. Während er die Nummer der Kriminalpolizei in San Francisco wählte, fiel sein Blick auf die Ablage neben dem Telefon. Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag, heftiger und tödlicher als die Begegnung mit der Tür. Der Zettel mit Jens Namen und Rebeccas Anschrift! Er lag nicht mehr bei den andern Adressen im Körbchen neben dem Telefon.
»Verdammte Scheiße!«, fluchte er zwischen den Zähnen.
Laut genug, dass Rita es hörte. Sie sagte nichts, aber ihr Blick verriet, dass sie seine höllische Angst erkannte. Fieberhaft suchte er Jens Handynummer. Er sparte sich alle Floskeln zur Begrüßung und begann mit dem Wichtigsten:
»Jen, du musst sofort fliehen!«
Kapitel 7
Alameda, Kalifornien
Franks Anruf überraschte Jen in der Garage. Die BMW glänzte wieder. Der Schlüssel steckte. Sie war im Begriff, die Maschine aus ihrem Dämmerschlaf zu wecken, als es klingelte. Im ersten Moment glaubte sie an einen missglückten Scherz, aber Franks Stimme hörte sich nicht danach an.
»Was meinst du mit fliehen?«
»Keine Zeit für Erklärungen, sorry«, sagte er hastig. »Adam ist zu dir unterwegs.«
»Adam!«, rief sie entsetzt. »Unmöglich ...«
»Doch, leider. Beeile dich! Ich fürchte, er dreht jetzt völlig durch. Du musst das Haus sofort verlassen. Auch Rebecca soll für eine Weile verschwinden, ist sicherer so. Am besten versteckst du dich im Park. Ich hole dich dort ab.«
»Aber ...«
Er hatte aufgelegt. Ihr Puls raste. Sie versuchte vergeblich, die Angst zu unterdrücken, sah, wie ihre Hände zu zittern begannen. Das Monster, das sie gezeugt hatte, war zurück auf ihrem Planeten. Es verfolgte sie. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen, blieb reglos stehen, eine Hand immer noch am Zündschlüssel. Sie war allein im großen Haus. Rebecca hatte sich für einige Tage verabschiedet. Geschäftsreise. Jen wünschte nichts sehnlicher als ihre Nähe. Zugleich dankte sie Gott, dass wenigstens sie in Sicherheit war.
Das Tor an der Einfahrt quietschte. Der Teufel war da. Zu spät, um das halb offene Garagentor zu schließen. Schwer atmend verkroch sie sich in die hinterste, dunkelste Ecke. Sie glaubte, ihr Herz schlagen zu hören. Schwere Schritte näherten sich. Sie sank noch mehr in sich zusammen, wollte im Boden versinken. Beten half nicht, hatte es schon damals nicht. Er stand vor der Garage. Sie konnte die klobigen Schuhe des Feldarbeiters sehen. Kalter Schweiß trat aus allen Poren. Erst nach einer Ewigkeit entfernten sich die Schritte wieder. Er stieg die Treppe hinauf zur Haustür. Sie hörte die Klingel. Der Ton löste ihre Lähmung. Sie begann, klarer zu denken, widerstand dem Reflex, einfach davonzurennen. Ihre Sachen steckten immer noch im Seesack im Schlafzimmer. Sie brauchte nur Sack und Computer zu holen, dann konnte sie abhauen, wie sie gekommen war. Ihr Herz pochte weiter, als hämmerte der Teufel an ihre Brust, statt an die Haustür. Laut und deutlich rief er ihren Namen. Diese Stimme, die ihre Nerven und Muskeln blockierte wie der Stromstoss eines Tasers, sie hatte sich kaum verändert. Jen versuchte mit aller Kraft, sich auf ihren Plan zu konzentrieren. Auf zittrigen Beinen schlich sie die Kellertreppe hinauf in die Wohnung, sorgfältig darauf bedacht, jedes Geräusch zu vermeiden. Ihr Weg führte am offenen Wohnzimmer vorbei. Er musste sie sehen, falls er draußen im Garten stand.
Wieder pochte er an die Tür. Solang er dort blieb, war sie sicher. Sie rannte in die Bibliothek, stopfte Laptop und ›Titan‹ in die Tasche, dann holte sie den Sack aus dem Schlafzimmer und hetzte zur Kellertreppe zurück, ohne sich weiter um das Monster zu kümmern. Kaum stand sie auf der
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