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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Hinweis auf eine flüchtige Frau gefunden. Keine abgerissenen Kleidungsfetzen, keine Fußabdrücke, keine zerdrückten Pflanzen. In der letzten Nacht hatten wir starke Strömung, die Flut drückte herein. Schwimmen war absolut unmöglich.«
    »Aber sie könnte es versucht haben.« Die Stimme kam von der Krankenschwester Kerry Marino, eine dünne Frau mit aufgetürmtem Haar, die die Spangen auf dem Kopf und über der Nackenwurzel sofort beim Betreten des Raumes gelöst hatte, sodass das rote Haar zu einer Mähne hinunterfiel. Ihr Käppchen hielt sie auf dem Schoß. Träge fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar, als sei sie müde, doch jeder Mann im Raum warf ihr verstohlene Blicke zu, denn sie wirkte, als ob sie ein Bett brauche, aber zu anderen Zwecken.
    McPherson fragte: »Was war das gerade?«
    Kerry Marinos Finger hielten inne, sie ließ die Hand in den Schoß sinken.
    »Woher wollen wir wissen, dass sie nicht versucht hat zu schwimmen und ertrunken ist?«
    »Sie wäre längst angeschwemmt worden.« Cawley gähnte in die Faust. »Bei dieser Flut!«
    Kerry Marino hob die Hand, als wollte sie sagen, ach so, tut mir Leid, Jungs. »Ich dachte bloß, ich sprech’s mal an.«
    »Dafür sind wir Ihnen dankbar«, entgegnete Cawley. »Marshal, stellen Sie nun bitte Ihre Fragen. Es war ein langer Tag.«
    Teddy warf Chuck einen unauffälligen Blick zu, und Chuck verdrehte kaum merklich die Augen. Auf einer kleinen Insel ist eine erwiesene Gewalttäterin auf freiem Fuß, und alle wollen einfach nur ins Bett.
    »Mr. Ganton hat uns bereits gesagt, dass er um zwölf nach Miss Solando gesehen hat und sie nicht mehr da war«, begann Teddy. »An den Schlössern des Fenstergitters und der Tür sind keine Spuren zu finden. Mr. Ganton, gab es in der letzten Nacht zwischen zehn und zwölf Uhr irgendwann mal einen Moment, in dem Sie den Gang im zweiten Stock nicht im Blick hatten?«
    Mehrere Köpfe drehten sich zu Ganton um. Verwirrend war das Frohlocken in einigen Gesichtern, als sei Teddy ein Grundschullehrer, der gerade dem hellsten Kind der Klasse eine Frage gestellt hatte.
    Ganton schaute auf seine Schuhe. »Der einzige Moment, wo ich den Gang nicht im Blick hatte, war, als ich ins Zimmer gegangen bin und sie nicht mehr da war.«
    »Das hat ungefähr dreißig Sekunden gedauert.«
    »Eher fünfzehn.« Ganton sah Teddy an. »Das Zimmer ist klein.«
    »Und ansonsten?«
    »Ansonsten waren um zehn alle weggeschlossen. Sie war die letzte. Ich hab mich auf meinen Platz an der Treppe gesetzt und zwei Stunden lang keinen mehr gesehen.«
    »Und Sie haben Ihren Posten nicht verlassen?«
    »Nein.«
    »Vielleicht haben Sie sich eine Tasse Kaffee geholt oder so?«
    Ganton schüttelte den Kopf.
    »Na gut, Leute«, sagte Chuck und löste sich vom Pfosten. »Ich muss jetzt einen großen Sprung machen. Ich sag jetzt einfach mal – nur so zur Diskussion gestellt, das geht nicht gegen Mr. Ganton –: Stellen wir uns mal vor, dass Miss Solando irgendwie unter der Decke entlanggekrochen ist oder so.«
    Einige unterdrückten ein Lachen.
    »Sie geht die Treppe runter in den ersten Stock. An wem muss sie da vorbei?«
    Ein leichenblasser Pfleger mit grellrotem Haar hob die Hand.
    »Wie heißen Sie?«, fragte Teddy.
    »Glen. Glen Miga.«
    »Gut, Glen. Waren Sie die ganze Nacht auf Ihrem Posten?«
    »Ähm, ja.«
    »Wirklich, Glen?«, hakte Teddy nach.
    »Ja?« Glen sah von dem Niednagel auf, an dem er herumgezupft hatte.
    »Ist das die Wahrheit?«
    Glen schaute kurz zu Cawley hinüber. »Ja, war ich.«
    »Glen«, sagte Teddy, »ich bitte Sie.«
    Glen hielt Teddys Blick stand. Seine Augen wurden größer, dann sagte er: »Ich bin kurz auf dem Klo gewesen.«
    Cawley beugte sich vor. »Wer hat Sie abgelöst?«
    »Ich war nur kurz pissen«, sagte Glen. »Ähm, ’tschuldigung, Sir, ich war Wasser lassen.«
    »Wie lange?«, fragte Teddy.
    Glen zuckte mit den Schultern. »’ne Minute, höchstens.«
    »Eine Minute. Ganz bestimmt?«
    »Bin ja kein Kamel.«
    »Nein.«
    »Ich bin rein und sofort wieder raus.«
    »Sie haben die Vorschriften verletzt«, sagte Cawley. »Herrgott noch mal.«
    »Ich weiß, Sir. Ich –«
    »Wann war das?«, wollte Teddy wissen.
    »Um halb zwölf, ungefähr.« Glens Angst vor Cawley schlug um in Hass auf Teddy. Nicht mehr lange, und er würde seine Feindseligkeit offen zeigen.
    »Danke, Glen«, sagte Teddy und gab Chuck ein Zeichen.
    »Um halb zwölf, ungefähr«, sagte Chuck, »war das Pokerspiel da noch in vollem Gange?«
    Die

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