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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Rachel nach unten gehen müssen, durch die verschlossene Tür gelangen und dann die Feuerleiter hoch.«
    »Aber das Dach wurde doch überprüft, nicht wahr?«
    Cawley nickte wieder. »Genauso wie alle Räume auf der Station. Und zwar unverzüglich. Unmittelbar nachdem ihr Verschwinden bemerkt wurde.«
    Teddy wies auf den Pfleger, der vor der Treppe an einem kleinen Kartentisch saß. »Ist dieser Platz rund um die Uhr besetzt?«
    »Ja.«
    »Das heißt, gestern Nacht war jemand da.«
    »Es war sogar der Pfleger Ganton.«
    Sie gingen zur Treppe. Chuck sagte: »Also …«, und sah Teddy mit erhobenen Augenbrauen an.
    »Also«, echote Teddy.
    »Also«, wiederholte Chuck, »hat Miss Solando ihr verschlossenes Zimmer verlassen, ist über den Flur und dann diese Treppe hinuntergegangen.« Sie stiegen ebenfalls nach unten. Chuck wies mit dem Daumen auf den Pfleger, der ihnen vom Treppenabsatz im ersten Stock entgegensah. »Hier kommt sie an einem zweiten Pfleger vorbei. Wie, wissen wir nicht, vielleicht macht sie sich unsichtbar oder so, dann läuft sie die nächste Treppe hinunter und kommt hier raus.«
    Sie bogen um die letzte Ecke und standen in einem Raum mit Sofas an den Wänden und einem großen Klapptisch mit Klappstühlen in der Mitte. Durch die Erkerfenster fiel helles Licht herein.
    »Der Wohnbereich«, erklärte Cawley. »Hier halten sich abends fast alle Patienten auf. Gestern Abend fand hier die Gruppentherapie statt. Das Schwesternzimmer liegt direkt hinter dem Durchgang dort. Wenn alle Zimmer abgeschlossen sind, treffen sich die Pfleger gerne hier. Eigentlich sollen sie fegen, Fenster putzen und so, aber wir erwischen sie immer wieder beim Kartenspielen.«
    »Und gestern Abend?«
    »Nach Aussage der Pfleger, die Dienst hatten, war das Kartenspiel in vollem Gange. Sie saßen zu siebt unten vor der Treppe und spielten Stud Poker.«
    Chuck legte die Hand auf den Mund und seufzte vernehmlich. »Hier macht sich Rachel allem Anschein nach wieder unsichtbar und biegt nach rechts oder links ab.«
    »Rechts gelangt sie durch den Speisesaal in die Küche. Am Ende ist eine Gittertür mit Alarmanlage, die das Küchenpersonal nach Feierabend um neun Uhr aktiviert. Links kommt sie ins Schwesternzimmer und in den Aufenthaltsraum der Mitarbeiter. Es gibt keine Tür nach draußen. Die einzige Fluchtmöglichkeit ist die Tür am anderen Ende des Wohnbereichs oder der Korridor auf der anderen Seite der Treppe. Beide Posten waren gestern Abend besetzt.« Cawley sah auf die Uhr. »Meine Herren, ich habe einen Termin. Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich an unsere Mitarbeiter oder an McPherson. Er hat die Suche bisher geleitet. Er müsste all Ihre Fragen beantworten können. Abendessen für das Personal ist um Punkt sechs in der Kantine im Keller des Pflegerwohnheims. Danach werden wir uns im Aufenthaltsraum treffen, dann können Sie mit allen sprechen, die gestern Abend zur fraglichen Zeit Dienst hatten.«
    Er steuerte auf die Ausgangstür zu. Teddy und Chuck sahen ihm nach, bis er verschwunden war.
    »Siehst du irgendeinen Anhaltspunkt dafür, dass es sich hier nicht um eine interne Angelegenheit handelt?«
    »Ich persönlich hänge ziemlich an meiner Unsichtbarkeitstheorie. Vielleicht besitzt Rachel das Patentrezept. Verstehst du? Kann doch sein, dass sie uns in diesem Augenblick beobachtet, Teddy.« Kurz sah sich Chuck über die Schulter um. »Sollten wir mal ernsthaft drüber nachdenken.«
     
    Am Nachmittag schlossen sie sich dem Suchtrupp an und stießen ins Hinterland vor. Der Wind schwoll an, wurde wärmer. Die Insel war fast vollständig zugewachsen. Sie erstickte in Unkraut und dichten Teppichen aus hohem Gras, durch das sich tastende Wurzeln uralter Eichen und grüne, dornige Kletterpflanzen zogen. Oft ging es einfach nicht weiter, nicht einmal mit den Macheten, die einige Wärter dabeihatten. Rachel Solando hatte bestimmt keine Machete gehabt. Auf jeden Fall schien es die Eigenart der Insel zu sein, alle Eindringlinge an die Küste zu drängen.
    Teddy fand die Suche unprofessionell. Außer ihm und Chuck schien niemand richtig bei der Sache zu sein. Gesenkten Blickes und schweren Schrittes bahnten sich die Männer ihren Weg entlang einer gedachten Linie oberhalb der Küste. Irgendwann bogen sie auf einem Schelf aus schwarzem Gestein um eine Kurve und erblickten eine Klippe, die hoch über ihnen ins Meer ragte. Links erstreckte sich hinter einem Streifen aus ineinander verschlungenem Moos, Dornen und roten Beeren eine

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