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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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bitte?«
    »Wir befinden uns in einer Nervenheilanstalt, Marshal. Für kriminelle Geisteskranke. Auffällig ist hier eigentlich alles.«
    Teddy grinste dümmlich und nickte. »Dann will ich mich anders ausdrücken. Ist gestern Abend in der Gruppe etwas vorgefallen, das denkwürdiger war als … ähm …?«
    »Normal?«, ergänzte sie.
    Cawley musste schmunzeln, einige lachten auf.
    Teddy nickte.
    Sie dachte kurz nach, die Asche der Zigarette wurde weiß und krümmte sich nach unten. Sie bemerkte es, schnippte sie in den Aschenbecher und hob den Kopf. »Nein, tut mir Leid.«
    »Hat Miss Solando gestern Abend etwas gesagt?«
    »Ein paarmal, glaub ich, ja.«
    »Was?«
    Schwester Marino sah Cawley an.
    »Sie sind vorübergehend von der Schweigepflicht entbunden.«
    Sie nickte, aber Teddy merkte, dass es ihr nicht recht war.
    »Wir haben über den Umgang mit der Wut gesprochen. In letzter Zeit gab es einige Zwischenfälle wegen übersteigerter Empfindlichkeiten.«
    »Was für Zwischenfälle?«
    »Die Patienten haben sich angeschrien, sich geschlagen, solche Sachen. Nichts Ungewöhnliches, nur ein kleiner Anstieg in den letzten Wochen, der wohl in erster Linie auf die Hitzewelle zurückzuführen ist. Deshalb haben wir gestern Abend über angemessene und unangemessene Möglichkeiten gesprochen, Angst und Missfallen auszudrücken.«
    »War Miss Solando in letzter Zeit besonders schlecht gelaunt?«
    »Rachel? Nein. Rachel wird nur unruhig, wenn es regnet. Das war ihr Beitrag zur Diskussion gestern Abend: ›Ich höre Regen. Ich höre Regen. Er ist noch nicht da, aber er kommt. Was sollen wir mit dem Essen machen?‹«
    »Mit dem Essen?«
    Schwester Marino drückte die Zigarette aus und nickte. »Rachel mag das Essen hier nicht. Sie hat sich ständig drüber beschwert.«
    »Aus gutem Grund?«, fragte Teddy.
    Marino unterdrückte ein Grinsen und senkte den Blick. »Unter Umständen könnte man behaupten, die Begründung ist nachvollziehbar. Aber wir bewerten Begründungen und Motive hier nicht als gut oder schlecht.«
    Teddy nickte. »Gestern Abend war ein Dr. Sheehan anwesend. Er hat die Gruppe geleitet. Ist er hier?«
    Niemand sagte etwas. Mehrere Männer drückten ihre Zigarette in den zwischen den Stühlen stehenden Aschenbechern aus.
    Schließlich antwortete Cawley: »Dr. Sheehan hat heute Morgen die Fähre genommen. Mit der Sie zur Insel gekommen sind.«
    »Warum?«
    »Er hatte seit längerem einen Urlaub geplant.«
    »Aber wir müssen mit ihm reden.«
    »Er hat mir seine schriftliche Zusammenfassung der Gruppensitzung überlassen«, gab Cawley zurück. »Ich habe alle Notizen. Er hat das Hauptgebäude gestern Abend um zehn Uhr verlassen und sich in seine Wohnung zurückgezogen. Heute Morgen ist er gefahren. Sein Urlaub ist schon lange überfällig und ebenso lange geplant. Wir sahen keinen Grund, ihn hier festzuhalten.«
    Teddy fragte McPherson: »Haben Sie das gebilligt?«
    McPherson nickte.
    »In einer solchen Situation darf niemand mehr rein oder raus«, sagte Teddy. »Eine Patientin flieht. Wie können Sie zulassen, dass jemand in dieser Situation die Insel verlässt?«
    »Wir haben uns vergewissert, wo er sich in der Nacht aufgehalten hat«, sagte McPherson. »Wir haben hin- und herüberlegt und sahen letztlich keinen Grund, ihn festzuhalten.«
    »Er ist Arzt «, warf Cawley ein.
    »Du meine Güte«, sagte Teddy leise. Es war der schwerste Verstoß gegen die Vorschriften, auf den er je im Strafvollzug gestoßen war, und alle taten, als sei es nichts Besonderes.
    »Wo ist er hin?«
    »Bitte?«
    »Wo macht er Urlaub?«, fragte Teddy.
    Cawley dachte nach, schaute zur Decke. »In New York, glaube ich. Seine Familie kommt da her. Park Avenue.«
    »Ich brauche seine Telefonnummer«, sagte Teddy.
    »Ich wüsste nicht, warum –«
    »Doktor Cawley«, unterbrach ihn Teddy. »Ich brauche die Telefonnummer.«
    »Wir besorgen sie Ihnen, Marshal.« Cawley sah noch immer an die Decke. »Sonst noch was?«
    »Allerdings«, sagte Teddy.
    Cawley sah ihn an.
    »Ich brauche ein Telefon«, sagte Teddy.
     
    Aus dem Telefon im Schwesternzimmer kam lediglich ein Rauschen. Auf der Station gab es noch vier weitere Apparate, sicherheitshalber hinter Glas verschlossen, doch auch diese Leitungen waren tot.
    Teddy und Dr. Cawley gingen zur Telefonzentrale im Erdgeschoss des Hauptgebäudes. Der Telefonist, einen schwarzen Kopfhörer um den Hals, sah auf, als sie eintraten.
    »Doktor Cawley«, sagte er, »hier geht nichts mehr. Nicht einmal

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