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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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das Scotchglas auf den Tisch. Es klang, als knallte ein Schuss.
    »Setzen Sie sich«, schlug Cawley vor.
    »Geht schon«, sagte Teddy, aber die Worte stolperten vom Gehirn zur Zunge über eine Leiter voller Eisenspitzen.
    Cawleys Knochen krachten wie brennendes Holz, als er sich vor Teddy gegen den Tisch lehnte. »Migräne?«
    Teddy sah die verschwommene Gestalt an. Normalerweise hätte er genickt, aber aus Erfahrung wusste er, dass er das auf keinen Fall tun durfte. »Ja«, brachte er heraus.
    »Das hab ich an der Art gesehen, wie Sie sich die Schläfe gerieben haben.«
    »Ah.«
    »Haben Sie das oft?«
    »So fünf, sechs …« Teddys Mund wurde trocken, er brauchte eine Weile, um seine Zunge wieder zu befeuchten. »… Mal im Jahr.«
    »Sie können von Glück sagen«, bemerkte Cawley. »Wenigstens in einer Hinsicht.«
    »Wieso?«
    »Viele Migränekranke bekommen die Anfälle einmal pro Woche.« Mit dem Geräusch brennenden Holzes löste sich Cawley vom Schreibtisch. Teddy hörte, dass er einen Schrank aufschloss.
    »Wie äußert es sich bei Ihnen?«, fragte er Teddy. »Beeinträchtigung der Sehkraft, trockener Mund, brennende Kopfschmerzen?«
    »Volltreffer.«
    »Seit Jahrhunderten beschäftigen wir uns mit dem Gehirn, und trotzdem weiß keiner, wodurch Migräne ausgelöst wird. Kaum zu glauben, was? Wir wissen, dass für gewöhnlich der Parietallappen betroffen ist. Wir wissen, dass das Blut gerinnt. Das sind minimalste Prozesse, aber wenn sie in einem so kleinen, empfindlichen Organ wie dem Gehirn stattfinden, verursachen sie Explosionen. Schon so lange wird alles Mögliche erforscht, und trotzdem wissen wir weniger über die Ursachen und langfristigen Folgen von Migräne als über eine ganz normale Erkältung.«
    Cawley reichte Teddy ein Glas Wasser und legte ihm zwei gelbe Tabletten in die Hand. »Die müssten Ihnen helfen. Ein, zwei Stunden lang sind Sie ausgeschaltet, aber wenn Sie dann zu sich kommen, geht’s Ihnen wieder besser. Dann ist ihr Kopf wieder glasklar.«
    Teddy musterte die gelben Tabletten und das Glas Wasser in seiner Hand, das gefährlich Schlagseite hatte.
    Er sah Cawley an, versuchte sich mit dem gesunden Auge zu konzentrieren, doch der Arzt stand in einem derart weißen, grellen Licht, dass es von Schultern und Armen abstrahlte.
    Egal, was du tust, flüsterte eine Stimme in Teddys Kopf …
    Etwas bohrte sich in seine linke Schädelhälfte und schüttete eine Packung Reißnägel hinein. Teddy rang nach Luft.
    »Du meine Güte, Chef.«
    »Marshal Daniels, entspannen Sie sich.«
    Die Stimme versuchte es erneut: Egal, was du tust, Teddy …
    Ein Stahlrohr wurde in die Reißzwecken getrieben. Aus Teddys gesundem Auge schossen Tränen, er drückte mit dem Handrücken dagegen. Sein Magen zog sich zusammen.
    … nimm nicht die Tabletten.
    Der Magen drehte sich, rutschte ihm in die Hose, und Flammen leckten an der Schlucht in seinem Kopf. Wenn das noch schlimmer wurde, da war er ziemlich sicher, würde er sich glatt die Zunge abbeißen.
    Nimm nicht diese Scheißtabletten, schrie die Stimme, raste wie von Sinnen durch die brennende Schlucht, schwenkte eine Fahne, trommelte ihre Truppen zusammen.
    Teddy senkte den Kopf und kotzte auf den Boden.
    »Chef, Chef! Alles in Ordnung?«
    »O je«, sagte Cawley. »Sie haben es ja wirklich schlimm.«
    Teddy hob den Kopf.
    Nimm …
    Tränen liefen ihm über die Wangen.
    … nicht …
    Ein Sägeblatt schob sich quer durch die Schlucht.
    … diese …
    Es sägte vor und zurück.
    … Tabletten.
    Teddy knirschte mit den Zähnen, wieder drehte sich sein Magen. Er versuchte, sich auf das Glas in seiner Hand zu konzentrieren, sah etwas Sonderbares an seinem Daumen und meinte, die Migräne spiele seiner Wahrnehmung einen Streich.
    nimmnichtdiesetabletten.
    Noch einmal wurde das Sägeblatt durch die grauen Windungen seines Gehirns gezogen. Teddy unterdrückte einen Schrei. Er hörte Rachels Schreie, dazu das Feuer, und er sah, wie sie ihm in die Augen schaute, er spürte ihren Atem auf seinen Lippen und ihr Gesicht in seinen Händen, als er ihr die Schläfen massiert hatte, und die verfluchte Säge ging immer wieder vor und zurück – nimmnichtdieseverfluchtentabletten
    – und er warf sich die Tabletten in den Mund, spürte sie auf der Zunge, spülte sie mit Wasser hinunter und schluckte. Sie rutschten durch die Speiseröhre, und er leerte das Glas in einem Zug.
    »Sie werden mir noch dankbar sein«, sagte Cawley.
    Chuck kam auf Teddy zu und reichte ihm ein

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