Shutter Island
dich begraben«, sagte sie.
»Nein, ich bin doch hier.«
»Ich habe dich begraben. In einem leeren Sarg, weil dein Körper über den ganzen Nordatlantik verstreut ist. Ich habe nur deine Erkennungsmarken begraben, weil das alles ist, was von dir übrig war. Dein Körper, dein wunderbarer Körper, wurde verbrannt und von Haien gefressen.«
»Rachel«, mahnte Cawley.
»Wie Tierfutter«, sagte sie.
»Nein«, widersprach Teddy.
»Wie zähes, verbranntes schwarzes Fleisch.«
»Nein, das war ich nicht.«
»Jim ist gefallen. Mein Jim ist tot. Und wer bist du, verdammt noch mal?«
Sie löste sich aus seiner Umarmung, kroch zur Wand und drehte sich um.
»Wer ist das, verflucht noch mal?« Sie wies auf Teddy und bespuckte ihn.
Teddy war unfähig, sich zu bewegen. Er starrte sie an, ihre Wut, die die Augen überschwemmte.
»Willst du mich ficken, Seemann? Geht’s darum? Deinen Schwanz in mich stopfen, während meine Kinder draußen im Hof spielen? Hattest du das vor? Sieh zu, dass du verschwindest! Hast du mich verstanden? Pass auf, dass du –«
Mit erhobener Hand wollte sie sich auf ihn stürzen, aber Teddy sprang vom Bett, und zwei Pfleger traten mit dicken Lederriemen über den Schultern dazwischen. Sie fassten Rachel unter die Arme und warfen sie zurück aufs Bett.
Teddy zitterte am ganzen Körper, Schweiß trat ihm aus den Poren, und Rachels Stimme gellte durch die Station: »Vergewaltiger! Verfluchter brutaler Vergewaltiger! Mein Mann kommt und schneidet dir die Kehle durch! Hast du das gehört? Er schneidet dir deinen beschissenen Kopf ab, und wir trinken dein Blut! Wir baden darin, du verfluchtes krankes Schwein!«
Ein Pfleger lag auf ihr, der andere hielt sie mit seinen kräftigen Händen an den Füßen fest. Sie schoben die Riemen durch Metallschlaufen im Bettgitter, legten sie über Rachels Brust und Fußknöchel und führten sie durch Schlaufen auf der anderen Seite, zogen die Riemen fest, schnallten die Enden zu und traten zurück.
»Rachel«, sagte Cawley mit sanfter, väterlicher Stimme.
»Ihr seid alle verfluchte Vergewaltiger! Wo sind meine Babys? Wo sind meine Babys? Gebt mir meine Babys zurück, ihr kranken Hurensöhne! Gebt mir meine Babys!«
Sie stieß einen markerschütternden Schrei aus, der Teddy wie ein Schuss durch die Wirbelsäule fuhr, dann warf sie sich so heftig gegen die Fixierung, dass das Gestell des fahrbaren Bettes krachte. Cawley sagte: »Wir sehen später noch mal nach Ihnen, Rachel.«
Sie spuckte nach ihm, der Speichel klatschte auf den Boden, dann kreischte sie wieder. Ihre Lippe blutete, sie musste sich gebissen haben. Cawley nickte den Männern zu und ging, die anderen schlossen sich ihm an. Teddy schaute sich noch einmal über die Schulter um. Rachel sah ihm direkt in die Augen, stemmte sich gegen die Lederriemen, die Sehnen in ihrem Hals traten hervor, die Lippen waren mit Blut und Speichel verschmiert. Sie schrie aus vollem Hals, kreischte, als wären alle Toten des Landes durch das Fenster hineingeklettert und marschierten auf ihr Bett zu.
In Cawleys Büro war eine Minibar, auf die er zusteuerte, kaum dass sie den Raum betreten hatten. Er bewegte sich nach rechts, und in dem Moment verlor Teddy ihn kurz aus den Augen. Cawley verschwand hinter einem weißen Schleier, und Teddy dachte: O nein, nicht jetzt. Nicht jetzt, bloß das nicht.
»Wo haben Sie sie gefunden?«, erkundigte er sich.
»Am Strand in der Nähe des Leuchtturms. Ließ Steine übers Wasser hüpfen.«
Cawley tauchte wieder auf, aber nur weil Teddy den Kopf nach links drehte. Teddy schaute nach rechts, und der Schleier verdeckte zuerst ein Einbau-Bücherregal, dann das Fenster. Er rieb sich das rechte Auge, gegen alle Vernunft hoffend, aber es nützte nichts. In dem Moment spürte er es in der linken Kopfhälfte: Direkt unterhalb des Scheitels riss eine Schlucht in den Schädel und füllte sich mit Lava. Zuerst hatte Teddy gemeint, Rachels Kreischen, ihr wütendes Geschrei, würde in seinem Kopf nachhallen, aber es war mehr. Der Schmerz explodierte, als würden ihm langsam ein Dutzend Dolchspitzen in den Schädel geschoben. Teddy zuckte zusammen und legte die Finger an die Schläfe.
»Marshal?«
Teddy sah auf. Cawley stand auf der anderen Seite des Schreibtisches – eine verschwommene, geisterhafte Gestalt zu seiner Linken.
»Ja?«, brachte Teddy hervor.
»Sie sind leichenblass.«
»Alles in Ordnung, Chef?« Plötzlich stand Chuck neben ihm.
»Alles klar«, murmelte Teddy. Cawley stellte
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