Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
Vom Netzwerk:
Kanten der Treppenstufen hängen. Oben angekommen, drehte sich der Wärter um. Er wirkte jetzt älter, auch etwas intelligenter.
    »Sie sind die Marshals«, sagte er.
    »Wie bitte?«
    Der Wärter nickte. »Doch. Ich hab Sie bei Ihrer Ankunft gesehen.« Er grinste Chuck an. »Sie haben diese Narbe da, wissen Sie.«
    Chuck seufzte.
    »Was machen Sie hier?«, fragte der Mann.
    »Ihr Gesicht retten«, gab Teddy zurück.
    Der Wärter nahm das Taschentuch von der Wunde, begutachtete es und drückte es wieder drauf.
    »Der Typ, den ihr da tragt«, sagte er, »heißt Paul Vingis. Kommt aus West Virginia. Hat die Frau seines Bruders und deren zwei Töchter umgebracht, als der Bruder in Korea diente. Hat die drei im Keller aufbewahrt, um sich zu vergnügen, Sie wissen schon, obwohl sie verwesten.«
    Teddy widerstand dem Drang, Vingis’ Arm loszulassen und ihn die Treppe hinunterzuschubsen.
    »Um ehrlich zu sein«, sagte der Wärter und räusperte sich. »Um ehrlich zu sein, ich war geliefert.« Er sah die beiden an. Seine Augen waren rot.
    »Wie heißen Sie?«
    »Baker. Fred Baker.«
    Teddy gab ihm die Hand. »Hey, Fred, wir freuen uns, wenn wir dir helfen konnten.«
    Der junge Mann blickte auf seine blutbefleckten Schuhe. »Noch mal: Was tut ihr hier?«
    »Wir sehen uns um«, entgegnete Teddy. »Noch ein paar Minuten, dann sind wir weg.«
    Der Wärter überlegte kurz. Teddy spürte, dass die vergangenen zwei Jahre seines Lebens – der Verlust von Dolores, das Einkreisen von Laeddis, die Informationen über die Insel, sein treffen auf George Noyce und dessen Geschichten von Drogen- und Lobotomieexperimenten, die Kontaktaufnahme mit Senator Hurly, das Warten auf den richtigen Moment für die Fahrt mit der Fähre, so wie sie damals auf den Augenblick gewartet hatten, den Ärmelkanal zu überqueren und in der Normandie zu landen –, dass all diese Dinge auf Messers Schneide standen, während der junge Mann überlegte.
    »Wisst ihr«, sagte er, »ich hab in ganz schön harten Häusern gearbeitet. In Gefängnissen, Hochsicherheitstrakten, dann in so ’ner Einrichtung, die gleichzeitig eine Anstalt für kriminelle Geisteskranke war …« Er blickte zur Tür und riss die Augen auf, als würde er gähnen, doch sein Mund blieb zu. »Tja. Hab schon in einigen Häusern gearbeitet. Aber das hier?« Lange sah er den beiden in die Augen. »Die haben hier ihre eigenen Regeln.«
    Er starrte Teddy an, und Teddy versuchte, die Antwort in seinem Blick zu lesen, aber er schaute in die Ferne, ausdruckslos, uralt.
    »Ein paar Minuten wollt ihr?« Der Wärter nickte. »In Ordnung. Bei diesem Durcheinander wird’s eh keiner merken. Nehmt euch ein paar Minuten Zeit, aber dann seid ihr weg, okay?«
    »Klar«, sagte Chuck.
    »Ach, noch was.« Grinsend griff der junge Mann zum Türknauf. »Passt auf, dass ihr in den paar Minuten nicht abkratzt, ja? Wäre euch sehr verbunden.«

15
    SIE GINGEN DURCH die Tür und gelangten in einen Zellenblock mit Wänden und Boden aus Granit. Die drei Meter breiten und vier Meter hohen Bogengänge erstreckten sich über die gesamte Länge der Festung. Das einzige Licht fiel durch hohe Fenster an beiden Enden des Korridors, von der Decke tropfte Wasser, auf dem Boden bildeten sich Pfützen. Die Zellen befanden sich links und rechts und lagen im Dunkeln.
    »Gegen vier Uhr heute Morgen hat der Hauptgenerator den Geist aufgegeben«, erklärte Fred Baker. »Die Zellentüren hier sind elektronisch verriegelt. Eine unserer jüngsten Errungenschaften. Klasse Idee, was? Um vier Uhr nachts sprangen alle Zellen auf. Zum Glück kann man die Schlösser noch manuell bedienen. Wir haben die meisten Patienten eingefangen und wieder eingeschlossen, aber irgendein Sausack hat sich einen Schlüssel besorgt. Offenbar schleicht er damit herum und schließt schnell irgendeine Zelle auf, dann verdrückt er sich wieder.«
    »Ist das vielleicht so ein Glatzkopf?«, fragte Teddy.
    Baker sah ihn an. »Ein Glatzkopf? Stimmt. Das ist der einzige, über den wir nicht Bescheid wissen. Wir haben schon vermutet, dass er es ist. Heißt Litchfield.«
    »Er spielt Fangen in dem Treppenhaus, durch das wir nach oben gekommen sind. In der unteren Hälfte.«
    Baker führte sie zur dritten Zelle rechts und schloss auf. »Rein mit ihm.«
    Es dauerte einen kleinen Moment, bis sie im Dunkeln das Bett gefunden hatten. Baker knipste eine Taschenlampe an und leuchtete ins Zimmer. Teddy und Chuck legten Vingis aufs Bett. Er stöhnte, in seinen Nasenlöchern

Weitere Kostenlose Bücher