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Shutter Island

Titel: Shutter Island Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Lehane
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Stoff über Stein raschelte, Knochen knackten.
    Und wieder das eine Wort: »Laeddis.«
    Diesmal kam es aus der rechten Ecke der Zelle.
    »Hier ging’s noch nie um die Wahrheit.«
    Teddy zog zwei Hölzer hervor und drückte sie aneinander.
    »Nie.«
    Er riss sie an. Das Bett war leer. Teddy leuchtete nach rechts. Der Mann stand in der Ecke, den Rücken zur Tür gewandt.
    »Oder?«
    »Was?«, fragte Teddy.
    »Ging es um die Wahrheit?«
    »Ja.«
    »Nein.«
    »Natürlich geht’s hier um die Wahrheit. Um die Offenlegung der –«
    »Es geht um dich. Und Laeddis. Um was anderes ist es nie gegangen. Mit mir, das war Zufall. Ich war bloß der Türöffner.«
    Der Mann drehte sich um. Kam auf Teddy zu. Sein Gesicht war eine unkenntliche Masse. Geschwollen, violett, schwarz, kirschrot. Die Nase war gebrochen und mit weißem Klebeband über Kreuz beklebt.
    »Du meine Güte«, sagte Teddy.
    »Gefällt’s dir?«
    »Wer hat das getan?«
    »Du.«
    »Ich hab doch nicht –«
    George Noyce trat ans Gitter. Seine Lippen waren so dick wie Fahrradreifen und schwarz vor Nähten. »Dein ganzes Gelaber. Dein ganzes beschissenes Gelaber, und trotzdem sitz ich wieder hier. Wegen dir.«
    Teddy erinnerte sich an das letzte Mal, als er Noyce im Besucherraum des Gefängnisses getroffen hatte. Trotz seines fahlen Knastteints hatte er einen gesunden, lebenssprühenden Eindruck gemacht, die dunklen Wolken hatten sich größtenteils verzogen. Er hatte Teddy einen Witz erzählt über einen Italiener und einen Deutschen, die in eine Bar in El Paso gehen.
    »Sieh mich an!«, sagte George Noyce. »Guck nicht zur Seite! Du hast diese Anstalt nie bloßstellen wollen.«
    »George«, sagte Teddy mit ruhiger, leiser Stimme, »das stimmt nicht.«
    »Doch.«
    »Nein. Was glaubst du, was ich das ganze letzte Jahr getan habe? Ich habe das hier vorbereitet. Was ich jetzt mache.«
    »Scheiß drauf!«
    Teddy spürte den Schrei im Gesicht.
    »Scheiß drauf!«, kreischte George zum zweiten Mal. »Du willst das hier im letzten Jahr vorbereitet haben? Du hast bloß vor zu töten. Das ist alles. Du willst Laeddis töten. Mehr nicht. Jetzt kannst du sehen, wo ich deswegen gelandet bin. Hier. Wieder hier. Ich ertrage es nicht mehr. Ich kann dieses verfluchte Horrorhaus nicht mehr ertragen. Hörst du? Nicht noch mal, nicht noch mal, nicht noch mal.«
    »George, hör mir zu! Wie sind die an dich herangekommen? Es muss doch eine Verlegungsanweisung gegeben haben. Die Psychiater müssen sich beraten haben. Es muss Akten geben, George. Papiere.«
    Noyce lachte. Er drückte das Gesicht gegen die Stäbe und hob die Augenbrauen. »Willst du ein Geheimnis hören?«
    Teddy trat einen Schritt näher.
    George sagte: »Ist wirklich interessant …«
    »Erzähl!«, sagte Teddy.
    Noyce spuckte ihm ins Gesicht.
    Teddy trat zurück, ließ die Streichhölzer fallen und wischte sich mit dem Ärmel den Speichel von der Stirn.
    Im Dunkeln sagte Noyce: »Weißt du, was die Spezialität vom guten Dr. Cawley ist?«
    Teddy fuhr sich mit der Hand über Stirn und Nasenrücken. Alles trocken. »Schuldgefühle von Überlebenden und Verlusttrauma.«
    »Nein, nein, nein.« George schmunzelte. »Gewalt. Insbesondere bei Männern. Er macht eine Studie.«
    »Nein. Naehring macht das.«
    »Cawley«, widersprach George. »Alles Cawley. Aus dem ganzen Land bekommt er die gewalttätigsten Patienten und Schwerverbrecher zugeschickt. Was glaubst du denn, warum hier so wenig Patienten sind? Oder glaubst du, glaubst du ernsthaft, dass irgendeiner näher auf die Überweisungspapiere guckt, wenn der Patient als gewalttätig bekannt ist und psychologisch behandelt wurde? Glaubst du das im Ernst?«
    Teddy entzündete zwei neue Streichhölzer.
    »Ich komm hier nicht mehr raus«, sagte Noyce. »Einmal hab ich’s geschafft. Aber kein zweites Mal. Das ist nicht drin.«
    »Immer mit der Ruhe«, sagte Teddy. »Wie sind die an dich rangekommen?«
    »Die wussten Bescheid. Verstehst du das nicht? Die Leute hier wissen genau, was du vorhast. Die kennen deinen Plan. Das Ganze ist ein Spiel. Ein hübsch inszeniertes Theater. Das alles hier« – er zeigte mit dem Arm in die Runde – »ist für dich.«
    Teddy grinste. »Dann haben die auch wohl nur für mich den Hurrikan geholt, was? Erstklassiger Trick.«
    Noyce schwieg.
    »Kannst du mir das erklären?«, fragte Teddy.
    »Kann ich nicht.«
    »Hab ich auch nicht erwartet. Schalte mal einen Gang zurück mit deinem Verfolgungswahn, okay?«
    »Viel allein gewesen?«, fragte

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