Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
Frau vor sich her durch das halb zerfallene Kino hinaus in die schwülwarme Sommernacht. Am Horizont zeigte sich bereits ein dünner, rotgoldener Streifen der aufgehenden Sonne. Nora atmete tief ein. Noch nie hatte sich die ozongeschwängerte Stadtluft von L.A. so gut angefühlt in ihren Lungen.
Ich hab´s gewusst! Sie lebt, fuhr es dem Detektiv triumphierend durch den Kopf. Shy konnte von der gegenüberliegenden Straßenseite den Schatten von Elias und einer zierlichen Frau beobachten, die mehr oder weniger zum Fahrzeug geschubst wurde. Aber was nun? Es gab keinen Grund, die Polizei zu rufen, wenn das Ehepaar Lakehurst sich zum Flughafen begab. Er hatte keinerlei Beweise für irgendeine Art von Entführung. Ein so mächtiger Mann wie Lakehurst würde sich selbst dann herausreden können, wenn er den Beamten die Fotokopien der gefälschten Unterlagen zeigte.
Niemand außer ihm, Christine und Richard wussten von dem blutigen Laken aus dem Hotel. Und selbst das war noch kein handfester Beweis. All das reichte niemals für eine Verhaftung oder gar einen Prozess. Im Gegenteil, man würde ihn, den heruntergekommenen Schauspieler und Detektiv diskreditieren und der Lächerlichkeit preisgeben. Elias Lakehurst konnte seine Existenz mit einem einzigen Anruf ruinieren, dessen war sich Shy durchaus bewusst. Daher musste er seine Ermittlungen zunächst allein fortsetzen. Auch wenn er seinen Auftraggeber nicht mehr mit seinen Spesen belasten konnte. Jetzt war es eine Frage der Ehre.
Shy eilte auf Umwegen, in Deckung bleibend, zurück zu seinem Fahrzeug und hoffte, den silbernen BMW im noch mageren Straßenverkehr der Frühpendler schnell wieder zu finden, wenn er zum LAX fuhr. Und tatsächlich hatte er nach zehn Minuten wieder einen gesunden Abstand zum Fahrzeug der Lakehursts hergestellt. Noch einmal versuchte er, Richard auf seinem Handy zu erreichen, doch wieder Fehlanzeige. Verdammt nochmal, wo steckst du?
Doch jetzt konnte er sich keine Gedanken um den Versicherungsagenten machen. Seine volle Konzentration galt dem BMW zwei Wagen vor ihm, der sich durch den immer dichter werdenden Verkehr schlängelte.
Auf einem separaten, abgezäunten Gelände befanden sich die Hangars für die Privatjets der Stars und Sternchen. Eine Schranke verwehrte den Eingang und ein Security-Mitarbeiter notierte die ankommenden Fahrzeuge mit Datum und Uhrzeit. Hier war Shy der Zutritt verwehrt. Er parkte den Van schräg gegenüber hinter dem Lieferwagen einer Cateringfirma. Der Detektiv musste sich schnell etwas einfallen lassen, denn der Uniformierte an der Schranke ließ den Wagen des Bankiers bereits passieren.
Shy begab sich in das Innere des Vans. Hastig überflog er die Magnetschilder, die er stets mit sich führte. Überhaupt war das Innere seines Wagens eher mit einer Theatergarderobe zu vergleichen. In transparenten Plastikkisten und kleinen Schubladenschränken befanden sich allerlei Maskeraden und praktische Dinge für Tarnungen aller Art. Aber auch verschiedene Werkzeugkisten. Würde man einen Handwerker hier einlassen? Ein Betrieb für Klimaanlagen wäre unauffällig, selbst auf einem Flugplatz!
Shy schlüpfte in einen blauen, neutralen Overall, zog eine passende Kappe auf und steckte sich das dazugehörige Ausweisschild an die rechte Seite. Dann platzierte er die Magnetschilder an die Seitenwände des Wagens. Jetzt konnte er zumindest einen Vorstoß wagen. Zehn Minuten nach Elias Lakehurst passierte der Van die Schranke zu dem privaten Flugfeld.
Im Schritttempo fuhr der Detektiv die bunkerähnlichen Hangars ab, bis er den silbergrauen BMW entdeckte. Er war leer. An der Seite des Gebäudes hielt er den Van an, nahm seine 9mm Automatik aus dem Handschuhfach und steckte sie in die Hosentasche. Dann verließ er das Fahrerhaus und näherte sich vorsichtig dem offenen Flugzeughangar. Ein aufgetankter Learjet wartete auf den letzten Passagier. „Verdammt“, maulte Shy leise, als er sah, wie Mrs. Lakehurst die Treppe in den Bauch des Flugzeuges hochgestoßen wurde. Ein bulliger Mexikaner war dicht hinter ihr und hielt eine Waffe auf sie gerichtet. Soviel konnte Shy erkennen. Unten stand Elias Lakehurst und gab seinem Piloten letzte Anweisungen. Hier und jetzt konnte der Detektiv unmöglich intervenieren, ohne Nora zu gefährden. Er wusste nicht, ob auch die anderen Männer bewaffnet waren und wer sich sonst noch im Flugzeug befand. Ohnmächtig ballte der Ermittler die Fäuste. Dann lief er in gebückter Haltung zurück zum Van und
Weitere Kostenlose Bücher