Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
ihren neuen Papieren zum Hangar. Ich will das endlich hinter mich bringen!“
José nickte wortlos und verließ das Büro des Bankiers durch dessen Privataufzug, der direkt in das Büro des Vorsitzenden führte und in keinem der Stockwerke unterwegs anhielt. Dieser Fahrstuhl endete direkt in der Tiefgarage des Glaspalastes in der City von L.A.. Und dort unten wartete die schwarze, abgedunkelte Limousine mit einem geräumigen Kofferraum auf den ungebetenen Fahrgast, den José zuvor noch mit Klebeband zu einem handlichen Paket verschnürte und ihm sein Taschentuch als Knebel in den Mund stopfte. Danach klemmte er sich hinter das Steuer und startete den Motor, um in aller Seelenruhe in Richtung Flughafen zu fahren.
* * *
Shy hatte die letzten Tage mit Donuts und Starbucks-Kaffee in seinem Van verbracht. Irvine hielt ihn, wie versprochen, über jede Bewegung des Bankmanagers auf dem Laufenden, doch immer fuhr sein Boss nur zu seinem Büro. Dort setzte sich die langweilige Warterei für Shy fort. Einmal hatte er sogar geglaubt, Richard zu sehen, doch der elegante Mann im dunklen Anzug, der die Bank am frühen Morgen betrat, war bestimmt nicht der Versicherungsagent, oder etwa doch? Die Ähnlichkeit war verblüffend. Norton würde doch nicht irgendwelche Dummheiten machen wollen?
Beunruhigt stieg Shy aus dem Wagen und folgte dem Mann mit einigem Abstand, verlor ihn aber aus den Augen, als sich mehrere Fahrstühle öffneten und ihre Menschladung in die Halle spien. In welchen war dieser Besucher eingestiegen? Shy blickte nach oben und verglich die Anzeigen der Aufzüge. Er war sicher, dass der Boss einer Bank sein Büro immer im obersten Stockwerk hatte. Er machte sich auf den Weg, aber im Vorzimmer des Bankenchefs war für ihn die Observation zu Ende. Bei der Sekretärin gab er sich als Kurierfahrer aus, der sich verlaufen hatte, doch das schien sie ihm nicht abzunehmen. Sie wies ihn so eiskalt ab wie die Festung von Gibraltar.
Auf dem Rückweg blickte er sich wieder verstohlen um. Von dem Norton-Zwilling keine Spur. Zwischen all den anderen Anzugträgern in dieser Bank konnte er den Verfolgten nicht ausmachen. Irgendetwas stimmte hier nicht, das sagte ihm sein Instinkt! Doch er musste das Feld räumen, sonst hätte er sich selbst verdächtig gemacht. Also zog er unverrichteter Dinge wieder ab, nicht ohne unterwegs kurz Richards Handy-Nummer anzuwählen, aber dort erreichte er nur die Mailbox. Seltsam.
Am nächsten Morgen bezog der Detektiv wieder seinen Posten auf der Straße vor dem Lakehurst-Anwesen. Irvine hatte ihn informiert, dass Mr. Lakehurst heute ziemlich früh nach New York zu einer Konferenz abfliegen wollte. Das war an und für sich nichts besonders. Shy folgte wie gewohnt und erwartete, dass Mr. Lakehurst den direkten Weg zum Flughafen wählen würde, doch weit gefehlt. Diesmal fuhr der Banker selbst und zwar einen 5er BMW in Silbermetallic. Und diese Karosse nahm den Weg in eines der zum Abriss bestimmten Viertel von Los Angeles.
Shy stutzte und hielt den Abstand etwas größer. Hier würde er sonst zu schnell auffallen. Denn außer den ersten Baufahrzeugen kreuzte hier kaum ein Wagen auf. In einer versteckten Seitenstraße parkte Shy seinen Van und schlich zu Fuß durch die Schatten der bereits beginnenden Morgendämmerung dem Verdächtigen hinterher, dabei jeden Hauseingang als Deckung nutzend. Eine streunende Katze kreuzte seinen Weg und fauchte zornig, bevor sie in Deckung zurücksprang. Blödes Vieh!
Nora Lakehurst schrak aus ihrem unbequemen Halbschlaf hoch, als sie die Schritte ihres Ehemannes erneut durch den leeren Kinosaal näher kommen hörte. Wenig später öffnete sich bereits die Tür zu dem Vorführraum, in dem die abgestandene Luft noch immer nach Zelluloid und Popcorn roch. Elias hatte eine Aktentasche dabei und räumte alles ein, was auf dem Tisch herumstand. Dann löste er erneut Noras Knebel und ihre Fußfesseln und flößte ihr noch einmal etwas Wasser ein. Sie hätte gerne mehr getrunken, wagte jedoch nicht, darum zu bitten. „Ist was anderes, als Champagner, was Schätzchen?“, knurrte ihr Mann hämisch und riss sie auf die Füße. Sie stolperte, doch er hielt sie mit eisernem Griff aufrecht, dass sie das Gesicht vor Schmerz verzog. Ihre Glieder fühlten sich so steif an, wie die einer Marionette an und ihre Knie zitterten.
Die Klebebänder um ihre Handgelenke beließ er, wie sie waren und legte ihr eine Jacke über die Fesseln. Elias sprach kein Wort, sondern stieß seine
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