Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
Veranda des Hauses gegenüber. Die Luft kroch wie heißes Blei durch Richards Lungen. Endlich wurde ihm bewusst, was die Gangster mit ihm vorhatten: er sollte hier verrecken. Elend verdursten. Irgendwo musste es doch noch etwas zu trinken geben! Richard beschloss, jede einzelne dieser Hütten zu durchsuchen und machte sich auf den Weg, solange er noch die Kraft dazu hatte.
Neunzig Minuten später gab er die Suche erschöpft auf. Stolpernd lief er die Straße zwischen den beiden Häuserreihen entlang. Dieser Ort war so ausgedörrt wie seine Kehle. Er wusste weder, wo er war, noch gab es eine Möglichkeit für ihn, von hier weg zukommen, außer durch die Wüste. Doch wie sollte er sich da orientieren? Und die Sonne hatte kein Erbarmen mit ihm. Schweißbäche rannen seinen Rücken hinunter. Er blickte auf seine Armbanduhr. Ein Uhr mittags. Er stöhnte, dann brach er in die Knie. Von Ferne drang ein monotones Brummen in seine Ohren, dann wurde er ohnmächtig.
* * *
Shy hatte an alles gedacht, sogar an eine schwarze Perücke für Nora. So blieben sie relativ unauffällig, denn die Gangster wussten nicht, wer oder wie viele Personen in Noras Begleitung waren. Nach einem kleinen Imbiss unterwegs fühlten sich alle drei wesentlich besser. Der Chrysler näherte sich gerade dem Flugfeld von Flagstaff, auf dem die Privatmaschinen starteten und landeten. Dieses lag etwas entfernt vom normalen Verkehrsflughafen.
„Moses schickt mir eine SMS, wenn er gelandet ist. Er muss nur auftanken und kann dann sofort wieder starten“, erklärte Shy.
„Weiß er, was Sache ist?“, fragte Irvine.
Shy schüttelte den Kopf. „Nein, besser, es werden nicht zuviele Leute eingeweiht. Er wird uns zurück nach L.A. bringen. Dort übergebe ich Sie direkt dem F.B.I., Mrs. Lakehurst. Das wird Sie in ein Zeugenschutzprogramm stecken.“
„Aber in Los Angeles werden sie mich als erstes suchen, schließlich wohne ich dort“, protestierte Nora.
„Sie werden überall suchen, aber bestimmt nicht in Ihrer Heimatstadt. Vergessen Sie nicht, Sie sind auf der Flucht. Und noch können Montoya und seine Leute uns nicht einschätzen. Sie wissen nicht, mit wem sie es zu tun haben. So bleiben wir ihnen immer ein paar Schritte voraus.“
Wo er Recht hat, hat er Recht , dachte Irvine zufrieden. Er war insgeheim stolz auf seinen cleveren Freund.
„Und was ist mit Nicki?“
„Auch darum wird das F.B.I. sich kümmern. Machen Sie sich bitte keine Sorgen. Erstmal müssen wir Sie von hier weg bringen.“
Nora Lakehurst ergab sich widerwillig in ihr Schicksal. Dieser Detektiv schien zu wissen, was er tat. Shy parkte den Geländewagen so, dass sie das Flugfeld im Auge behalten und direkt dort rauffahren konnten, sollten sie in Gefahr sein. Plan B war nämlich, im Falle einer schnellen Flucht eine der Privatmaschinen zu konfiszieren und seine Begleiter außer Gefahr zu bringen. Jetzt aber vertraute er erstmal auf seinen Freund Moses King. Das Fliegerass würde mit einer Cessna 172 ankommen, soviel wusste er. Nun hieß es warten.
Zur gleichen Zeit im Police Headquarter, Las Vegas:
„Ich will endlich mit meinem Anwalt sprechen“, beharrte Ricardo Montoya und verschränkte demonstrativ die Arme über der Brust. Seit nahezu einer Stunde versuchte Detective Woods ihn zu den Vorwürfen im Haftbefahl zu befragen – ohne Erfolg.
„Wir wissen, dass Sie mit Elias Lakehurst Geschäfte gemacht haben – schmutzige Geschäfte. Seine Frau wurde in einem Ihrer Lagerhäuser gefangen gehalten. Wollen Sie sagen, dass das alles Zufall ist?“
„Ich kenne Mrs. Lakehurst nicht und was immer auch in diesem Lagerhaus vor sich gegangen ist, entzieht sich meiner Kenntnis!“, war die aalglatte Antwort
Verdammt harter Hund, der Kerl! , dachte Woods. Er hasste solche Verhöre. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er aus dem Kerl ein Geständnis heraus geprügelt. Leider war das in der heutigen Zeit nicht mehr möglich. Doch so schnell gab der Polizist nicht auf. „Also schön, ich werde Ihnen ein Telefon bringen. Sie haben zehn Minuten!“
Er erhob sich vom Stuhl in dem einfachen Verhörraum, dessen einziges Mobiliar aus einem grauweißen Tisch und vier Stühlen bestand. Alles hier drin war grauweiß und trostlos, das genaue Gegenteil von dem flirrenden, bunten Leben da draußen. In Las Vegas konnte jeder sein Glück versuchen, aber in dieser grauweißen Kammer saß, den hatte das Glück verlassen. Montoya war sich bewusst, dass er nur noch einen letzten Versuch hatte.
Weitere Kostenlose Bücher