Shy Black – Detektiv mit allen Sinnen (Romantica-Novellenreihe) (German Edition)
Zumindest, um den Tatbestand der Entführung zu vertuschen. Nora Lakehurst konnte ihm sogar noch Mädchenhandel anhängen, nach dem, was er ihr unbedachterweise in dem Lagerhaus erzählt hatte. Mit der Steuerfahndung allein würde er schon fertig werden. Diese anderen Sachen konnten ihm jedoch ein paar Jahre hinter schwedischen Gardinen einbringen.
Woods brachte dem Häftling ein schnurloses Telefon und verließ den Raum wieder. Sein eigenes Mobiltelefon klingelte im gleichen Augenblick. Montoya sah sich um, so als wolle er sichergehen, dass bestimmt kein Mensch in der Nähe war. Im Spiegel gegenüber blickte ihn sein Ich aus müden Augen an. Es war nicht das erste Mal, dass er von der Polizei verhört wurde. Oft genug hatte man ihn wegen Schmuggelei, Beihilfe zur Prostitution oder ähnlichen Machenschaften vorgeladen. Und ebenso oft musste man ihn nach vierundzwanzig Stunden wieder gehen lassen. Kam es wirklich einmal zu einer Anhörung vor Gericht, so paukte ihn sein hochbezahlter und cleverer Anwalt raus.
Der Gefangene wusste ganz genau, dass die verspiegelte rechteckige Wandfläche ihm gegenüber auf der anderen Seite durchsichtig war und im Nachbarraum alles mitgehört werden konnte. Das Gespräch mit einem Anwalt durfte jedoch nicht mitgeschnitten werden, so lautete das Gesetz. Und selbst wenn … es galt weder vor Gericht als Beweis noch würde es als solcher überhaupt zugelassen werden.
Trotzdem musste er vorsichtig sein, denn es war keineswegs ein Rechtsbeistand, den er anrufen wollte. Er wählte eine Nummer, die er im Kopf hatte. Montoya vergaß nie jemanden, dem er mal Geld geliehen hatte. Heute war ein Tag, an dem er eine alte Schuld einfordern würde. Er wählte. Der Ruf ging durch und eine leicht abgehetzte Stimme meldete sich.
„Wo sind Sie?“, fragte Montoya und lauschte. „Das trifft sich gut. Sie wissen, dass Sie mir noch einen Gefallen schulden. Wie es aussieht, haben meine eigenen Leute versagt. Hören Sie gut zu ....“
Nach einigen kurzen Anweisungen legte der Mafiaboss auf und löschte die gewählte Nummer aus dem Display. So clever wie die Bullen war er schon lange.
* * *
Irvine Holbrook langweilte sich zu Tode. Das Leben als Assistent eines Detektivs hatte er sich spannender vorgestellt. Seit fast drei Stunden hockten sie hier in dieser brütenden Hitze. Was hätte er alles für einen eisgekühlten Drink gegeben. Das mitgenommene Mineralwasser schmeckte schal und viel zu warm.
Nora hatte es sich auf der Rückbank gemütlich gemacht und versuchte, zu schlafen. Doch selbst das war bei der Hitze fast unmöglich. Ab und zu ließ Shy die Klimaanlage anlaufen, um die Luft im Inneren des Wagens etwas abzukühlen, doch das half nur vorübergehend. Außerdem schluckte es zuviel Sprit. Ab und zu blickte Shy zu Irvine auf dem Beifahrersitz. Er sah längst nicht mehr so gepflegt und wie aus dem Ei gepellt aus. Kleine Schweißperlen schimmerten auf seiner Stirn und der Haaransatz war feucht. Dort wellten sich die blonden Haare, die Irvine hin und wieder zurückstrich. Das war eine eher automatische Geste. Der Schatten eines Bartes machte sich auf seinen Wangen breit. Er hatte sich in den letzten Tagen ihrer Flucht kaum rasiert. Dieses leicht Verwilderte stand ihm gut. Shy fragte sich, ob nicht doch ein verkappter Rocker in dem Jungen steckte.
Nein, wohl eher einer von diesen Pazifisten. Jetzt noch ein Stirnband, eine Kette mit dem Peace-Symbol und er sieht aus wie ein Hippie aus den Sechzigern, überlegte Shy. Der Privatdetektiv schien zu ahnen, was in dem jungen Mann neben ihm vorging. „Die meisten Jobs bestehen aus Warten“, meinte er plötzlich fast entschuldigend zu Irvine.
Verdammt, kann der Typ Gedanken lesen? Langsam wurde er ihm unheimlich. Irvine warf ihm einen prüfenden Blick von der Seite her zu.
„Allerdings brauchst du ja nicht unbedingt immer dabei zu sein“, erklärte Shy weiter, ohne seine Augen von dem weitreichenden Flugfeld abzuwenden, auf dem grau betonierte Bahnen das gelbliche Braun des Wüstenbodens durchzogen. Die Hitze zog ein waberndes Meer aus fließender Luft darüber wie einen flirrenden Teppich. Das hohe Gebäude der Flugsicherung hob sich wie ein weißer Leuchtturm daraus ab. Aus der Ferne wirkte dieses Bild wie eine Fata Morgana. Graue lang gezogene Wellblech-Hangars duckten sich daneben, als würden sie Schatten suchen. Ein paar kleine Flugzeuge parkten davor. Aber die waren nur als verschwommene weiße Umrisse in diesem Hitzemeer zu erkennen. Seit dem
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