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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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meine Lieben? Laßt uns los … beschnuppern werden wir ihn, dann können wir's sagen …«
    So ging es eine Weile hin und her, mit viel Geschrei und Drohungen, bis Jugorow seinen Eimer nahm und mit dem Fleisch zum Zwinger zurückkehrte.
    Dort standen Krasnikow und Meteljew, die ›Zwillinge‹, und beobachteten die Hunde. Mit aller Kraft und aller Wucht warfen sie sich gegen den Draht. Ihr Kampfgebell und Heulen zerriß fast die Ohren.
    »Da geh'n Sie jetzt hinein, Igor Michailowitsch?« fragte Krasnikow beeindruckt.
    »Ihr Abendessen habe ich. Sie warten drauf.«
    »Sie sprechen von den Biestern, als seien es Menschen.«
    »Mehr … es sind Hunde. Die kennen noch Treue und Ehrgefühl.«
    »Verbittert klingt das, Jugorow. So voller schlechter Erfahrungen?«
    »Ich dachte«, sagte Meteljew, »Sie seien der glücklichste Mensch unter uns. Wem werden solche Nächte geschenkt?« Meteljew hob bedauernd die Schultern. »Sehr dünn sind die Wände …«
    »Wie sollen die Hunde eingesetzt werden?« fragte Krasnikow. Meteljews Umwege waren nicht sein Geschmack.
    »Frei laufen sie herum. Ab elf Uhr abends wird Sperrstunde sein.«
    »Und damit verhindern Sie einen neuen Anschlag?«
    »Ich hoffe es. Wer kommt an diesen Hunden vorbei? Es wäre sinnlos, hier einen Helden zu spielen.« Er hielt den Eimer gegen das Gitter, und die zehn Schäferhunde heulten ohrenbetäubend auf. Der Blutgeruch! »Warum wohl bekommen sie rohes Fleisch? Genossen, ich würde nicht empfehlen, nach elf Uhr noch auf die Straße zu gehen.«
    Gesagt wurde es schon: Maja Petrowna, die Frau des Genossen Niktin, war ein sehr ansehnliches Weibchen mit rötlichen Haaren, einer Stupsnase, einem erotischen Hintern und einem Busen, dem man bescheinigen konnte, unübersehbar zu sein. Hinzu kamen ein fröhliches Gemüt, eine zwitschernde Stimme und ein Temperament, daß man befürchten mußte, die schöne Niktina würde gleich auf den Tisch klettern und dort einen rasanten Tanz hinlegen. Verstärkt wurde das Rätsel, wie der trockene, pedantische und im Grunde auch dumme Niktin eine solche Frau hatte erobern können, noch dadurch, daß Maja Petrowna ihm wahrhaftig um den Bart ging, mit ihm ohne Hemmungen vor den Schemjakins schmuste und den etwas verlegenen Niktin »Mein Kisschen« nannte – eine sehr seltene Verkleinerungsform von Kissen. Was dies bedeutete, brauchte man nicht zu erraten.
    »Niktins Qualitäten sind für uns unsichtbar«, sagte Schemjakin einmal mit anzüglichem Blinzeln zu Olga Walerinowna. »Muß ihn mal mitnehmen in die Sauna, dann weiß man mehr.«
    Und als Olga ihn strafend anblickte, fügte er lachend hinzu: »Eine erfahrene Frau bist du doch. Könntest du einem Mann wie Niktin ins Gesicht blicken, während er … na, du weißt, was ich meine?«
    »Boris Igorowitsch«, sagte Olga etwas streng, »wie lange sind wir Mann und Frau?«
    »Sechsundzwanzig Jahre.«
    »Und hast du in sechsundzwanzig Jahren nicht bemerkt, daß ich immer die Augen geschlossen hatte …«
    Welch eine Antwort! Und dazu noch von Olga Walerinowna, über deren Lippen nie ein anstößiges Wort kam. Schemjakin brach in ein langanhaltendes Lachen aus und mußte sich setzen. Olga verließ daraufhin beleidigt das Zimmer und ging in die Küche.
    Niktin war nach der Niederlage in Lebedewka mit Verbissenheit daran gegangen, andere Orte am Tobol von der Notwendigkeit des Kanals zu überzeugen. Auf der Strecke zwischen Tobolsk und Tjumen gab es eine Menge kleiner Ortschaften, Dörfer, die an der geplanten Trasse lagen und dem Kanalbau zum Opfer fallen mußten. Große Ziele verlangen große Bereitschaft. Man kann nicht hundert Meter sprinten mit zwei linken Schuhen – einer der witzigen Kernsätze von Niktins Rede war das. In Lebedewka war er nicht einmal bis zu dieser Stelle gekommen, weil Großväterchen Beljakow ihn mit seinem wilden Kriegsruf: »Sechstausend Klopse« aus der Stolowaja getrieben hatte.
    Besonders beschämend war es gewesen, daß ein Abgesandter von Lebedewka – der Schmiedelehrling Awdej Grigorijewitsch Korolew, ein Enkel des berüchtigten Dorfvorstehers – Niktin das auf der Flucht vergessene Material zurückbrachte: das Manuskript der Rede, die Fotos und Bilder, die Karten, die Pläne und Zeichnungen. Ganz aus dem Häuschen geriet Niktin aber, als er auf den Landkarten den eingezeichneten Kanal durchgestrichen sah, mit dickem Rotstift, und darüber waren die Worte geschrieben worden: »Bei uns nicht. Gez. Korolew.«
    »Der Beweis!« schrie Niktin, hochrot der

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