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Sibirisches Roulette

Sibirisches Roulette

Titel: Sibirisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schrie Nasarow. »Das ist Bedrohung. Ah, man bedroht einen sowjetischen Offizier!« Seine Hand fuhr zur Pistolentasche, die Schemjakina schrie leise auf, und Niktin verfärbte sich noch mehr.
    »Wenn Sie nicht gehen, Nasarow«, sagte Schemjakin im gleichen Ton, »werfe ich Sie hinaus!«
    »Sie – mich?!«
    »So ist es.«
    »Sie werden mich anfassen?!«
    »Wenn es nötig ist.«
    »Sie wagen es, einen sowjetischen Offizier …« Nasarow holte tief Luft, seine Wut quetschte ihm den Atem ab. »Verhaften lasse ich Sie alle!«
    »Dazu haben Sie kein Recht.«
    »Ich erkläre hiermit: Nowo Gorodjina steht ab sofort unter Kriegsrecht und unterliegt der Militärgerichtsbarkeit!«
    »Er ist verrückt geworden«, stammelte Niktin. »Sein Verstand fliegt davon.«
    »Man wird sich wundern!« schrie Nasarow weiter. »Mit allen Vollmachten bin ich gekommen. Fragen Sie an in Tobolsk, und dann verhafte ich Sie.«
    »Ich hab's geahnt«, stöhnte Niktin. »Ich hab's ja gesagt … die Dummheit ist in unserem Land noch immer stärker als die Vernunft. Genosse Major …«
    »Halten Sie den Mund, Sie Trockenpflaume!«
    Viel zu ertragen, das hatte Niktin im Laufe seines Lebens gelernt. Wer langsam, aber unaufhaltsam in der Hierarchie von Partei und Verwaltung aufsteigen will, muß einen starken Nacken haben, verklebte Ohren und ein verstecktes Ehrgefühl. Erst wenn man von einer gewissen Stufenhöhe aus nach unten zurücktreten kann, hat man es geschafft, darf Hände schütteln, Schulterklopfen hinnehmen, Wangenküsse kassieren und in der freieren Luft tiefer atmen. Niktin hatte diese Höhe erreicht, und während er noch vor drei Jahren ergeben auf seinem Stuhl sitzen geblieben wäre, sprang er jetzt wie eine Katze auf und stürzte auf Nasarow zu, bremste kurz vor ihm und streckte den Kopf vor, als wolle er beißen.
    »Ein Nachspiel wird das haben!« schrie nun auch Niktin mit heller Stimme. »Wissen Sie, wer vor Ihnen steht, Sie Krautfresser?«
    »Beleidigung!« brüllte Nasarow sofort. »Er beleidigt die Uniform!«
    »Ich bin Jossif Wladimirowitsch Niktin, der Leiter des Projektes Tobolsk-Tjumen.«
    »Ein Erdfloh sind Sie. Machen Sie sich fertig, alle! In einer halben Stunde holt ein Kommando Sie ab. An General Pychtin werde ich berichten, daß man Vertrauen an die falschen Männer verschwendet hat. Aufgeräumt wird jetzt hier, ein Saustall gesäubert …«
    »Gehen Sie hinaus«, sagte Schemjakin noch einmal. »Sofort, Nasarow!«
    »O ja!« schrie Niktin, zitternd vor Zorn. Wer läßt sich gern Erdfloh nennen, wenn er eine Position wie Niktin hat? »Gehen Sie … gehen Sie … um Himmels willen, verlassen Sie das Haus. Sie stinken fürchterlich, Sie beschissenes Arschloch …«
    Zwei Sekunden lang war es völlig still im Raum. Nasarow stand wie ein Stein, nur seine Augen weiteten sich; daß sie nicht zerplatzten, war ein anatomisches Wunder. Dann aber durchzuckte es ihn wie von elektrischen Schlägen, beide Hände fuhren vor, umkrallten Niktins Schultern, und mit einem wilden Ruck zog er ihn an sich heran. Bevor jedoch noch mehr Unheil geschah, erhob sich Walja von ihrem Stuhl, trat vor Nasarow und sagte mit einem Kopfschütteln:
    »Warum redet ihr alle so viel? Sind Worte nötig? Sofort wird der Genosse Major gehen … nur richtig sagen muß man es ihm.«
    Sie lächelte Nasarow an, hob die rechte Hand, und blitzschnell schlug sie ihm eine Ohrfeige. Es klatschte laut, die Schemjakina stöhnte auf, und Nasarow ließ Niktins Schultern los, starrte Walja ungläubig an, spürte das Brennen auf seiner Wange und drehte sich um.
    Wortlos verließ er das Haus, schlug die Tür zu und sprang draußen in seinen Jeep GAZ-69 B. Mit aufheulendem Motor schoß er die Straße hinunter.
    »Ein Fehler war das, Waljuschka«, sagte Schemjakin nach einer ganzen Weile tiefen Schweigens. »Ein großer Fehler. Jetzt haben wir einen gnadenlosen Feind.«
    »Moskau!« Niktin raufte sich mit beiden Händen die Haare. »Moskau muß helfen. Schnell muß es helfen, sonst sind wir alle erledigt. Wer wird denn sonst erfahren, was hier in den Sümpfen geschehen ist?«
    »Morgen früh rufe ich die Zentrale in Moskau an!« sagte Schemjakin. »Walja und Olga, ihr packt sofort die nötigsten Sachen zusammen. Beim Morgengrauen bringt euch ein Hubschrauber nach Tobolsk in Sicherheit.«
    »Wir packen sofort.« Die Schemjakina begann zu weinen. Angst, große Angst hatte sie um Boris Igorowitsch, der allein zurückbleiben mußte. »Wir wollen uns beeilen, Walja.«
    »Nein!« Waljas

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