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Sich vom Schmerz befreien

Titel: Sich vom Schmerz befreien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Weitzer
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»erzwungen«. Durch die Hände eines Therapeuten (und evtl. vorübergehende medizinische Unterstützung) kann auch diese Spannung ins Gleichgewicht begleitet werden (was sich stets auch auf bestehende Schmerzprobleme auswirkt).
    In meiner langjährigen therapeutischen Arbeit wird mir zunehmend bewusst, dass die Behandlungsmöglichkeiten durch »alternative manuelle Methoden« in unserer Medizin bei Weitem nicht genutzt werden. Menschen, die zur Schmerzbehandlung zu mir kommen, haben oft andere gesundheitliche Probleme im Gepäck, die in der naturwissenschaftlichen Medizin nicht unmittelbar als Ursache für ihre Schmerzen gesehen und getrennt davon behandelt werden, zum Beispiel: Schlafstörungen, wie bei Herrn M., Herz- Kreislauf- und Magen-Darm-Probleme, Angst und Depression, neurologische Erkrankungen (Parkinson, Multiple Sklerose) oder auch komplexe somato-psychische Probleme wie »Burnout-Syndrom« oder »Posttraumatische Belastungsstörungen«. Während unserer schmerztherapeutischen Zusammenarbeit kommt es vor allem im Zusammenhang mit manuellen Behandlungen immer zu Reaktionen und Veränderungen auch dieser Krankheiten.

    Noch einmal muss ich an dieser Stelle betonen, wie wichtig bei all dem verantwortungsbewusstes Handeln und die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Fachärzten ist! Hier eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten. Das Beispiel von Herrn M., der sozusagen nebenbei nach 15 Jahren zunehmend auf seine Schlafmittel verzichten konnte, verlief relativ unspektakulär. Andere sind sehr viel »aufregender«, vor allem wenn die Spannungsthematik mit Angst zu tun hat. Sie ist ein häufiges Thema bei chronischen Schmerzproblemen.
    Nehmen wir als Beispiel einen Menschen, der einen Schlaganfall hinter sich hat. Je nachdem, wie lange das Ereignis zurückliegt, leidet er an Lähmungserscheinungen und Ausfällen, etwa des Arms und/oder Beins der Körperhälfte, die gegenüber der geschädigten Hirnhälfte liegt. Auch wenn die Bewegungsfähigkeit zu einem Teil wiederhergestellt wurde, bleiben senso-motorische Einschränkungen, die im naturwissenschaftlichen Denken nicht »repariert« werden können. Regelmäßig entwickeln sich dann auch Schmerzen im Rücken oder in den betroffenen Gliedmaßen, als deren Ursache meist biomechanische Fehlbelastungen sowie Spannungen als Folge des Schlaganfalls diagnostiziert und mechanisch behandelt werden. Diese Muskelspannungen beinhalten jedoch auch Ängste im Zusammenhang mit der lebensbedrohlichen Hirnverletzung und zeigen sich oft in Unsicherheit und Ängstlichkeit bei alltäglichen Bewegungen.
    Während unserer schmerztherapeutischen Zusammenarbeit verringern sich dann nicht nur die Schmerzen, sondern das Gehirn »erinnert« sich oft an Bewegungsmöglichkeiten und gewinnt solche zurück, die ein für allemal verloren geglaubt waren. Häufig höre ich vom Patienten deshalb Sätze wie: »Da begann sich mein Arm von selbst zu heben.« Dabei wurde nichts repariert, sondern dem Nervensystem ermöglicht, einen neuen »Trampelpfad« anzulegen. Und so »lösen« sich jedoch nicht selten auch Ängste, die durchaus noch einmal
erlebt werden und dann eventuell psychotherapeutisches Handeln erforderlich machen.
    Â 
    Manuelle Kommunikation ist also die Grundlage in der Schmerztherapie, denn mit ihrer Hilfe werden rasch entscheidende unbewusste Spannungen verändert und vom Patienten erlebt, was über die eigene Auseinandersetzung oft nicht gelingt. Auf der anderen Seite aber lässt rein manuelles Arbeiten den Patienten damit allein, durch sein Erleben das Spannungsverhalten und damit seinen Schmerz zu ändern. Denn die grundlegenden Reaktionen bedeuten noch nicht automatisch eine dauerhafte Veränderung, vor allem noch keine willentliche und bewusste. Es bedarf der verbalen Begleitung durch den Therapeuten, um sich selbstständig mit seinen Spannungen auseinandersetzen und ins Gleichgewicht finden zu lernen. Und es bedarf verbaler Methoden, damit der Patient bezüglich der Schmerzbehandlung eine gewisse Eigenständigkeit und Unabhängigkeit von therapeutischer Hilfe erreichen kann.
    In diesem Buch wurden bereits zahlreiche manuelle und verbale Techniken und Prinzipien geschildert, direkte und indirekte Wege, um Informationen über unbewusstes Muskelspannungsverhalten - die Grundlage des Schmerzes - zu erhalten und das Nervensystem so zu

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