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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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er ihnen gerade ein besonderes Geschenk gemacht.
    »Du kennst die beiden, was?«, fragte Tabitha.
    »Ich unterhalte mich öfter mit ihnen«, gab Rouven zur Antwort. »Zweimal in der Woche komme ich her. Da kennt man sich schon ein wenig.«
    »Zweimal in der Woche?«
    Rouven begann zu lächeln. »Kartoffeln holen. Für Nana.«
    Auch Tabitha kicherte erneut. »Verstehe. Hier kommt also der ganze Nachschub her.«
    Bevor Rouven antworten konnte, wurde er gerufen: »Hey, Rouven. Komm doch mal her!«
    Eine Frau hinter der Ausgabe winkte hektisch. Auch sie schien sich zu freuen, Rouven wiederzusehen.
    Rouven steuerte auf sie zu, und Tabitha folgte ihm. »Du wirst schon erwartet«, sagte die Frau, die Tabitha auf etwa fünfzig Jahre schätzte. Auf ihrer Arbeitsbluse war ein Namensschild angebracht: »Für Sie heute zur Stelle: Anne König« stand neben einem lächelnden Smiley.
    Tabitha fand die Frau sehr sympathisch. Sie ärgerte sich bloß darüber, dass Anne König sie mit keinem einzigen Blick, keiner Geste oder einem Gruß bedachte. Sie ignorierte Tabitha völlig, und Tabitha fragte sich, warum.
    Anne König deutete auf die beiden Männer, die Rouven bereits zugelächelt hatten. »Roberto hat schon mehrfach nach dir gefragt«, sagte sie und fügte an: »Zumindest glaube ich das. Er hat mich in seinem merkwürdigen Spanisch angesprochen, das du ja auch von ihmkennst. Wahrscheinlich ist das gar kein Spanisch, sondern irgendein Sprachmix, der nur annähernd spanisch klingt. Ich habe wieder einmal kaum ein Wort verstanden. Nur deinen Namen, den habe ich einige Male herausgehört. Deshalb vermute ich, dass er sich nach dir erkundigt hat.«
    Rouven nickte. »Ich gehe zu ihm.« Er wandte sich um und steuerte auf den Tisch mit den beiden älteren Männern zu. Wieder folgte ihm Tabitha. Dabei blickte sie sich erneut um und bemerkte aus den Augenwinkeln heraus, wie plötzlich Leben in den Gemischtwarenladen auf der anderen Seite kam. Die Männer, die vorhin noch ruhig vor der Tür gestanden hatten, stellten sich eilig zu einer Gruppe zusammen und schienen sich zu besprechen. Einer der Männer trug rote Schuhe, was Tabitha außergewöhnlich fand. Doch weiter schenkte sie dem Ganzen keine Beachtung.
    Mayers rief vor dem Geschäft seine Leute zusammen. Eilig stellten sie sich dicht beieinander.
    »Ihr habt alle unsere Zielperson gesehen«, sagte Mayers. »Es darf nichts schieflaufen, habt ihr gehört? Noch eine Blamage können wir uns nicht leisten.«
    »Die Verstärkung ist da«, gab Tallwitz bekannt. »Sie haben alle Ausgänge besetzt. Es ist nahezu unmöglich, dass der Junge flieht.«
    »Nahezu reicht mir noch nicht«, widersprach Mayers. »In wenigen Augenblicken will ich den Kerl in unserem Wagen haben, klar?«
    Sie nickten. Dann löste sich die Gruppe auf. Jeder ging an seinen Posten. Nur Mayers und Tallwitz blieben vor dem Laden stehen und beobachteten durch die riesigen Schaufensterscheiben der Tafel, wie Rouven auf zwei Männer zuging, die sichtlich begeistert an einem der Tische auf ihn warteten.
    Einer der Männer winkte Rouven ungeduldig an ihren Tisch. Es fiel ihm schwer zu warten, bis Rouven endlich ihm gegenüber Platz nahm. Tabitha blieb am Kopfende des Tisches stehen und beobachtete das ganze Geschehen. Niemand nahm von ihr Notiz. Alle Aufmerksamkeit der Menschen in diesem Raum schien sich auf Rouven zu konzentrieren.
    Kaum hatte Rouven sich gesetzt, da begann der Mann auch schon auf ihn einzureden. Mit Händen und Füßen und vor allem in einem merkwürdigen, beinahe spanisch klingenden Wortschwall, genauso, wie Anne König das vorhin angedeutet hatte. Tabitha selbst verstand kein Spanisch. Aber auch sie hörte klar heraus, dass der Mann entweder einen ganz merkwürdigen Akzent besaß oder dass er wirr daherredete.
    Rouven blickte seinem Gegenüber so in die Augen, als ob er den Mann verstehen würde. Tabitha bewunderte Rouven für dieses schauspielerische Talent. Zumindest dachte sie, dass er schauspielern würde. Bis zu dem Augenblick, als plötzlich etwas mit Rouven vor sich ging. Zuerst dachte Tabitha, sie hätte sich getäuscht. Doch dann sah sie eindeutig, wie sich Rouvens Augenfarbe veränderte. Das Braun seiner Iris hellte sich auf, während er den Mann ansah und ihm scheinbar zuhörte. Heller und heller wurde die Farbe in Rouvens Augen. Sie ging von dem Hellbraun in ein Grau über, das sich ebenfalls weiter und weiter aufhellte, bis Rouvens Augen beinahe ein einziges Weiß bildeten.
    Rouvens Gesichtszüge

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