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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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vorgegangen. Noch nie hatte Mayers bisher einen vergleichbaren Gesichtsausdruck gesehen. Und eben deshalb hatte er sich nur darauf konzentriert und nicht auf seine Arbeit.
    Jetzt war der Junge vom Tisch aufgestanden, und Mayers hoffte nur, dass er sie nicht bemerkte.
    Er hob den rechten Arm und gab in das Mikrofon, das in seinem Ärmel versteckt war, für all seine Kollegen den Befehl: »Zugriff! Jetzt!«
    »Wir müssen los!«, zischte Rouven Tabitha zu. Und sie verstand sofort, dass sie in Gefahr waren.
    Schon strebten die beiden dem Ausgang zu, als sich ein älterer Mann Rouven in den Weg stellte: »Rouven, hast du Zeit, ich   …«
    Rouven winkte ab: »Beim nächsten Mal, Josef. Ganz bestimmt.«
    Der Mann packte Rouven am Arm und hinderte ihn daran weiterzugehen. »Ich brauche aber ein Gespräch mit dir. Ich kann mich nicht erinnern, wie ich damals, als Junge   …«
    Rouven befreite sich mit einem Ruck aus dem Griff des Mannes. Tabitha erkannte, wie er sich bemühte, die Fassung zu behalten. »Entschuldige, Josef. Beim nächsten Mal ganz bestimmt.«
    Der Mann schaute tief enttäuscht, gab sich aber geschlagen und ließ sich von Rouven zur Seite drücken.
    Doch inzwischen waren die beiden Beamten so dicht am Gebäude, dass Rouven seinen Plan, mit Tabitha vor ihnen aus dem Haus zu laufen, um zu flüchten, aufgeben musste.
    »Es gibt noch einen Hintereingang«, sagte er zu ihr, griff nach ihrer Hand und zog sie in die entgegengesetzte Richtung.
    Mayers und Tallwitz sahen von außen, wie Rouven einen älteren Mann von sich stieß und sich umwandte. Rasch zog Mayers den Arm in die Höhe und sprach erneut in sein Mikrofon.
    »Achtung, Einheit zwei: Er kommt hinten aus dem Gebäude!«
    Mit Tabitha an der Hand rannte Rouven nun an der Ausgabestelle der Tafel vorbei. Die überraschten Blicke der Helfer entgingen ihm nicht. Inzwischen hatte Rouven alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
    Gerade, als die Eingangstür mit einem Poltern aufgestoßen wurde und Rouven einen der Polizisten »Stehen bleiben!« rufen hörte, huschte er mit Tabitha durch die schmale Tür an der Rückwand in einen Flur, der an den Toiletten vorbei zum Hintereingang führte.
    »Schnell«, trieb Rouven Tabitha an. Sie hechteten zu der Tür. Rouven riss sie mit einem Ruck auf und erstarrte. Gleich fünf Polizisten standen ihm im Weg, mit gezückten Pistolen zielten sie auf seine Brust.
    Rouven wandte sich blitzschnell um und versuchte noch die Tür zuzuschlagen, doch zu spät. Schon hatte einer der Bewaffneten seinen Fuß zwischen Tür und Rahmen geklemmt und stemmte sich dagegen.
    Von der Wucht ergriffen stolperte Rouven. Tabithas Hand glitt ihm aus seiner Hand, und er fiel zu Boden. In derselben Sekunde presste ihm der Polizist ein Knie in den Rücken und ergriff Rouvens Arme.
    Tabitha schrie auf. Entsetzt blickte sie auf Rouven, wie er am Boden lag und sich wand.
    Mayers und Tallwitz kamen nun ebenfalls hinzu.
    »Haltet ihn!«, schrie Mayers, und der Polizist verstärkte seinen Griff.
    Was dann geschah, das hätte später niemand mehr beschwören können. Keiner der Anwesenden hätte als Zeuge das ausgesprochen, was sie alle doch gesehen hatten.
    Mit einem Mal änderte sich die Farbe in Rouvens Augen. Das Braun in seinen Augen schien sich geradezu aufzulösen. In Windeseile wurde es hell und heller.
    Tabitha kannte diesen Vorgang bereits. Die anderen, denen es auffiel, blickten verwundert. Erst in Rouvens Augen, dann auf seine Hände. Denn augenblicklich änderte sich dort die Farbe der Haut. Erst war es nur ein rötliches Schimmern, doch dann ging es über in ein Leuchten und schließlich in ein glühendes Rot. Der Polizist, der Rouvens Hände hielt, schrie auf und zog seine Hände zurück, als stünden sie in Flammen. Er schüttelte seine Hände, als ob er sie von Feuer befreien wollte.
    Rouven nutzte die Schrecksekunde. Er riss beide Arme vor und stützte sich mit den Händen von der Erde ab. Der Polizist, der ihn halten wollte, fiel hintenüber, doch Rouven kam nicht dazu, auf die Beine zu springen. Er hatte nicht mit Tallwitz’ Reaktion gerechnet. Blitzschnell kam der nach vorn geschossen und wuchtete sein Knie, so wie der Polizist vorhin, wieder in Rouvens Rücken. Doch Tallwitz ergriff nicht die glühenden Hände Rouvens, sondern packte ihn mit beiden Händen an den Schultern und drückte ihn zur Erde.
    Rouven versuchte weiter, sich zu wehren. Schon spürte er, wie ihm eine Hitze in die Schultern stieg. Ein ähnliches Gefühl wie zuvor in

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