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Sichelmond

Sichelmond

Titel: Sichelmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Gemmel
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ist sein Name vollständig. Doch was geschieht dann?«
    Sie sahen sich an. Keiner wagte eine Antwort. Keiner von beiden wollte eine Prognose geben von dem, was möglich war.
    »Es wird also wohl noch mindestens einen Überfall geben«, grübelte Tallwitz.
    »Vor dem nächsten Neumond müssen wir den Fall in der Tasche haben, bevor noch mehr   …«
    Es klopfte an der Bürotür.
    Mayers atmete auf. »Perfekt. Das wird er sein«, sagte er, während er anerkennend zur Uhr blickte. »Ging bedeutend schneller, als ich dachte.«
    »Das wird wer sein?«
    »Du hast mich doch vorhin telefonieren sehen, nicht wahr? Ich hab uns einen Gast eingeladen.«
    Tallwitz Gesicht hellte sich auf. »Super! Pizzadienst? Dönertaxi? Curr y …«
    Jetzt lachte Mayers so laut auf, dass es durch die ganze Etage donnerte. »Du bist unverbesserlich!« Er ging zur Tür und öffnete.
    Ein älterer Mann stand davor. In einem feinen karierten Anzug, mit glänzenden Lackschuhen darunter, die farblich perfekt zu der gebundenen Fliege an seinem Hemdkragen passten. Auch die Brille mit ihrem dicken schwarzen Rand passte dazu. Sie setzte sich farblich wunderbar von den schlohweißen Haaren des Mannes ab und seinem leuchtend weißen Kinnbärtchen. In seinen Händen hielt er einen braunen Aktenordner, aus dem einige alte Seiten herausschauten.
    Tallwitz erkannte den Mann sofort. »Herr Professor Dattel. Welch eine Freude.«
    »Das glaube ich Ihnen nicht«, erwiderte der Mann in einem kecken Ton. »Ich habe Sie beide sprechen hören. Ihnen wäre doch lieber, hier würde ein Currywurstlieferant stehen, oder?«
    Tallwitz sprang von seinem Platz auf und spielte das Spielchen mit. »Aber nein. Nicht doch, Herr Professor. Wer denkt schon ans Essen, wenn er Besuch solcher Qualität bekommt?«
    »Schämen Sie sich, alter Schmeichler«, kicherte der Professor zurück. »Aber natürlich weiß ich, dass Sie recht haben.«
    Die drei lachten.
    »Können wir nun zur Sache kommen?«, fragte Professor Dattel. Er tat sehr beschäftigt. Mit seiner freien Hand zog er einen Stuhl heran. »Darf ich?« Er setzte sich und stellte den braunen Ordner direkt neben sich auf dem Boden ab. Auch Mayers und Tallwitz nahmen ihre Plätze ein.
    Mayers verkniff sich wegen Dattels Hektik die Frage nach einer Tasse Kaffee, wie er es gerade vorgehabt hatte, und wandte sich stattdessen sofort dem Professor zu: »Wenn ich ehrlich sein soll, bin ichüberrascht, Sie jetzt schon hier zu sehen. Mit Ihrem Besuch hatte ich erst in einigen Tagen, vielleicht sogar Wochen gerechnet.«
    »Natürlich würde ich das jetzt gern als Kompliment auffassen«, erwiderte der Professor. »Doch das wäre anmaßend. Ihre Anfrage war nicht allzu schwierig. Um ehrlich zu sein, bedeutete es für mich nur einen Griff ins Regal, kurz nachdem Sie angerufen hatten.«
    »Tatsächlich?«
    »Sagen wir so: Die Frage, die Sie mir gestellt hatten, ist nicht neu. Und mein Vorgänger hatte sich schon damit befasst. Ich hatte eine ungefähre Ahnung, was es war und   …«
    Tallwitz mischte sich ein: »Schön, dass ihr beide euch versteht. Aber ich sitze hier und begreife kein Wort   …«
    Der Professor zuckte peinlich berührt zusammen. »Oh, entschuldigen Sie. Daran hätte ich denken müssen.« Er nickte entschuldigend. »Sie wissen doch, dass ich als Historiker für unser Stadtarchiv zuständig bin.«
    »Natürlich, Herr Professor.«
    »Wissen Sie auch, dass ich derzeit eine neue Chronik für die Stadt erstelle?«
    »Auch davon habe ich gehört«, gab Tallwitz zu.
    Der Professor machte ein bedeutendes Gesicht und sagte: »Vorhin hat mich Herr Mayers angerufen. Er erzählte mir, dass Sie beide an dem Fall der verschwundenen Familien arbeiten, und fragte mich, ob es so etwas vielleicht schon einmal in der Vergangenheit gegeben hat.«
    Tallwitz nickte beeindruckt Mayers zu: »Noch eine geniale Idee von dir. Heute übertriffst du dich aber.«
    Mayers quittierte das Kompliment mit einem Lächeln, und Professor Dattel nahm seine Erklärung wieder auf. »Nun, meine Herren, tatsächlich bin ich da auf etwas gestoßen. Wie gesagt, berufe ich mich nun auf die Arbeit meines Vorgängers, Herrn   Dr. Dr. Weber, der bis zu seiner Pensionierung ebenfalls an unserer neuen Chronik gearbeitet hat. Bevor er vor ein paar Wochen in den wohl verdienten Ruhestand gegangen ist, hat er mich zur Seite genommen und mir gesagt, dass er mich in naher Zukunft unbedingt sprechen müsse. Er sei da auf etwas gestoßen, das ihm keine Ruhe lasse. Er habe einen

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