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Sicherheitsfaktor III

Sicherheitsfaktor III

Titel: Sicherheitsfaktor III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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nie ge­se­hen?«
    »Nein«, er­klär­ten Han­ni­bal und ich im Chor.
    »Das ist merk­wür­dig. Am zwei­ten Tag Ih­res Auf­ent­halts hat­ten Sie den gan­zen Nach­mit­tag in van Nuy­sens Ab­tei­lung zu tun.«
    Das war in der Tat merk­wür­dig. Aber mich in­ter­es­sier­te et­was an­de­res. »Oberst, sag­ten Sie?«
    »Ja.«
    »Do­ku­men­ta­ti­on und Ar­chi­ve! Braucht man da­zu einen Oberst?«
    »Van Nuy­sen hat sich den Pos­ten selbst aus­ge­sucht. Er ist ein li­te­ra­risch ver­an­lag­ter Mann, der nach ei­ge­nen An­ga­ben ei­gent­lich nie Of­fi­zier hat­te wer­den wol­len. Do­ku­men­ta­ti­on und Ar­chiv­ar­beit war das Li­te­ra­rischs­te, was er bei uns fin­den konn­te. Des­we­gen, neh­me ich an, hat er sich für die­sen Pos­ten ent­schie­den.«
    Ich fühl­te es: Das war un­ser Mann! Ei­ner, der mit dem Ver­lauf sei­nes Le­bens un­zu­frie­den war. Die er­ha­be­ne Wür­de, die Weis­heit, die aus den hel­len Au­gen un­ter der ho­hen Stirn her­vor­leuch­te­te … all das war Mas­ke!
    »Seit wann ist der Mann Oberst?« woll­te ich wis­sen.
    »Seit Men­schen­ge­den­ken, möch­te man fast sa­gen«, ant­wor­te­te Tor­pentouf. »Er ist jetzt zwei­und­sech­zig Jah­re alt und könn­te sich pen­sio­nie­ren las­sen, wenn ihm dar­an lä­ge. Sei­ne letz­te Be­för­de­rung er­hielt er im Al­ter von achtund­vier­zig Jah­ren.«
    Es paß­te al­les: Ein Mann, der vor vier­zehn Jah­ren zum Oberst be­för­dert wor­den war, und dann nicht mehr wei­ter. »Kein Ma­te­ri­al für die Ge­ne­ral­slauf­bahn«, hör­te ich die Gut­ach­ter sa­gen. Ein Ver­bit­ter­ter, Un­glück­li­cher, der sich hin­ter sei­ner Mas­ke aus Weis­heit und Wür­de zu­rück­ge­zo­gen hat­te.
    »Zei­gen Sie uns noch die an­de­ren«, for­der­te ich Tor­pentouf auf.
    Die rest­li­chen sechs Bil­der roll­ten über die Wand, zwei Frau­en, ein Mann. Wir wa­ren ih­nen al­len be­geg­net. Van Nuy­sen war un­ser Mann!
    »Es wird Sie in­ter­es­sie­ren zu er­fah­ren«, sag­te Tor­pentouf, nach­dem er den Pro­jek­tor ab- und das Licht wie­der ein­ge­schal­tet hat­te, »daß der Oberst sich früh am drit­ten Tag Ih­res Auf­ent­halts krank­ge­mel­det hat und seit­dem nicht mehr im Bü­ro er­schie­nen ist.«
     
    Un­se­re vor­dring­lichs­te Sor­ge war rasch be­sei­tigt: Van Nuy­sen be­fand sich noch auf der In­sel. Als ich von sei­ner Krank­mel­dung hör­te, hat­te ich so­fort be­fürch­tet, daß er sich in­zwi­schen ab­ge­setzt ha­be. Daß er noch hier war, war mir aus zwei Grün­den an­ge­nehm. Ers­tens gab es uns die Mög­lich­keit, ihn aus­zu­hor­chen. Und zwei­tens be­wies es, daß er uns ge­gen­über kei­nen ernst­haf­ten Ver­dacht ge­schöpft hat­te. Er wich uns aus, weil er fürch­te­te, daß wir »aus Ver­se­hen« un­se­re te­le­pa­thi­schen Fä­hig­kei­ten zum Ein­satz brin­gen und da­durch er­ken­nen könn­ten, was ihn be­weg­te. Daß wir sys­te­ma­tisch auf der Su­che nach dem Kon­takt des Ent­füh­rers wa­ren, hat­te er oh­ne Zwei­fel nicht er­kannt, sonst wä­re er nicht mehr hier.
    Wir spra­chen das wei­te­re Vor­ge­hen mit Tor­pentouf ab. Mi­ke hat­te im Bü­ro zu ver­brei­ten, daß wir über­ra­schend nach Wa­shing­ton zu­rück­ge­ru­fen wor­den sei­en. (Daß die­se tak­ti­sche Lü­ge bald wahr wer­den wür­de, ahn­te ich in die­sem Au­gen­blick noch nicht.) Auf die­se Wei­se soll­te sich Van Nuy­sen aus der Ge­bor­gen­heit sei­nes Heims her­aus­lo­cken las­sen. So­bald er wie­der zur Ar­beit er­schi­en, konn­te Mi­ke Tor­pentouf ihm einen Be­fehl er­tei­len, der ihn, oh­ne daß er zu­vor da­von wuß­te, un­ver­se­hens mit uns zu­sam­men­brach­te. So­bald er uns ge­gen­über­trat, wür­den wir wis­sen, ob er mit der Ent­füh­rung zu tun hat­te oder nicht.
    Mitt­ler­wei­le war ich nach­ge­ra­de ver­stört dar­über, daß Re­ling nichts von sich hö­ren ließ. Ich hät­te ihn zwar je­der­zeit an­ru­fen kön­nen. Aber ich wuß­te, daß der Al­te den Fall Tor­pentouf mit al­lem Ei­fer ver­folg­te. Daß er sich nicht mel­de­te, konn­te nur da­mit zu­sam­men­hän­gen, daß er noch kei­ne neu­en In­for­ma­tio­nen be­saß. Wahr­schein­lich spiel­te sich noch im­mer al­les

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