Sicherheitsfaktor III
sich an mich. Er war der Sprache noch immer nicht ganz mächtig.
»Was … was soll das?« stieß er stockend hervor. »Warum sind … sind Sie hier?«
Ich zuckte mit den Schultern.
»Wir suchen nach einem Dokument«, antwortete ich unbefangen. »Sie selbst sollten das am besten wissen, denn vor einigen Tagen waren wir in Ihrer Abteilung, mit demselben Anliegen.«
Er erinnerte sich, und ein Teil der Furcht fiel von ihm ab. Er begann zu glauben, daß es sich wirklich nur um ein zufälliges Zusammentreffen handele.
»Um so merkwürdiger«, fuhr ich fort, »muß mir Ihr Verhalten erscheinen. Warum wollten Sie vor mir ausreißen?«
Er wischte sich mit der Hand über die Stirn. Die Hand zitterte.
»Ich war … ich war erschrocken«, bekannte er. »Dieses Lager wird so selten aufgesucht, daß ich … ich weiß nicht, bitte verzeihen Sie mir. Ich bin eben ein alter Mann, der seine Gedanken manchmal nicht alle beisammen hat.«
Fast hätte er mir in diesem Augenblick leid getan. Aber ich dachte an die drei Torpentouf-Mädchen. Ich war gekommen, um mich zu vergewissern, ob van Nuysen mit ihrer Entführung zu tun hatte. Ich wandte mich zur Seite, so daß der Weißhaarige mich nicht sehen konnte, und schloß die Augen. Vorsichtig streckte ich meine telepathischen Sensoren aus und begann nach seinem Bewußtsein zu tasten.
Dann geschah es. Ich drang in van Nuysens Gedankenwelt ein. Ich identifizierte die Gedanken, die ich sah, als van Nuysens. Und im nächsten Augenblick blendete mich ein greller Blitz. Stechender, brennender Schmerz wie von einer glühenden Nadel zuckte mir durch den Verstand. Ich schrie unwillkürlich auf, rang einen Atemzug lang um mein Bewußtsein … dann war Stille, beängstigende, absolute Stille. Noch halb benommen öffnete ich die Augen. Vor mir lag van Nuysen auf dem Boden, merkwürdig verkrümmt, das Gesicht zu einer Grimasse höchsten Entsetzens verzerrt, die Augen weit aufgerissen, blicklos zur Decke hinauf starrend.
Er war tot. Etwas in seinem Gehirn hatte auf meinen Versuch, sein Bewußtsein zu ertasten, mit katastrophaler Wucht reagiert. Hannibal trat langsam näher. Er war bleich geworden. Fassungslos starrte er den Toten an. Wenn ich noch nicht gewußt hätte, daß wir es mit einem mit allen Wassern der internationalen Intrige gewaschenen Gegner zu tun hatten, dann wäre mir das spätestens in diesem Augenblick aufgegangen.
Van Nuysen war präpariert worden, wahrscheinlich ohne es zu wissen. Man hatte eine Sicherung in sein Bewußtsein eingebaut, die auf den geringsten telepathischen Impuls reagierte und van Nuysens Gehirn zerstörte, bevor er die Geheimnisse ausplaudern konnte, die ihm anvertraut waren.
Wir hatten den Verbindungsmann des Gegners gefunden … aber er konnte uns nichts mehr sagen.
5.
Mike Torpentouf traf die nötigen Arrangements. Daß van Nuysen verunglückt war, ließ sich nicht verheimlichen. Daß Hannibal und ich den Augenblick seines Todes miterlebt hatten, mehr noch, daß wir, ohne es zu ahnen, der Anlaß für seinen Tod gewesen waren, mußte unter allen Umständen geheim bleiben. Der Feind durfte auf keinen Fall erfahren, daß wir seinem Kontakt auf der Spur gewesen waren. Man würde ein Zeugnis ausstellen, wonach van Nuysen einem Herzanfall erlegen war, und selbst wenn die Wahrheit irgendwie durchsickerte, mochte der Gegner glauben, daß die Sicherung in van Nuysens Bewußtsein ohne äußeren Anlaß angesprochen hatte.
Für uns hatte sich mit diesem Zwischenfall die Spur, die wir gerade erst gefunden hatten, wieder verloren. Natürlich wurde van Nuysens Haus durchsucht: Er wohnte in einem kleinen, anspruchslosen Bungalow am Rande der Siedlung für Stabsoffiziere und
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