Sicherheitsfaktor III
zwischen ihm und PLATO ab. Es war die Ungewißheit, die mich bedrückte, nicht etwa der Verdacht, Reling könnte die Sache inzwischen vergessen haben.
An diesem Morgen war ich ziemlich früh auf den Beinen und konsumierte ein einsames Frühstück, da der Kleine offenbar von Sorgen der Art, wie ich sie empfand, unbehelligt blieb und noch sanft schlummerte. Ich spülte den letzten Bissen mit einem Schluck vorzüglichen Kaffees hinunter und hörte dabei das RADA-Gerät summen. Wie elektrisiert sprang ich auf und aktivierte den Empfänger. Mike Torpentouf war am Apparat.
»Van Nuysen ist auf dem laufenden«, sagte er. »Ich habe erst eine Stunde Zeit gehabt zu verbreiten, daß Sie abgereist sind. Aber er weiß schon davon, obwohl er noch zu Hause ist.«
»Sie haben ihn angerufen?«
»Unter dem Vorwand, ich wolle mich nach seinem Befinden erkundigen.«
»Wie ist es?«
»Ich deutete an, daß ich einen wichtigen Auftrag für ihn hätte, und er versicherte mir, daß er durchaus in der Lage sei, ihn anzunehmen.«
Torpentoufs Eifer war verständlich, und trotzdem kam er mir ungelegen. Wenn van Nuysen Verdacht schöpfte, dann war alle bisherige Vorsicht umsonst. Aber es brachte nichts ein, ihm jetzt Vorhaltungen zu machen. Die Sache war geschehen, und uns blieb nur übrig, zu hoffen, daß van Nuysen nicht allzu mißtrauisch war.
»Er wird gegen elf Uhr im Büro erscheinen«, fuhr Torpentouf fort. »Von da an geht alles nach Plan.«
Ich sah auf die Uhr. Es ging gegen acht. Torpentouf mußte heute ausgesprochen früh im Büro erschienen sein. Auch das war nicht gerade einer der klügsten Schachzüge.
»Gut«, antwortete ich, »wir werden an Ort und Stelle sein.«
Daß van Nuysen schon von unserer Abreise wußte, ohne im Büro gewesen zu sein, bedeutete nicht unbedingt, daß es außer ihm noch einen zweiten Vertrauensmann des Entführers gab. Zu dieser Ansicht rang ich mich nach reiflicher Überlegung durch. Van Nuysen konnte, bevor er sich krankmeldete, seiner Umgebung zu verstehen gegeben haben, daß er mir oder Hannibal aus diesem oder jenem Grund aus dem Wege gehen wolle, und einer von seinen Untergebenen, der ihm besonders ergeben war, hatte ihn über die Neuigkeit von unserer Abreise in Kenntnis gesetzt, sobald er davon erfuhr.
Ich weckte den Kleinen. Wir verbrachten die nächsten zwei Stunden in wachsender Ungeduld. Um zehn Uhr machten wir uns auf den Weg. Folgendes war zwischen Torpentouf und uns vereinbart worden: Die Abteilung Dokumentation und Archive besaß ein Außenlager am Nordrand der Insel. In diesem Außenlager gab es zwei Abteilungen: Eine für ganz gewöhnliche, alte, unwichtige Dokumente und eine zweite, kleinere für solche Unterlagen, die zwar alt, aber noch immer von höchster Wichtigkeit und daher in ihrer Geheimhaltungsstufe nicht herabgesetzt worden waren. Das Außenlager war noch vor der Jahrtausendwende angelegt worden und besaß nicht die computergesteuerten Abgriffsvorrichtungen, die seitdem in allen anderen Archiven der Security Administration installiert worden waren. Wer ein Dokument aus dem Außenlager zu sehen wünschte, der mußte sich in eigener Person dorthin begeben und sich das Gewünschte selbst heraussuchen. Mit einem solchen Auftrag war van Nuysen von Mike Torpentouf losgeschickt worden.
Das Außenlager war ein alter, runder Stahlbetonbunker, der sich unter eine am Strand aufragende Felsengruppe duckte. Wir waren von der weg- und steglosen Westseite hergekommen und hatten unseren Wagen in einem Bambusgestrüpp abgestellt, so daß er von der aus Osten heranführenden Straße, auf der van Nuysen kommen würde, nicht gesehen werden
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