Sicherheitsfaktor III
Erholungsurlaub. Da muß ich mich wohl getäuscht haben, wie?«
»Bis vor fünf Minuten hatten Sie noch recht«, antwortete der Alte sarkastisch. »Seitdem ist Ihr Urlaub bis auf weiteres suspendiert. Seien Sie froh, denn es wäre Ihnen hier ohnehin bald langweilig geworden.«
Hannibal gab ein grunzendes Geräusch von sich, das Reling geflissentlich überhörte.
»Aber Torpentouf!« wandte ich ein. »Er wird sich …«
»Torpentouf ist in Kenntnis gesetzt. Das konnten Sie sich doch denken. Und jetzt, wenn ich bitten darf, entwickeln Sie ein bißchen Eile. Ich werde aus den Abgaben der Steuerzahler bezahlt, ebenso wie Sie auch, und man kann es den Leuten nicht zumuten, daß sie ihr Geld dafür hergeben, daß wir hier herumstehen …«
Das war Arnold G. Reling, wie er leibte und lebte: Unberechenbar, im Augenblick des Handelns von einer Entschlußkraft, die einen einfach umwarf.
Zehn Minuten später waren wir auf dem Weg nach Washington.
Der Alte stürzte sich sofort voll ins Gewühl, ohne sich lange mit Erklärungen aufzuhalten. Den Flug nach Washington hatten Hannibal und ich, nach Verabreichung einer Droge, im Tiefschlaf verbracht, da es nach Relings Meinung lange dauern konnte, bis wir das nächste Mal in »den Genuß einer horizontalen Lage« kamen, wie er sich ausdrückte.
Nach der Ankunft in Washington wurden wir in den fensterlosen Laderaum eines Turbo-Lieferwagens verfrachtet, und ab ging die Fahrt. Nächste Haltestelle war ein alter, verstaubter Lagerraum, von wo aus eine Batterie von fünf Aufzügen verschiedensten Kalibers in die Tiefe führten. Es handelte sich um einen der größeren Zugänge zum unterirdischen Teil des Hauptquartiers. Die Lagerhalle befand sich im Besitz einer Firma, die sich mit dem Vertrieb von Baumwolle beschäftigte. Inhaberin der Firma war selbstverständlich die Geheime-Wissenschaftliche-Abwehr, wenngleich ein Außenseiter Schwierigkeiten gehabt hätte, diesen Zusammenhang zu erfahren.
Eine gewisse Dumpfheit hatte sich meiner bemächtigt. Das mußte an der Droge liegen, die man uns injiziert hatte. Ich kam mir vor, als nähme ich an den Vorgängen um mich herum gar nicht aktiv teil. Ich war sozusagen aus mir herausgetreten und schaute von weitem zu, was man mit mir tat. Hannibal erging es ähnlich, das erkannte ich an seinem Benehmen. Das stets kampfeslüsterne Funkeln war aus seinen Augen gewichen. Er blickte stumpf vor sich hin.
Unsere umständliche Reise endete schließlich in einem kleinen, fensterlosen Raum, der allerhand technisches Gerät sowie einen Tisch und mehrere bequeme Sessel enthielt. Reling trat hinter uns ein. Mit geradezu auffälliger Sorgfalt wartete er, bis sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte, bevor er zu sprechen begann.
»Dort hängt ein Spiegel«, sagte er und deutete in den hintersten Winkel des Raumes. »Sehen Sie sich an!«
Ich gehorchte. Ich trat vor den Spiegel … und erschrak trotz meiner Benommenheit. Das war nicht mein Gesicht! Das war überhaupt kein Gesicht! Das war eine Physiognomie, aus deren Muskeln alle Kraft gewichen war, so daß die Züge kunterbunt durcheinanderhingen – das eine Lid halbgeschlossen, das andere Auge bis unter die Rundung des Augapfels hinab entblößt, ein völlig schiefer, haltloser Mund, zwischen dessen unförmigen Lippen die Zähne zu sehen waren. Es war ein Monstrum, das mich da aus der Spiegelfläche heraus anstarrte.
Entsetzt fuhr ich herum. Hannibal … er sah genauso aus wie sonst. Warum hatte er sich nicht verändert.
»Warum hast du nichts gesagt?« fuhr ich ihn an. »Du mußtest doch sehen, was mit mir vorging!«
Er machte eine wegwerfende Handbewegung.
»Wozu? Wen kümmert es? Mit der
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