Sicherheitsfaktor III
Zeit vergeht das schon wieder.«
Reling mischte sich ein.
»Sie stehen beide unter dem Einfluß einer Droge«, erklärte er. »Bei Ihnen, Konnat, ist die Zusammensetzung des Mittels ein wenig anders als in Major Utans Fall. Die Benommenheit, die Sie empfinden, ist beabsichtigt. Sie wird weichen, sobald ich ein Kodezeichen gebe. Die Injektion bereitet ihr Bewußtsein auf erhöhte Aufmerksamkeit vor. Es wird Ihnen schwerfallen, ein Wort von dem, was ich sage, oder ein Bild, das man Ihnen zeigt, jemals wieder zu vergessen.«
Dann wandte er sich mir zu. Sein Lächeln war ausgesprochen hämisch. »Es tut mir gut, Konnat, Sie einmal in dieser Verfassung zu sehen. Der Glöckner von Notre Dame muß im Vergleich mit Ihnen ein wahrer Adonis gewesen sein.« Augenblicklich wurde er ernst. »Die Sache hat natürlich ihren guten Grund. In meinem Plan spielen Sie eine überaus wichtige Rolle. Von Ihnen selbst geht die Forderung aus, daß niemand, nicht einmal Mitglieder der GWA, sofern sie nicht dem Führungsstab angehören, von der Entführung der Torpentouf-Drillinge erfahren. Also mußte ich Sie hier einschleusen, ohne daß Sie vom Begleitpersonal erkannt wurden. Mein Vorhaben geht von der Annahme aus, daß niemand in der Welt weiß, wo Brigadegeneral Konnat sich im Augenblick aufhält.«
Der Augenblick der Erregung war vorüber. Der Zorn hatte mich längst wieder verlassen. Die Apathie war zurückgekehrt. Ich durchschaute Relings Beweggründe nicht, aber ich nahm sie hin.
»Setzen Sie sich!« befahl er.
Wir gehorchten. Wie von Zauberhand wurde das Licht gelöscht, und in die Dunkelheit hinein sagte Reling: »Aufwachen!«
Da fuhr es mir wie ein Ruck durch das Bewußtsein. Mit einemmal war ich, wie man so sagt, voll da. Ich war hellwach. Aus der Finsternis, die mich umgab, war dämmriges Halbdunkel geworden, in dem ich die Umrisse der Gegenstände und Relings Silhouette erkennen konnte. Ich betastete mein Gesicht und entdeckte, daß auch die Nebenwirkung der hinterhältigen Droge, die Erschlaffung der Gesichtsmuskeln, wie weggewischt war. In diesem Augenblick sah ich wieder aus wie Thor Konnat.
»Sie werden die Wirkung bemerken, die sich an Ihren Bewußtseinen vollzogen hat«, sagte Reling aus dem Halbdunkel. »Und jetzt konzentrieren Sie sich bitte auf die Bilder, die ich Ihnen vorführe.«
Eine Wand leuchtete auf. In dreifacher Lebensgröße erschien das Bild eines stämmigen, untersetzten Mannes. Unter vorgewölbter Stirn blickten scharfe, aufmerksame, intelligente Augen. Der Mann hatte dunkelbraunes Haar, das mit dünnen, silbernen Strähnen durchsetzt war. Er trug Zivil, aber ich wußte, daß er einen hohen militärischen Rang besaß. Ich kannte den Mann. Er war Marschall Zeglio, Chef des Militärischen Abschirmdienstes Europa. Das Bild verschwand, ein anderes nahm seine Stelle ein: ein hochgewachsener Mensch, breitschultrig, in mittleren Jahren. Sein Blick strahlte Wissen ebenso wie Härte aus. Als Gegner hätte ich den Mann ungern haben mögen. Ich kannte ihn nicht, aber irgend etwas an seinem Äußeren besagte mir, daß er Europäer sein müsse.
»Ewald Hrdlicka«, sagte Reling, »Bezirk Österreich. Merken Sie sich den Mann!«
Als nächstes erschien wiederum ein vertrautes Bild. Gregor Iwanowitsch Gorskij, der Gnom, mit seiner altmodischen, randlosen Brille und einem Gesichtsausdruck, als wolle er dem Fotografen an den Hals fahren. Der Chef des Abwehrdienstes des sowjetischen Blocks. Klein von Gestalt, doch ein Riese an Schlauheit.
Das Bild wechselte von neuem. Abermals war ein hochgewachsener Mann zu sehen, dieser ziemlich jung, knapp über drei ßig Jahre alt. Er trug, wie das bei den Sowjets so üblich war, vol le Uniform,
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