Sicherheitsfaktor III
sagte er. »Zwischen ein und vier Uhr morgens schläft hier alles, auch das Personal. Dann ist es Zeit zuzuschlagen.«
Das hatte er im Verlauf der vergangenen Stunden wenigstens schon ein Dutzendmal gesagt. Die Spannung nagte auch an ihm. Ich hatte den Versuch aufgegeben, zu guter Letzt doch noch ein paar Stunden Schlaf zu finden, und statt dessen ein aufputschendes Medikament zu mir genommen. Das trug natürlich nicht dazu bei, meine Nervosität zu besänftigen. Aber was wollte man machen?
Die Zeit verstrich ungeheuer langsam. Es wurde Mitternacht. Schlimm war, daß ich nichts Alkoholisches trinken durfte, denn Alkohol und das Aufputschmittel vertrugen sich nicht miteinander. Ich schloß die Augen und muß zum Schluß trotz Medikament und Nervosität doch noch für ein paar Minuten eingenickt sein, denn als Hannibal mich unsanft an der Schulter rüttelte, dauerte es den Bruchteil einer Sekunde, bevor ich wußte, wo ich war.
Unser Vorgehen war sorgfältig einstudiert. Die beiden Posten draußen vor dem Hotel hatten sich nicht wieder gemeldet. Ewald Hrdlicka befand sich also in seinem Zimmer. Wiley kletterte als erster in die kleine Kabine des Gepäcklifts. Wiley war nicht nur ein erstklassiger Maskenbildner, er hatte sich auch als Führer gefährlicher Einsätze seine Sporen verdient. Die Kabine versank in der Finsternis des Schachts. Eine knappe Minute später kam sie wieder zum Vorschein. Diesmal war die Reihe an mir. Ich hatte Mühe, mich in den engen Kasten zu zwängen und bedurfte der Hilfe von außen, die mir in Form einer Reihe von Püffen und Knüffen auch bereitwilligst gegeben wurde. Die Kabine schoß mit mir in die Tiefe. Endstation der Reise war eine Verladehalle, die seitwärts unter dem großen Foyer lag und in direkter Verbindung mit der Hotelgarage stand. In den Wänden der Halle gab es Zugang zu mehr als dreißig Liftschächten. Der weite Raum war nur notdürftig erleuchtet. Ich sah Wiley neben einem riesigen Kofferstapel stehen. Er winkte.
Im Laufe von zwanzig Minuten versammelte sich die ganze Gruppe, insgesamt also sechs Mann, in der Halle. Nur Hannibal war in meinem Zimmer geblieben. Er mußte dort aufpassen, falls irgend jemand unversehens Signor Zenetti zu sehen verlangte.
Wiley führte uns zu einem anderen Aufzug. Diesmal machte einer von Hannibals Leuten den ersten. Er fuhr nach oben, blieb knapp eine halbe Stunde verschwunden und kehrte zurück, als ich mich schon zu fragen begann, ob er auf ein unerwartetes Hindernis gestoßen sei.
»Alles in Ordnung«, meldete er leise. »Der Verschlag ist entriegelt. Er wird kein Geräusch von sich geben, wenn Sie eindringen. Von Hrdlicka habe ich nichts gehört. Wahrscheinlich schläft er.«
Der Mann trat ab. Durch den Schacht, durch den wir herabgekommen waren, fuhr er wieder zu meiner Zimmersuite hinauf. Ich kroch in den winzigen Gepäckaufzug. Anscheinend bedurfte es nur einmaliger Übung, um mit so engen Behältnissen fertig zu werden. Diesmal wußte ich genau, wie ich Arme und Beine abwinkeln und um mich herum drapieren mußte, um in die kleine Kabine hineinzupassen. Mit der unangenehmen Beschleunigung, die Gepäckaufzüge so an sich haben, weil sie auf den empfindlichen menschlichen Magen keine Rücksicht zu nehmen brauchen, schoß ich nach oben. Als die Kabine zu bremsen begann, öffnete ich mein telepathisches Visier und hielt Umschau. Dutzende fremder Gehirne, die im Zustand des Schlafes nur eine verhaltene Aktivität entwickelten, lagen vor mir. Ich tastete eines nach dem andern ab, bis ich anhand gewisser Charakteristika das Bewußtsein Ewald Hrdlickas gefunden zu haben glaubte. Er lag in tiefem Schlaf und wußte
Weitere Kostenlose Bücher