Sicherheitsfaktor III
nichts von der Gefahr, die ihm drohte.
Der Aufzug war inzwischen zum Stehen gekommen. Vorsichtig, mit den Fingerspitzen, drückte ich gegen die beiden Flügel des Verschlags. Sie öffneten sich bereitwillig. Unser Riegel-Spezialist hatte ganze Arbeit geleistet. Ich entfaltete vorsichtig Arme und Beine und ließ mich durch die für Koffer und ähnliche Dinge gemachte Öffnung in den dunklen Raum hinabgleiten. Der Ausgang des Aufzugs lag im Vorraum. Das Zimmer, in dem Hrdlicka wohnte und schlief, befand sich im Hintergrund. Ich schickte den Aufzug nach unten. Der Reihe nach kamen Wiley und die drei Männer von Hannibals Einsatzkommando herauf, und zwischendurch ein Koffer mit Utensilien, die Wiley brauchte.
Inzwischen hatte ich mich umgesehen. Hrdlicka schlief noch immer den Schlaf des Gerechten. Die Tür, die zu seinem Schlafraum führte, war nur angelehnt. Wiley brachte eine langläufige Pistole zum Vorschein. Mit vorsichtigen Fingern führte er ein pfeilähnliches Gebilde in die Waffenkammer ein. Unsere Augen hatten sich jetzt an die Dunkelheit gewöhnt. Auf dem riesigen Wasserbett erkannten wir, von Decken verhüllt, die Gestalt des Schlafenden. Wiley trat bis auf fünf Schritte heran, dann feuerte er.
Es gab ein halblautes »Plop!«, Hrdlicka fuhr zusammen, als hätte ihn etwas erschreckt, dann lag er wieder ruhig wie zuvor. Die erste Phase unseres Unternehmens war erfolgreich abgeschlossen.
In den nächsten dreißig Minuten wurde kein Wort gesprochen. Nicht einmal das Licht wurde eingeschaltet. Mit Rotlicht-Leuchten, auf die das Objektiv der handelsüblichen Spion-Kameras nicht anspricht, suchten Hannibals Leute den Raum ab. Erst als sichergestellt war, daß es auch in diesem Appartement weder Abhörmikrophone, noch Bildgeräte gab, konnten wir uns einigermaßen sicher fühlen. Das Licht ging an. Der Bewußtlose wurde auf den Rücken gewälzt, so daß Wiley sein Gesicht sehen konnte. Er begann sofort mit der Arbeit.
Gegen sechs Uhr morgens war es soweit. Ich trug die Biomas ke, die in den Labors der Geheimen-Wissenschaftlichen-Abwehr eigens für diesen Zweck angefertigt worden war. Sie umfaßte mein Gesicht so vollkommen, daß die Nahtstellen, an denen sie auf die natürlich gewachsene Haut mündete, unsichtbar blieben. Ich trat vor den Spiegel und mußte gestehen, daß ich, wenn ich meiner Gegenwart nicht allzu deutlich bewußt gewesen wäre, dieses Gesicht bereitwilligst für das des Herrn Hrdlicka gehalten hätte.
Der Besitzer des Originals lag noch immer bewußtlos im Bett. Die Injektion, die er bekommen hatte, war jedoch im Grunde genommen harmlos und würde keinerlei Nachwirkungen hinterlassen. Wiley erwartete, daß der Mann im Laufe der nächsten zwei Stunden wieder zu sich kommen werde. Bis dahin mußte der Arzt eingetroffen sein, der Hrdlicka einer hypnosuggestiven Behand lung unterzog, um ihm für den heutigen Tag ein harmloses Pseu dobewußtsein einzupflanzen.
Ich hatte Hannibal über den Ablauf unseres Unternehmens telepathisch auf dem laufenden gehalten. Um sieben Uhr schickte ich Wiley und seine Begleiter mitsamt dem Bewußtlosen in das angrenzende Nebenzimmer. Nachdem ich mich vergewissert hat te, daß von unserer nächtlichen Aktivität keinerlei Spuren zurückgeblieben waren, bestellte ich Frühstück. Es wurde zehn Minuten später serviert, und der Kellner gab durch keinerlei Anzeichen zu erkennen, daß er mich nicht für den Mann hielt, dem er, wie ich annahm, jeden Morgen das Frühstück servierte. Ich gab ihm einen Euro-Franc Trinkgeld, das er mit einem nicht besonders höflichen »Mille grazie« in die Tasche schob. Man sah ihm an, daß er
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