Sicherheitsfaktor III
und ich konnte seine Rangabzeichen erkennen: Major im Generalstab. Ich hatte ihn noch nie gesehen und wußte ebensowenig wie zuvor bei dem Österreicher, was er in dieser Aufreihung illustrer Persönlichkeiten zu suchen hatte.
»Jurij Fedorowitsch Vartanian«, rief Reling. »Merken Sie sich auch diesen!«
Das fünfte Bild zeigte wiederum einen Mann, den ich kannte. Ein starkknochiger, hochgewachsener Mann mit mongolischen Gesichtszügen. Er wirkte jung, als könne er kaum über dreißig Jahre alt sein. Aber wer die ostasiatischen Völker kennt, der weiß, daß ihre Männer und Frauen bis ins reife Alter hinein einen äußerst jugendlichen Eindruck machen. Ich wußte aus erster Quelle, daß Fo-Tieng, der Chef des Großasiatischen Geheimdienstes, die Fünfzig schon passiert hatte. Er kam aus dem Süden Chinas, seine Größe war ungewöhnlich für den dort lebenden Menschenschlag. Er hatte ein verschlossenes, düsteres Gesicht. Ich war ihm ein paarmal begegnet und hatte es nicht fertiggebracht, in meinem Herzen auch nur das winzigste Flämmchen der Sympathie für ihn zu entfachen.
Das nächste Bild brachte von neuem einen Unbekannten. Da war System in der Art, wie der Alte uns die Bilder vorführte. Der Mann war Asiate, ziemlich jung, und ebenso hochgewachsen wie Fo-Tieng.
»Das ist Wang Tse Liao«, meldete sich der alte zum dritten Mal. »Auch ihn empfehle ich Ihrer Erinnerung.«
Kurz danach flammte das Licht wieder auf. Ich hatte ein äußerst ungutes Gefühl. Ich wandte mich um und musterte Reling von oben bis unten. Er ließ sich das ruhig gefallen und starrte mir in die Augen, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Und warum«, erkundigte ich mich, »soll ich mir all diese Leute so genau merken?«
Er blieb todernst, als er antwortete:
»Weil Sie der Reihe nach in ihre Fußstapfen treten werden.«
6.
Man konnte den Alten nie wörtlich genug nehmen. »In die Fußstapfen treten« ist so eine Art Allerweltsausdruck, aus dem jeder machen kann, was ihm so gefällt. Nur nicht bei Reling. Am nächsten Morgen war ich auf dem Weg nach Rom, Mr. Annunziato Zenetti, Kaufmann, Amerikaner italienischer Herkunft, ein sogenannter Ita lo-Amerikaner, wie das heutzutage hieß. Mein Alter betrug zweiundfünfzig Jahre, entsprechend würdevoll war mein Äußeres hergerichtet. Ich galt als reicher Mann und reiste daher in Begleitung eines jüngeren Mannes, der Diener, Sekretär, Chauffeur und sonst noch einiges war. Wir bedienten uns, wenn wir uns unterhielten, der italienischen Sprache, die mein Sekretär fehlerfrei, ich jedoch nur mit einem hörbarem amerikanischen Akzent beherrschte.
Die nötigen Vorbereitungen waren nicht etwa zwischen gestern und heute in aller Hast betrieben worden. Auf hastige Dinge verließ Arnold G. Reling sich nicht. Die ganze Zeit über, während wir auf Henderwon Island auf Nachricht von ihm warteten, war er damit beschäftigt gewesen, den Apparat anzukurbeln und in Schwung zu halten, der meinen Einsatz unterstützen sollte. Ich war nicht allein. Mein Sekretär war selbstverständlich ein GWA-Mann, Captain Wiley, einer unserer fähigsten Maskenspezialisten. In Rom hatte Hannibal Othello Xerxes Utan bereits Quartier bezogen. Er fungierte als Leiter einer vierzehnköpfigen Handelsdelegation, die sich in einem der vornehmsten Hotels der Ewigen Stadt einquartiert hatte und eifrige Kontakte zur südeuropäischen Industrie suchte, ohne im geringsten am Handel interessiert zu sein. Mein dritter Rückhalt schließlich war Kiny Edwards, die Telepathin, die sich in Begleitung einer Tante und eines Onkels als Touristin in Rom aufhielt.
Es war fünfzehn Uhr Ortszeit, als wir in
Weitere Kostenlose Bücher