Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Tür gestohlen?
Am MIT veranstalteten die verschiedenen Studenten-Verbindungen alle »Herrenabende«, bei denen sie die neuen Erstsemester dazu bringen wollten, bei ihnen Mitglied zu werden, und in dem Sommer, bevor ich ans MIT ging, wurde ich von Phi Beta Delta, einer jüdischen Verbindung, zu einem Treffen in New York eingeladen. Wenn man Jude oder in einer jüdischen Familie aufgewachsen war, hatte man in anderen Verbindungen damals keine Chance. Die guckten einen nicht mal an. Ich war nicht unbedingt darauf aus, mit anderen Juden zusammenzusein, und den Leuten aus der Phi-Beta-Delta-Verbindung war es egal, wie jüdisch ich war - eigentlich glaubte ich nichts von diesem Zeug, und ich war sicher in keiner Weise religiös. Jedenfalls stellten mir ein paar Leute aus der Verbindung einige Fragen und gaben mir einen kleinen Tip - daß ich die Analysis-I-Prüfung machen sollte, damit ich den Kurs nicht belegen müßte -, der sich als guter Tip erwies. Ich mochte die Burschen von der Verbindung, die nach New York gekommen waren, und die beiden, die mich dazu überredeten, Mitglied zu werden. Ich wohnte später mit ihnen zusammen auf einem Zimmer.
Am MIT gab es noch eine andere jüdische Verbindung, die hieß »SAM«, und die hatten die Idee, mir eine Fahrt hoch nach Boston zu bezahlen, und ich konnte bei ihnen wohnen. Ich nahm das Angebot an und schlief in jener ersten Nacht oben in einem der Zimmer.
Am nächsten Morgen schaute ich aus dem Fenster und sah, wie die beiden Jungs von der anderen Verbindung (die ich in New York getroffen hatte) die Treppe hochkamen. Ein paar Typen von der Sigma-Alpha-Mü-Verbindung liefen hinaus, um mit ihnen zu sprechen, und es gab ein großes Palaver.
Ich rief aus dem Fenster: »Heh, ich gehöre eigentlich zu denen! «, und beeilte mich, aus dem Verbindungshaus hinauszukommen, ohne daran zu denken, daß sie sich alle darum bemühten und bewarben, daß ich bei ihnen Mitglied wurde. Dankbarkeit für die Fahrt oder für sonst etwas verspürte ich nicht.
Die Phi-Beta-Delta-Verbindung war im Jahr zuvor beinahe auseinandergebrochen, denn es gab darin zwei verschiedene Cliquen, die die Verbindung gespalten hatten. Die eine Gruppe bestand aus Leuten, die aus der feinen Gesellschaft kamen und gerne tanzen gingen und danach in ihren Autos Spielchen trieben und so weiter, und die andere Gruppe bestand aus denen, die nichts anderes taten als studieren und nie zum Tanzen gingen.
Kurz bevor ich in die Verbindung eintrat, hatten sie ein großes Treffen abgehalten und einen wichtigen Kompromiß geschlossen. Sie wollten sich einigen und gegenseitig unterstützen. Jeder mußte mindestens den und den Notendurchschnitt haben. Wenn welche dahinter zurückfielen, sollten diejenigen, die die ganze Zeit studierten, ihnen Unterricht geben und ihnen bei ihrer Arbeit helfen. Auf der anderen Seite mußte jeder zu jeder Tanzveranstaltung gehen. Wenn einer nicht wußte, wie er zu einer Verabredung mit einem Mädchen kommen konnte, sollten ihm die anderen eine Verabredung besorgen. Wenn er nicht tanzen konnte, sollten sie es ihm beibringen. Die einen brachten den anderen bei, wie man denkt, während die anderen ihnen beibrachten, wie man gesellig ist.
Das war genau das richtige für mich, denn was Geselligkeit betraf, war ich nicht besonders gut. Ich war so schüchtern, daß ich, wenn ich die Post hinausbrachte und an einigen älteren Semestern vorbei mußte, die mit ein paar Mädchen auf der Treppe saßen, wie versteinert war: Ich wußte nicht, wie ich an ihnen vorbeigehen sollte! Und es half überhaupt nichts, wenn ein Mädchen sagte: »Oh, der ist aber süß!«
Ein bißchen später brachten die Studenten aus dem zweiten Jahr ihre Freundinnen und auch noch deren Freundinnen mit, um uns das Tanzen beizubringen. Viel später hat mir einer von ihnen Fahrunterricht in seinem Auto gegeben. Sie legten sich ziemlich ins Zeug, um uns Intellektuelle dazu zu kriegen, geselliger und lockerer zu sein, und umgekehrt. Das hielt sich gut die Waage.
Es war für mich einigermaßen schwierig, zu begreifen, was es genau bedeutete, »gesellig« zu sein. Bald nachdem mir diese geselligen Typen beigebracht hatten, wie man sich mit einem Mädchen trifft, sah ich in einem Restaurant, in dem ich eines Tages alleine aß, eine hübsche Serviererin. Mit großer Anstrengung faßte ich mir schließlich ein Herz und fragte sie, ob sie mit mir zum nächsten Tanzabend der Verbindung kommen würde, und sie sagte ja.
Als wir uns in der
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