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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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man das Experiment wirklich macht , wegen der zusätzlichen Energie, die in die Drehung eingeht, nur fünf Siebtel des richtigen Wertes liefern. Folglich stammt dieses einzige Beispiel für experimentelle >Resultate< aus einem vorgetäuschten Experiment. Niemand hat eine solche Kugel rollen lassen, denn dabei wären niemals diese Resultate herausgekommen!
    Ich habe noch etwas entdeckt«, fuhr ich fort. »Wenn ich herumblättere und das Buch irgendwo aufschlage und die Sätze auf der Seite vorlese, kann ich zeigen, was los ist - warum das keine Wissenschaft ist, sondern immer und überall nur dazu dient, auswendig gelernt zu werden. Ich bin deshalb mutig genug, jetzt, vor dieser Hörerschaft, das Buch durchzublättern, irgendwo aufzuschlagen, vorzulesen und es Ihnen zu zeigen.«
    Und das tat ich dann. Rrrrrrrrrr-t - ich steckte meinen Finger hinein, schlug auf und fing an zu lesen: »Tribolumineszenz. Tribolumineszenz ist das Licht, das emittiert wird, wenn Kristalle zerkleinert werden...«
    Ich sagte: »Und, ist das Wissenschaft? Nein! Man bekommt nur die Bedeutung eines Wortes durch andere Worte erklärt. Von der Natur - welche Kristalle Licht erzeugen, wenn man sie zerkleinert, warum sie Licht erzeugen - war überhaupt nicht die Rede. Ist auch nur ein Student nach Hause gegangen und hat es versucht? Unmöglich.
    Wenn Sie aber statt dessen schreiben würden: Wenn man ein Stück Zucker nimmt und es im Dunkeln mit einer Zange zerdrückt, kann man einen bläulichen Blitz sehen. Dies ist auch bei einigen anderen Kristallen der Fall. Niemand weiß, warum das so ist. Das Phänomen wird als >Triboluminiszenz< bezeichnet! Dann wird jemand nach Hause gehen und es versuchen. Dann wird eine Erfahrung mit der Natur gemacht.« Ich verwendete dieses Beispiel, um ihnen etwas zu zeigen, aber ich hätte das Buch auch irgendwo anders aufschlagen können; es war überall so.
    Schließlich sagte ich, ich sähe nicht, wie irgend jemand durch dieses in sich leerlaufende System, in dem Leute Examen bestehen und anderen beibringen, Examen zu bestehen, aber niemand irgend etwas weiß, ausgebildet werden könne. »Trotzdem«, sagte ich, »muß ich mich irren. Zwei Studenten in meinem Kurs waren recht gut, und einer der Physiker, die ich kenne, hat seine ganze Ausbildung in Brasilien absolviert. Demnach muß es für einige Leute möglich sein, sich durch das System hindurchzuarbeiten, wie schlecht es auch sein mag.«
    Nachdem ich den Vortrag beendet hatte, stand der Leiter der Abteilung für wissenschaftliche Ausbildung auf und sagte: »Mr. Feynman hat uns einige Dinge gesagt, die wir nicht gern hören, aber mir scheint, daß er die Wissenschaft wirklich liebt und seine Kritik ernst meint. Deshalb denke ich, wir sollten auf ihn hören. Ich bin hierhergekommen, weil ich wußte, daß unser Erziehungssystem an etwas krankt; was ich gelernt habe, ist, daß wir es mit einem Krebsgeschwür zu tun haben!« - und er setzte sich.
    Das erlaubte es anderen Leuten, frei ihre Meinung zu äußern, und es gab große Aufregung. Jeder stand auf und machte Vorschläge. Die Studenten bildeten einen Ausschuß, um die Vorlesungen im vorhinein zu vervielfältigen, und sie organisierten die Bildung anderer Ausschüsse, die dies und jenes übernehmen sollten.
    Dann passierte etwas, das für mich völlig unerwartet kam. Einer der Studenten stand auf und sagte: »Ich bin einer der beiden Studenten, von denen Mr. Feynman am Ende seines Vortrags gesprochen hat. Ich bin nicht in Brasilien, sondern in Deutschland ausgebildet worden und erst dieses Jahr nach Brasilien gekommen.«
    Der andere Student aus dem Kurs, der gut gewesen war, hatte etwas Ähnliches zu sagen. Und der Professor, den ich erwähnt hatte, stand auf und sagte: »Ich habe meine Ausbildung hier in Brasilien absolviert, und zwar während des Krieges, als glücklicherweise alle Professoren die Universität verlassen hatten, so daß ich mir alles, was ich gelernt habe, selbst angeeignet habe. Deshalb bin ich nicht wirklich im brasilianischen System ausgebildet worden.«
    Das hatte ich nicht erwartet. Ich wußte, daß das System schlecht war, aber 100 Prozent - das war schlimm!
    Da ich innerhalb eines von der amerikanischen Regierung geförderten Programms nach Brasilien gegangen war, wurde ich vom State Department aufgefordert, einen Bericht über meine Erfahrungen in Brasilien zu schreiben, und ich schrieb die wichtigsten Punkte des Vortrags, den ich gehalten hatte, nieder. Später kam mir zu Ohren, daß

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