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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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war absolute Spitze: Er beantwortete alles im Handumdrehen! Die Prüfer fragten, was Diamagnetismus ist, und seine Antwort war perfekt. Dann fragten sie: »Wenn Licht in einem Winkel durch ein Material von bestimmter Dicke und mit einem bestimmten Index N geschickt wird, was geschieht dann mit dem Licht?«
    »Es tritt parallel zu sich selbst aus - verschoben.«
    »Und um wieviel ist es verschoben?«
    »Das weiß ich nicht, aber ich kann es ausrechnen.« Also rechnete er es aus. Er war sehr gut. Aber ich hatte jetzt meine Zweifel.
    Nach dem Examen ging ich zu diesem gescheiten jungen Mann und erklärte ihm, ich sei aus den Vereinigten Staaten und wolle ihm ein paar Fragen stellen, die am Ergebnis seiner Prüfung nicht das geringste ändern würden. Die erste Frage, die ich stellte, war: »Können Sie mir ein Beispiel für eine diamagnetische Substanz geben?«
    »Nein.«
    Dann fragte ich: »Angenommen, dieses Buch wäre aus Glas, und ich würde durch es hindurch etwas betrachten, das auf dem Tisch steht, was würde dann mit dem Bild geschehen, wenn ich das Glas neigen würde?«
    »Es würde verschoben werden, und zwar um das Doppelte des Winkels, um den Sie das Buch gedreht haben.«
    Ich sagte: »Sie haben das doch nicht mit einem Spiegel verwechselt, oder?«
    »Nein, Sir!«
    Gerade hatte er in der Prüfung gesagt, daß das Licht parallel zu sich selbst verschoben würde. Folglich würde sich das Bild zur Seite bewegen, aber nicht um irgendeinen Winkel gedreht werden. Er hatte sogar ausgerechnet, um wieviel es verschoben würde, aber es war ihm nicht klar, daß ein Stück Glas ein Material mit einer Brechzahl ist und daß seine Berechnung auf meine Frage zutraf.
    Ich hielt an der Technischen Hochschule einen Kurs über mathematische Methoden in der Physik ab, in dem ich zeigen wollte, wie man Probleme durch die Trial-and-error- Methode löst. Das ist etwas, was die Leute gewöhnlich nicht lernen, und deshalb begann ich mit einfachen arithmetischen Beispielen, um die Methode zu veranschaulichen. Ich war überrascht, daß nur ungefähr acht von den etwa achtzig Studenten die erste Aufgabe abgaben. Deshalb hielt ich einen strengen Vortrag darüber, daß man es wirklich probieren müsse und sich nicht einfach zurücklehnen und zuschauen dürfe, wie ich es machte.
    Nach dem Vortrag kam eine kleine Abordnung der Studenten zu mir, um mir klarzumachen, daß ich keine Ahnung hätte von dem Vorwissen, das sie hätten, sie könnten studieren, ohne Aufgaben zu lösen, sie hätten bereits Arithmetik gehabt, und dieser Kram sei unter ihrer Würde.
    Ich ging also weiter im Stoff, und ganz gleich wie kompliziert oder anspruchsvoll die Arbeit wurde, sie gaben nie irgend etwas ab. Natürlich war mir klar, woran das lag: Sie konnten die Aufgaben nicht lösen!
    Etwas anderes, wozu ich sie nie bringen konnte, war, Fragen zu stellen. Schließlich hat mir das ein Student erklärt: »Wenn ich Ihnen während der Vorlesung eine Frage stelle, sagen die anderen mir später: >Warum vergeudest du im Kurs unsere Zeit? Wir versuchen etwas zu lernen. Und du hältst ihn mit einer Frage auf.<«
    Es ging darum, den anderen immer um eine Nasenlänge voraus zu sein, wobei niemand wußte, was vorging, und jeder den anderen von oben herab behandelte, als wüßte er es. Sie täuschten alle Wissen vor, und wenn ein Student nur einen Augenblick zugab, daß etwas verwirrend war, indem er eine Frage stellte, wurden die anderen überheblich, taten so, als sei es überhaupt nicht verwirrend, und sagten ihm, er verschwende ihre Zeit.
    Ich erklärte, wie nützlich es sei, zusammenzuarbeiten, die Fragen zu diskutieren, sie zu besprechen, aber das wollten sie auch nicht, denn sie hätten ja ihr Gesicht verloren, wenn sie jemand anderen hätten fragen müssen. Es war eine Schande! Die ganze Arbeit, die sie sich machten, intelligente Leute, aber sie brachten sich selber in diesen seltsamen Geisteszustand, diese merkwürdige, in sich leerlaufende »Bildung«, die sinnlos ist, völlig sinnlos!
    Am Ende des akademischen Jahres baten mich die Studenten, einen Vortrag über meine Lehrerfahrungen in Brasilien zu halten. Zu dem Vortrag sollten nicht nur Studenten, sondern auch Professoren und Regierungsbeamte kommen, so daß ich ihnen das Versprechen abnahm, daß ich sagen könne, was ich wolle. Sie meinten: »Aber sicher. Natürlich. Das ist hier ein freies Land.«
    Ich kam also an und hatte das Lehrbuch zur Einführung in die Physik bei mir, das sie im ersten College-Jahr

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