Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
und der Bursche sagte: »Ja, Mr. Feynman hat da ein paar sehr interessante Fragen aufgeworfen, die wir diskutieren sollten. Wir wollen sie für eine mögliche spätere Diskussion aufheben.« Man verstand das Argument überhaupt nicht. Ich versuchte das Problem zu definieren und dann zu zeigen, daß die »Fragmentierung des Wissens« überhaupt nichts damit zu tun hatte. Und daß niemand bei dieser Konferenz weiterkam, lag daran, daß man das Thema »Ethik der Gleichheit in Bildung und Erziehung« nicht klar definiert hatten, so daß niemand genau wußte, worüber eigentlich gesprochen werden sollte.
Ein Soziologe hatte einen Aufsatz geschrieben, den wir alle lesen sollten - etwas, das er im voraus geschrieben hatte. Ich fing an, das Ding zu lesen und war ganz perplex: Ich wurde daraus nicht schlau! Ich dachte, das müsse daran liegen, - daß ich keines von den Büchern auf der Liste gelesen hatte. Ich hatte so ein unangenehmes Gefühl, von wegen: »Das geht über meinen Horizont«, bis ich mir schließlich sagte: »Jetzt ist Schluß! Jetzt werde ich einen Satz langsam lesen, damit ich rauskriege, was da eigentlich steht.«
Ich hielt also - aufs Geratewohl - irgendwo in meiner Lektüre inne und las sehr aufmerksam den folgenden Satz. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber er lautete ungefähr so: »Das einzelne Mitglied der sozialen Gemeinschaft empfängt seine Informationen häufig über visuelle symbolische Kanäle.« Ich las den Satz ein paarmal und übersetzte ihn dann. Was er bedeutet? »Die Leute lesen.«
Dann nahm ich mir den nächsten Satz vor und stellte fest, daß ich auch den übersetzen konnte. Danach wurde es zu einer leeren Beschäftigung: »Manchmal lesen die Leute, manchmal hören die Leute Radio«, und so weiter, aber so verdreht geschrieben, daß ich es zuerst nicht verstand, und wenn ich es dann schließlich entzifferte, war nichts dahinter.
Auf jener Tagung passierte nur eine Sache, die lustig oder amüsant war. Auf der Konferenz wurde jedes Wort , das im Plenum gesprochen wurde, so wichtig genommen, daß man jeden Piep von einem Stenotypisten mitschreiben ließ. Am zweiten Tag kam er irgendwann zu mir und fragte mich: »Was für einen Beruf haben Sie? Bestimmt nicht Professor.«
»Ich bin Professor«, sagte ich.
»Für welches Fach?«
»Für Physik - Naturwissenschaft.«
»Ach so! Dann ist das wohl der Grund«, sagte er.
»Der Grund wofür?«
Er sagte: »Schauen Sie, ich bin Stenotypist, und ich schreibe alles mit, was hier gesagt wird. Na ja, wenn die anderen reden, schreibe ich zwar mit, was sie sagen, aber ich verstehe es nicht. Aber jedesmal, wenn Sie aufstehen, um eine Frage zu stellen oder etwas zu sagen, verstehe ich genau, was Sie meinen - worin die Frage besteht und was Sie sagen -, deshalb habe ich gedacht, daß Sie kein Professor sein können.«
Zu einem bestimmten Zeitpunkt fand ein besonderes Essen statt, und der Leiter des theologischen Seminars, ein sehr netter, strenggläubiger Jude, hielt eine Rede. Es war eine gute Rede, und er war ein sehr guter Redner, und auch wenn es sich heute verrückt anhört, wenn ich davon erzähle, so schien doch damals seine Hauptidee ganz einleuchtend und richtig zu sein. Er sprach über die großen Unterschiede im Wohlstand verschiedener Länder, die Neid erzeugen, der zu Konflikten führt, und daß jetzt, wo wir Atomwaffen haben, jeder Krieg den Untergang bedeute. Deshalb bestehe der richtige Ausweg darin, nach Frieden zu streben, indem man dafür sorge, daß es zwischen den einzelnen Regionen keine so großen Unterschiede gebe, und da wir in den Vereinigten Staaten so viel hätten, sollten wir fast alles den anderen Ländern geben, so daß am Ende alle gleich seien. Jeder hörte aufmerksam zu, und wir waren alle von Opferbereitschaft erfüllt und dachten, genau das müsse man tun. Aber auf dem Nachhauseweg kam ich wieder zur Besinnung.
Am nächsten Tag sagte jemand in unserer Gruppe: »Ich finde, diese Rede gestern abend war so gut, daß wir sie alle unterzeichnen und als Resümee unserer Konferenz verwenden sollten.«
Ich setzte an zu der Entgegnung, daß die Idee, alles gleich zu verteilen, auf der Annahme beruhe, daß es nur eine bestimmte Menge an Gütern in der Welt gebe, daß wir sie den armen Ländern im Grunde irgendwie weggenommen hätten und sie ihnen deshalb zurückgeben sollten. Aber diese Theorie berücksichtigt nicht den wirklichen Grund für die Unterschiede zwischen den Ländern - nämlich die Entwicklung von neuen
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