Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
Uniformen und kannte also den Unterschied zwischen einem Menschen mit und ohne Uniform - es ist ein und derselbe Mensch). Ich hatte sogar gelernt, dieses Zeug mein Leben lang lächerlich zu machen, und das war mir so in Fleisch und Blut übergegangen, daß es mich einige Mühe kostete, zu einem König hinzugehen. Ich weiß, das war kindisch, aber ich bin eben so erzogen, und deshalb war's ein Problem.
Man erzählte mir, in Schweden gebe es die Regel, daß man nach der Entgegennahme des Preises von dem König zurücktreten müsse, ohne sich umzudrehen. Man geht ein paar Stufen hinab, nimmt den Preis entgegen und geht dann rückwärts die Stufen wieder hinauf. Also sagte ich mir: »Na schön, denen werd ich's zeigen!« - und übte, rückwärts Stufen hinaufzuhüpfen , um zu zeigen, wie lächerlich dieser Brauch war. Ich war in einer üblen Stimmung! Das war natürlich dumm und albern!
Ich fand heraus, daß es diese Regel nicht mehr gab; man konnte sich umdrehen, wenn man von dem König wegging, und wie ein normaler Mensch mit der Nase nach vorne dahin gehen, wo man hinwollte.
Ich war froh festzustellen, daß in Schweden nicht alle Leute die königlichen Zeremonien so ernst nehmen, wie man annehmen könnte. Wenn man da hinkommt, entdeckt man, daß sie auf der gleichen Seite stehen wie man selbst.
Die Studenten beispielsweise hatten eine besondere Zeremonie, bei der sie jedem Nobelpreisträger den eigens dafür gestifteten »Froschorden« verliehen. Wenn man diesen kleinen Frosch bekommt, muß man wie ein Frosch quaken.
Als ich jünger war, hatte ich etwas gegen Kultur, aber mein Vater besaß ein paar gute Bücher. Eines davon war ein Buch mit dem alten griechischen Stück Die Frösche , und irgendwann schaute ich mir das einmal an und sah, daß darin ein Frosch spricht. Das war umschrieben als »brek, kek, kek«. Ich dachte: »So hört sich doch kein Frosch an; verrückt, das so zu beschreiben!« Und dann probierte ich es, und nachdem ich ein Weilchen geübt hatte, merkte ich, daß es genau das ist, was ein Frosch sagt.
So erwies es sich später als nützlich, daß ich zufällig mal einen Blick in ein Buch von Aristophanes geworfen hatte: Bei der studentischen Zeremonie für die Nobelpreisträger brachte ich ein gutes Froschgeräusch zustande. Und das Rückwärtshüpfen paßte auch dazu. Der Teil cbr Angelegenheit gefiel mir; diese Zeremonie lief glatt ab.
Obwohl ich eine Menge Spaß hatte, mußte ich trotzdem die ganze Zeit weiter mit diesen psychologischen Schwierigkeiten kämpfen. Mein größtes Problem war das Dankeswort, das man beim Königlichen Diner spricht. Wenn einem der Preis überreicht wird, bekommt man auch einige schön eingebundene Bücher über die Jahre vorher, und dort stehen alle Dankesworte drin, als wenn das wer weiß was wäre. Da fängt man an zu überlegen, es sei doch irgendwie wichtig, was man in diesem Dankeswort sagt, denn es wird ja veröffentlicht. Woran ich nicht dachte, war, daß kaum jemand hinhören und niemand das lesen würde! Ich hatte mein Gefühl für Proportionen verloren: Ich konnte nicht einfach vielen Dank, blah-blah-blah-blah-blah sagen; das wäre so einfach gewesen, aber nein, ich mußte es anständig machen. Und dabei wollte ich diesen Preis eigentlich gar nicht haben. Wie sage ich also danke, wenn ich ihn gar nicht haben möchte?
Meine Frau sagt, ich sei mit den Nerven völlig fertig gewesen, weil ich mir den Kopf darüber zerbrach, was ich sagen sollte, aber schließlich fand ich eine Möglichkeit, eine durchaus passende Ansprache zu halten, die trotzdem vollkommen ehrlich war. Ich bin sicher, daß diejenigen, die sie hörten, keine Ahnung hatten, was dieser Bursche da durchgemacht hatte, als er sie vorbereitete.
Ich fing damit an, daß ich sagte, mit der Freude über meine Entdeckung und darüber, daß andere meine Arbeit nutzten und so weiter, hätte ich meinen Preis bereits bekommen. Ich versuchte zu erklären, daß ich schon alles bekommen hätte, was ich erhofft hatte, und im Vergleich dazu bedeute der Rest wenig. Ich hatte meinen Preis bereits bekommen.
Aber dann sagte ich, ich hätte auf einmal einen ganzen Haufen Briefe bekommen - in der Rede habe ich das viel besser ausgedrückt -, die mich an all die Leute erinnert hätten, die ich kannte: Briefe von Freunden aus der Kindheit, die aufsprangen, als sie die Morgenzeitung lasen, und riefen: »Den kenne ich doch! Mit dem haben wir als Kinder immer gespielt!« und so weiter; Briefe, die mir ein starkes
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