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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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ob ein so einfacher Gegenstand wie ein Ziegelstein, ganz zu schweigen von einem Elektron, ein »wesentlicher Gegenstand« ist.
    Danach zog ich beim Abendessen an den Biologen-Tisch um. Ich hatte mich immer für Biologie interessiert, und sie sprachen über sehr interessante Dinge. Einige von ihnen luden mich ein, zu einem Kurs über Zellphysiologie zu kommen, den sie besuchen wollten. Ich kannte mich etwas aus in Biologie, aber dies war ein Kurs für Graduierte. »Glaubt ihr, ich komme damit zurecht? Wird der Professor mich reinlassen?« fragte ich.
    Sie fragten den Dozenten, E. Newton Harvey, der viel über Leuchtbakterien gearbeitet hatte. Harvey sagte, ich könne an diesem besonderen Kurs für Fortgeschrittene teilnehmen, unter einer Bedingung: ich müsse bei allem mitarbeiten und wie alle anderen Referate halten.
    Bevor der Kurs zum erstenmal zusammenkam, wollten mir die, die mich zur Teilnahme eingeladen hatten, ein paar Dinge unter dem Mikroskop zeigen. Sie hatten einige Pflanzenzellen darunter, und man konnte ein paar grüne Pünktchen, die als Chloroplasten bezeichnet werden (sie produzieren Zucker, wenn sie dem Licht ausgesetzt werden), zirkulieren sehen. Ich sah sie mir an, und dann schaute ich auf: »Wie kommt es, daß sie zirkulieren? Was schiebt sie herum?« fragte ich.
    Keiner wußte es. Es stellte sich heraus, daß das damals noch nicht bekannt war. So fand ich gleich etwas über die Biologie heraus: es war sehr leicht, eine Frage zu finden, die sehr interessant war und auf die niemand eine Antwort wußte. In die Physik mußte man ein wenig tiefer eindringen, bevor man eine interessante Frage finden konnte, die die Leute nicht beantworten konnten.
    Als der Kurs begann, zeichnete Harvey zuerst ein riesengroßes Bild von einer Zelle an die Tafel und beschriftete all die Dinge, die in der Zelle sind. Dann sprach er darüber, und ich verstand das meiste von dem, was er sagte.
    Nach der Vorlesung fragte mich der Typ, der mich eingeladen hatte: »Na, wie fandest du es?«
    »Ganz gut«, sagte ich. »Das einzige, was ich nicht verstanden habe, war das mit dem Lezithin. Was ist Lezithin?«
    Da fängt der Typ mit monotoner Stimme an zu erklären: »Alle Lebewesen, sowohl Pflanzen als auch Tiere, bestehen aus einer Art Bausteinchen, den >Zellen<...«
    »Hör mal«, sagte ich ungeduldig, »ich weiß das alles; sonst wäre ich ja nicht in dem Kurs. Was ist Lezithin ? «
    »Ich weiß es nicht.«
    Ich mußte wie alle anderen Referate über Artikel schreiben, und der erste, der mir übertragen wurde, ging über das Thema, wie sich Druck auf Zellen auswirkt - Harvey hatte dieses Thema für mich ausgewählt, weil es etwas mit Physik zu tun hatte. Obwohl ich verstand, was ich schrieb, sprach ich alles falsch aus, als ich mein Referat vorlas, und die Kursteilnehmer lachten immer hysterisch, wenn ich von »Blastopheren« statt von »Blastomeren« sprach oder ähnlichem.
    Der nächste Artikel, der für mich ausgesucht wurde, war von Adrian und Bronk. Sie wiesen nach, daß nervöse Impulse Phänomene sind, die jeweils aus einer einzigen, heftigen Entladung bestehen. Sie hatten Experimente mit Katzen durchgeführt, bei denen sie die Spannung an den Nerven gemessen hatten.
    Ich begann mit der Lektüre des Artikels. Da war dauernd die Rede von Extensoren und Flexoren, vom Musculus gastrocnemius und so weiter. Der und der Muskel wurde benannt, aber ich hatte nicht die leiseste Ahnung, wo diese Muskeln in bezug auf die Nerven lokalisiert waren, oder wo sie sich in der Katze befanden. Deshalb ging ich zu der Bibliothekarin in der Biologie-Abteilung und fragte sie, ob sie mir eine Katzenkarte heraussuchen könne.
    »Eine Katzenkarte , Sir?« fragte sie entsetzt. »Sie meinen eine zoologische Schautafel! « Seitdem gab es Gerüchte über irgendeinen dummen Doktoranden der Biologie, der nach einer »Katzenkarte« suchte.
    Als es soweit war, daß ich meinen Vortrag über das Thema halten sollte, zeichnete ich zuerst den Umriß einer Katze und fing an, die verschiedenen Muskeln zu benennen.
    Da unterbrechen mich die anderen Studenten im Kurs: »Das wissen wir alles!«
    »Oh«, sagte ich, »tatsächlich? Kein Wunder , daß ich euch so schnell einholen konnte, obwohl ihr schon vier Jahre Biologie gehabt habt.« Sie hatten ihre Zeit damit verschwendet, sich solches Zeug einzuprägen, wo man das doch in einer Viertelstunde nachschlagen konnte.
    Nach dem Krieg reiste ich jeden Sommer mit dem Auto irgendwo in den Vereinigten Staaten herum.

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