Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
In einem Jahr, als ich schon am Caltech war, dachte ich: »Diesen Sommer fahre ich nicht in eine andere Gegend, ich begebe mich auf ein anderes Gebiet. «
Das war kurz nachdem Watson und Crick die DNS-Spirale entdeckt hatten. Es gab ein paar sehr gute Biologen am Caltech, denn Delbrück hatte dort sein Labor, und Watson kam ans Caltech, um einige Vorlesungen über das Codierungssystem der DNS zu halten. Ich ging zu seinen Vorlesungen und besuchte Seminare im Fachbereich Biologie und geriet in helle Begeisterung. Es war eine sehr aufregende Zeit in der Biologie, und am Caltech zu sein, war wunderbar.
Ich glaubte nicht, daß ich fähig sei, in der Biologie wirklich Forschung zu betreiben, deshalb stellte ich mir vor, daß ich bei meinem sommerlichen Abstecher ins Gebiet der Biologie einfach im Biologie-Labor herumlungern und »Teller waschen« würde, während ich zusah, was sie da trieben. Ich ging hinüber zum Biologie-Labor, um ihnen zu erzählen, was ich vorhatte, und Bob Edgar, ein junger Biologe, der gerade promoviert hatte und dort irgendwie verantwortlich war, meinte, er werde das nicht zulassen. Er sagte: »Sie müssen eine richtige Forschungsaufgabe übernehmen, genau wie ein Doktorand, und wir werden Ihnen eine Aufgabe geben, an der Sie arbeiten können.« Das war mir recht.
Ich nahm an einem Kurs über Phagen teil, bei dem wir lernten, wie wir in der Forschung Bakteriophagen einsetzen konnten (ein Phage ist ein Virus, das DNS enthält und Bakterien angreift). Ich stellte gleich fest, daß mir eine Menge Ärger erspart blieb, weil ich etwas von Physik und Mathematik verstand. Ich wußte, wie sich Atome in Flüssigkeiten verhalten, deshalb war für mich nichts Geheimnisvolles an der Arbeitsweise einer Zentrifuge. Ich wußte genug über Statistik, um die statistischen Fehler zu erkennen, die unterlaufen, wenn kleine Punkte auf einer Schale gezählt werden. Während also die Biologen sich alle bemühten, diese »neuen« Dinge zu verstehen, konnte ich meine Zeit damit verbringen, den biologischen Teil zu lernen.
In dem Kurs lernte ich eine nützliche Labor-Technik, die ich heute noch verwende. Man brachte uns bei, wie man mit einer Hand ein Probierglas hält und den Verschluß abnimmt (man macht das mit Mittel- und Zeigefinger), während man die andere Hand frei hat, um etwas anderes zu tun (zum Beispiel um eine Pipette zu halten, mit der man Cyanid aufsaugt). Jetzt kann ich in der einen Hand meine Zahnbürste und in der anderen die Tube mit Zahnpasta halten, den Verschluß abdrehen und wieder aufsetzen.
Man hatte entdeckt, daß Phagen Mutationen durchmachen können, die ihre Fähigkeit beeinträchtigen, Bakterien anzugreifen, und wir sollten diese Mutationen untersuchen. Es gab auch einige Phagen, die eine zweite Mutation durchliefen, die ihre Fähigkeit, Bakterien anzugreifen, wiederherstellte. Einige Phagen, die zurückmutierten, waren dann genau wie vorher. Andere nicht: Es gab einen geringfügigen Unterschied in ihrer Wirkung auf Bakterien - sie wirkten langsamer oder schneller als gewöhnlich, und die Bakterien wuchsen langsamer oder schneller als gewöhnlich. Mit anderen Worten, es gab »Rückmutationen«, aber sie waren nicht immer vollständig; manchmal erlangte der Phage nur teilweise die Fähigkeit zurück, die er verloren hatte.
Bob Edgar schlug mir ein Experiment vor, mit dem ich herausfinden sollte, ob die Rückmutationen in der DNS-Spirale an der gleichen Stelle vorkamen. Mit großer Sorgfalt und einer Menge langweiliger Arbeit gelang es mir, drei Beispiele für Rückmutationen zu finden, die sehr nah beieinander vorgekommen waren - näher als alles, was man bis dahin gesehen hatte - und die teilweise die Funktionsfähigkeit des Phagen wiederherstellten. Es war eine Arbeit, die langsam vor sich ging. Irgendwie hing sie vom Zufall ab: Man mußte warten, bis man eine zweifache Mutation bekam, was sehr selten vorkam.
Ich überlegte mir dauernd, wie man einen Phagen veranlassen könnte, häufiger zu mutieren, und wie man Mutationen schneller ausfindig machen könnte, aber bevor ich eine gute Technik entwickeln konnte, war der Sommer vorüber, und ich hatte keine Lust, an dem Problem weiterzuarbeiten.
Da jedoch mein Forschungsurlaub bevorstand, beschloß ich, in dem gleichen Labor zu arbeiten, allerdings an einem anderen Thema. In gewissem Umfang arbeitete ich mit Matt Meselson und dann mit einem netten Kerl aus England namens J. D, Smith zusammen. Das Problem hatte mit Ribosomen zu tun, der
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