Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
die Wand, also können Sie da keine schöne weiße Wand gebrauchen. Die wird nämlich zu leicht schmutzig. Aber darüber, da will man es weiß haben, damit das Restaurant einen sauberen Eindruck macht.«
Der Typ schien zu wissen, was er tat, und ch saß da und hing an seinen Lippen, als er sagte: »Und mit den Farben muß man sich auch auskennen - wie man durch Mischen unterschiedliche Farbtöne bekommt. Welche Farben würden Sie zum Beispiel mischen, um Gelb zu bekommen?«
Ich wußte nicht, wie man durch Mischen Gelb bekommt. Wenn es um Licht geht, mischt man Grün und Rot, aber ich wußte ja, daß er von Malerfarben redete. Deshalb sagte ich: »Ich weiß nicht, wie man Gelb bekommt, ohne Gelb zu verwenden.«
»Nun«, sagte er, »wenn man Rot und Weiß mischt, kriegt man Gelb.«
»Sind Sie sicher, daß Sie nicht Rosa meinen?«
»Nein«, sagte er, »man kriegt Gelb« - und ich glaubte ihm, daß er Gelb bekam, denn er war Anstreicher von Beruf, und ich bewunderte solche Burschen immer. Aber trotzdem fragte ich mich, wie er das anstellte.
Ich hatte eine Idee. »Es muß irgendeine chemische Veränderung sein. Haben Sie irgendeine besondere Art von Pigmenten verwendet, die sich chemisch verändern?«
»Nee«, sagte er, »das geht mit allen Pigmenten. Sie können ja rüber ins Kaufhaus gehen und Farbe holen - 'ne ganz gewöhnliche Büchse rote Farbe und 'ne ganz gewöhnliche Büchse weiße Farbe -, und dann misch' ich die und zeig' Ihnen, wie man Gelb bekommt.«
Zu dem Zeitpunkt dachte ich: »Irgendwas ist verrückt. Ich versteh' genug von Farben, um zu wissen, daß man kein Gelb bekommt, aber er muß wissen, daß man tatsächlich
Gelb bekommt, also passiert irgendwas Interessantes. Ich muß herauskriegen, was da passiert!«
Deshalb sagte ich: »O. k., ich gehe die Farben holen.«
Der Maler ging wieder nach oben, um das Zimmer fertig zu streichen, und der Restaurantbesitzer kam zu mir und sagte: »Was soll denn das, mit dem Mann herumzustreiten? Der Mann ist Anstreicher; er ist sein ganzes Leben lang Anstreicher gewesen, und er sagt, er bekommt Gelb. Wieso streiten Sie sich da mit Ihm?«
Es war mir peinlich. Ich wußte nicht, was ich sagen sollte. Schließlich sagte ich: »Ich habe mich mein ganzes Leben lang mit dem Licht beschäftigt. Und ich denke, mit Rot und Weiß kann man kein Gelb bekommen - man bekommt nur Rosa.«
Ich ging also ins Kaufhaus, holte die Farbe und brachte sie zurück ins Restaurant. Der Maler kam herunter, und der Restaurantbesitzer war auch dabei. Ich stellte die Büchsen mit der Farbe auf einen alten Stuhl, und der Maler fing an, die Farben zu mischen. Er tat ein bißchen mehr Rot dazu, dann ein bißchen mehr Weiß - für mich sah es immer noch rosa aus -, und er mischte noch etwas mehr Farbe. Dann murmelte er etwas wie: »Ich hatte sonst immer 'ne kleine Tube Gelb dabei, um es ein bißchen abzutönen - dann ist es Gelb.«
»Ach!« sagte ich. »Na klar! Sie tun Gelb dazu, und dann bekommen Sie Gelb, aber ohne das Gelb ginge es nicht.«
Der Maler ging wieder nach oben, um weiter zu streichen.
Der Restaurantbesitzer sagte: »Na, der Kerl hat vielleicht Nerven, streitet mit jemand herum, der sich sein ganzes Leben lang mit Licht beschäftigt hat!«
Aber das zeigt, wie sehr ich diesen »richtigen Kerlen« vertraute. Der Anstreicher hatte mir soviel Zeug erzählt, das vernünftig war, daß ich bereit war, bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit zuzugestehen, daß es ein merkwürdiges Phänomen gab, das ich nicht kannte. Ich erwartete Rosa, aber mein Gedankengang war: »Die einzige Möglichkeit, Gelb zu bekommen, wird etwas Neues und Interessantes sein, und das muß ich sehen.«
In meiner Physik habe ich sehr oft Fehler gemacht, weil ich dachte, die Theorie sei nicht so gut, wie sie in Wirklichkeit war, denn ich glaubte, daß es eine Menge Komplikationen gebe, die sie ungültig machen würden - eine Einstellung, daß alles mögliche passieren kann, obwohl man ziemlich sicher ist, zu wissen, was eigentlich passieren müßte.
Ein anderer Werkzeugkasten
An der Graduate-School in Princeton teilten sich der Physik- und der Mathematik-Fachbereich einen gemeinsamen Aufenthaltsraum, und dort tranken wir jeden Tag um vier Uhr Tee. Auf diese Weise konnte man sich nachmittags entspannen, außerdem ahmte man ein englisches College nach. Man saß herum und spielte Go oder diskutierte Theoreme. Damals war Topologie die große Sache.
Ich kann mich noch an einen Burschen erinnern, der auf der
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