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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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man ein bißchen hin und her. Man kommt an eine Kreuzung, wo man geradeaus, nach links oder rechts gehen kann. Man wackelt ein bißchen nach links, und wenn das nicht richtig ist, spürt man einen gewissen Widerstand, weil die Leute nicht erwarten, daß man diesen Weg nimmt. Wenn man dagegen in die richtige Richtung geht, dann geben sie leichter nach, weil sie glauben, man könne es schaffen, und es gibt keinen Widerstand. Man muß also immer ein bißchen herumwackeln und ausprobieren, welcher Weg der direkte zu sein scheint.
    Mein Vater erzählte mir die Geschichte, meinte aber, dazu brauche man doch eine Menge Übung. Er hat es nie selbst versucht.
    Später, als ich als Doktorand in Princeton arbeitete, beschloß ich, es an einem Burschen namens Bill Woodward auszuprobieren. Ich verkündete ihm plötzlich, ich sei Gedankenleser und könne seine Gedanken lesen. Ich sagte ihm, er solle ins »Labor« gehen - ein großer Raum mit Tischreihen, auf denen alle möglichen Apparate standen, wo es elektrische Schaltkreise gab, Werkzeuge, und wo überall Zeug herumlag -, sich irgendwo einen bestimmten Gegenstand aussuchen und herauskommen. Ich erklärte: »Jetzt lese ich deine Gedanken und führe dich genau auf den Gegenstand zu.«
    Er ging ins Labor, merkte sich einen bestimmten Gegenstand und kam heraus. Ich nahm seine Hand und fing an, hin und her zu zappeln. Wir gingen einen Gang entlang, dann einen anderen, direkt zu dem Gegenstand hin. Wir versuchten es dreimal. Einmal fand ich den Gegenstand auf Anhieb - und er war mitten in einem ganzen Haufen Zeug. Ein anderes Mal ging ich zu der richtigen Stelle, verfehlte aber den Gegenstand um ein wenig - falscher Gegenstand. Beim dritten Mal ging irgend etwas schief. Aber es lief besser, als ich gedacht hatte. Es war sehr leicht.
    Einige Zeit danach, als ich ungefähr sechsundzwanzig war, fuhren mein Vater und ich nach Atlantic City, wo es unter freiem Himmel allerlei Rummelplatz-Vergnügungen gab. Während mein Vater etwas Geschäftliches zu erledigen hatte, zog ich los, um mir einen Gedankenleser anzuschauen. Er saß auf der Bühne mit dem Rücken zum Publikum: in wallende Gewänder gehüllt und mit einem riesigen Turban auf dem Kopf. Er hatte einen Assistenten, einen kleinen Kerl, der im Publikum herumlief und Dinge sagte wie: »Oh, großer Meister, welche Farbe hat dieses Notizbuch?«
    »Blau!« sagt der Meister.
    »Und oh, Erhabener, wie lautet der Name dieser Frau?«
    »Marie!«
    Jemand steht auf: »Wie heiße ich?«
    »Henry.«
    Ich stehe auf und frage: »Wie ist mein Name?«
    Er antwortet nicht. Der andere war offenbar ein Komplize, aber ich kam nicht dahinter, wie der Gedankenleser es bei den anderen Tricks anstellte, etwa wenn er die Farbe des Notizbuchs erriet. Trug er Kopfhörer unter dem Turban?
    Als ich mich mit meinem Vater traf, erzählte ich ihm davon. Er sagte: »Sie haben einen Code verabredet, aber ich weiß nicht, was für einen. Laß uns noch einmal hingehen und es herausfinden.«
    Wir gingen zurück, und mein Vater sagte zu mir: »Hier hast du fünfzig Cents. Laß dir da hinten in der Bude wahrsagen, wir treffen uns dann in einer halben Stunde.«
    Ich wußte, was er vorhatte. Er würde dem Mann ein Märchen erzählen, und das würde glatter gehen, wenn sein Sohn nicht dabei war und dauernd »Ooh, ooh!« machte. Er mußte mich loswerden.
    Als er zurückkam, erzählte er mir, wie der ganze Code funktionierte: »Blau heißt >Oh, großer Meister, Grün ist >Oh, Weisester der Weisen<« und so weiter. Er erklärte: »Ich bin nachher zu ihm gegangen und habe ihm erzählt, ich gäbe in Patchogue Vorstellungen, wir hätten auch einen Code, aber damit könnte man nicht so viele Zahlen verschlüsseln und die Farbauswahl sei kleiner, und dann habe ich gefragt: >Wie können Sie so viele Informationen weitergeben?<
    Der Gedankenleser war so stolz auf seinen Code, daß er sich hinsetzte und meinem Vater das ganze Drum und Dran erklärte. Mein Vater war Vertreter. Er wußte, wie man in solchen Situationen sein Ziel erreicht. Ich kann so etwas nicht.
Der Amateurwissenschaftler
    Als ich ein Kind war, hatte ich ein »Labor«. Es war kein Laboratorium in dem Sinne, daß ich Messungen vorgenommen oder großartige Experimente gemacht hätte. Statt dessen spielte ich: ich baute einen Motor, ich bastelte eine Vorrichtung, die ausgelöst wurde, wenn etwas eine Photozelle passierte, ich spielte mit Selen; dauernd fummelte ich mit irgend etwas herum. Ein bißchen gerechnet habe ich

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