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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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ist mein Bewußtsein mit nichts anderem beschäftigt - ich bin vollkommen dagegen gefeit, nervös zu werden. Nachdem ich also losgelegt hatte, wußte ich einfach nicht mehr, wer in dem Raum war. Ich erklärte nur noch diese Idee, das war alles.
    Aber dann kam das Ende des Seminars, und es war Zeit für Fragen. Gleich als erster steht Pauli, der neben Einstein saß, auf und sagt: »Ich glaube nicht, daß diese Theorie richtig sein kann, wegen diesem und diesem und diesem«, und er dreht sich zu Einstein herum und sagt: »Sind Sie nicht auch meiner Meinung, Professor Einstein?«
    Einstein sagt: »Nooooooooooooo«, ein nettes, deutsch klingendes »No« - sehr höflich. »Ich finde nur, daß es sehr schwierig wäre, eine entsprechende Theorie für die Gravitationswechselwirkung aufzustellen.« Er meinte: für die allgemeine Relativitätstheorie, die sein Kind war. Er fuhr fort: »Da wir zur Zeit nicht gerade viele experimentelle Beweise haben, bin ich mir nicht absolut sicher, was die korrekte Theorie der Gravitation angeht.« Einstein hatte Verständnis dafür, daß die Dinge anders sein konnten als seine Theorie behauptete; er war anderen Ideen gegenüber sehr tolerant.
    Ich wünschte, ich hätte behalten, was Pauli gesagt hatte, denn Jahre später entdeckte ich, daß die Theorie nicht genügte, um eine entsprechende Quantentheorie aufzustellen. Es ist möglich, daß dieser bedeutende Mann die Schwierigkeit sofort bemerkte und sie mir in der Frage erklärte, aber ich war so erleichtert, die Fragen nicht beantworten zu müssen, daß ich sie mir nicht wirklich aufmerksam anhörte. Ich erinnere mich, daß ich mit Pauli die Stufen der Palmer Library hinaufstieg und er mich fragte: »Was wird Wheeler über die Quantentheorie sagen, wenn er seinen Vortrag hält?«
    Ich antwortete: »Ich weiß es nicht. Er hat es mir nicht gesagt. Er arbeitet das alleine aus.«
    »Ah ja?« sagte er. »Der Mann arbeitet und erzählt seinem Assistenten nicht, was er mit der Quantentheorie macht?« Er kam näher und sagte mit leiser, geheimnisvoller Stimme: »Wheeler wird dieses Seminar nie halten.«
    Und so war es. Wheeler hat das Seminar nicht gehalten. Er glaubte, es sei einfach, den quantentheoretischen Teil auszuarbeiten; er glaubte, er hätte es fast schon. Aber er hatte es nicht. Und als es soweit war für das Seminar, wurde ihm klar, daß er nicht wußte, wie er es machen sollte, und daß er deshalb nichts zu sagen hatte.
    Ich habe es auch nie gelöst - eine Quantentheorie halbavancierter, halb-retardierter Potentiale -, und ich habe jahrelang daran gearbeitet.
Das Mischen von Farben
    Der Grund, weshalb ich sage, ich sei »unkultiviert« oder »anti-intellektuell«, liegt wahrscheinlich in der Zeit, als ich auf der High School war. Es hat mich immer geärgert, daß ich ein Schwächling war; ich wollte nicht zu empfindlich sein. Ich fand, ein richtiger Mann gibt sich nicht mit Poesie und solchen Sachen ab. Wie es überhaupt dazu kam, daß Gedichte geschrieben wurden - das ging mir nie auf! Ich entwickelte also eine negative Einstellung gegenüber dem, der französische Literatur studiert oder sich zu sehr mit Musik oder Dichtung beschäftigt - mit all diesen »Phantasie«-Dingen. Ich bewunderte eher den Stahlarbeiter, den Schweißer oder den Mann, der in der Maschinenwerkstatt arbeitet. Ich dachte immer, wer in der Maschinenwerkstatt arbeitet und etwas herstellen kann, das muß ein richtiger Kerl sein! Das war meine Einstellung. Ein Praktiker zu sein, das war für mich immer irgendwie eine Tugend, und »kultiviert« oder »intellektuell« zu sein, war keine. Das erste war natürlich richtig, aber das zweite war verrückt.
    Wie man sehen wird, empfand ich immer noch so, als ich in Princeton promovierte. Ich aß häufig in einem netten kleinen Restaurant, das Papa's Place hieß. Als ich eines Tages dort aß, kam ein Anstreicher im Arbeitsanzug vom oberen Stockwerk herunter, wo er ein Zimmer gestrichen hatte, und setzte sich neben mich.
    Irgendwie fingen wir ein Gespräch an, und er begann davon zu sprechen, daß man eine Menge lernen müsse, um als Maler zu arbeiten. »Nehmen Sie zum Beispiel dieses Restaurant«, sagte er, »was für Farben würden Sie verwenden, um die Wände anzustreichen, wenn Sie das machen müßten?«
    Ich antwortete, ich wisse es nicht, und er sagte: »Bis zu der und der Höhe machen Sie einen Sockel, und den streichen Sie in einer dunklen Farbe, denn die Leute, die an Tischen sitzen, kommen ja mit ihren Ellbogen an

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