Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
auf meinem Fuß. Alle brüllten, und es war ein Riesentrara, weil diese Stopfnadel auf meinem Fuß saß. Und da war ich, dieses wissenschaftliche Wunder, und sagte, sie werde mich nicht stechen.
Bestimmt erwartet man jetzt, daß die Geschichte so ausgeht, daß sie mich sticht - aber das tat sie nicht. Das Buch hatte recht. Aber ein bißchen geschwitzt habe ich schon.
Ich hatte auch ein kleines Handmikroskop. Es war ein Spielzeugmikroskop, und ich nahm das Objektiv heraus und hielt es in der Hand wie eine Lupe, obwohl es ein Mikroskop mit vierzig- oder fünfzigfacher Vergrößerung war. Wenn man sich Mühe gab, blieb das Bild scharf. So konnte ich herumgehen und gleich draußen auf der Straße etwas betrachten.
Einmal, als ich in Princeton in der Graduate-School war, nahm ich das Objektiv aus der Tasche, um mir ein paar Ameisen anzuschauen, die auf einem Efeustrauch herumkrochen. Ich schrie laut auf, so begeistert war ich. Was ich sah, war eine Ameise und eine Blattlaus; Ameisen kümmern sich ja um die Blattläuse - sie tragen sie zu einer anderen Pflanze, wenn die, auf der sie gerade sind, eingeht. Dafür bekommen die Ameisen von den Blattläusen einen teilweise verdauten Saft, den sogenannten »Honigtau«. Ich wußte das; mein Vater hatte mir davon erzählt, aber ich hatte es nie gesehen.
Da war also diese Blattlaus, und tatsächlich kam eine Ameise und tippte sie mit dem Fuß an - um die ganze Blattlaus herum, tip, tip, tip, tip, tip. Es war furchtbar aifregend! Dann kam aus dem After der Blattlaus der Saft heraus. Und wegen der Vergrößerung sah das aus wie eine große, schöne, glitzernde Kugel, wie ein Ballon, wegen der Oberflächenspannung. Das Mikroskop war nicht besonders gut, deshalb wirkte der Tropfen durch die chromatische Aberration in der Linse eine bißchen farbig - es war sagenhaft!
Die Ameise nahm diese Kugel in ihre beiden Vorderfüße, hob sie von der Blattlaus ab und hielt sie. In diesem Maßstab ist die Welt so anders, daß man Wasser aufheben und halten kann! Vermutlich haben die Ameisen irgendeinen fettigen oder öligen Stoff an ihren Beinen, so daß die Oberflächenspannung des Wassers nicht durchbrochen wird, wenn sie es hochhalten. Dann brach die Ameise die Oberfläche mit ihrem Mund auf, und durch die Oberflächenspannung gelangte die Flüssigkeit gleich in ihren Bauch. Es war sehr interessant zu sehen, wie das alles vor sich ging!
In meinem Zimmer in Princeton hatte ich ein Erkerfenster mit einer U-förmigen Fensterbank. Eines Tages kamen ein paar Ameisen auf die Fensterbank und wanderten ein bißchen herum. Ich war neugierig, ob sie etwas finden würden. Ich fragte mich, woher sie wissen, wo sie hinlaufen müssen. Können sie einander mitteilen, wo Nahrung ist, wie die Bienen es können? Haben sie ein Gespür für Geometrie? Das ist alles amateurhaft; jeder kennt die Anwort, aber ich kannte die Antwort nicht, deshalb spannte ich als erstes eine Schnur über das U des Erkerfensters und hängte ein Stückchen gefalteten Karton mit Zucker daran. Die Idee war, den Zucker von den Ameisen zu isolieren, so daß sie ihn nicht zufällig finden konnten. Ich wollte alles unter Kontrolle haben.
Als nächstes schnitt ich eine Menge Papierstreifchen zurecht und machte einen Knick hinein, damit ich Ameisen aufnehmen und sie von einer Stelle zur anderen befördern konnte. Die Papierstreifen mit dem Knick legte ich an zwei Plätze: ein paar zu dem Zucker (der an der Schnur hing) und die anderen zu den Ameisen an eine bestimmte Stelle. Ich saß den ganzen Nachmittag da und las und paßte auf, bis eine Ameise auf eine meiner kleinen Papierfähren lief. Dann brachte ich sie hinüber zu dem Zucker. Nachdem ein paar Ameisen zu dem Zucker befördert worden waren, lief eine von ihnen zufällig auf eine der dort liegenden Fähren, und ich trug sie zurück.
Ich wollte sehen, wie lange es dauern würde, bis die anderen Ameisen die Botschaft bekamen, zu der »Fährstation« zu laufen. Es ging zuerst langsam, aber dann kamen rasch immer mehr Ameisen, bis ich wie verrückt zu tun hatte, sie hin und her zu befördern.
Als alles gut lief, fing ich plötzlich an, die Ameisen, die von dem Zucker kamen, an einer anderen Stelle abzusetzen. Die Frage war jetzt: lernt die Ameise, dahin zurückzulaufen, wo sie gerade herkam, oder geht sie dahin, wo sie vorher hingelaufen ist?
Nach einer Weile liefen praktisch keine Ameisen mehr zu der ersten Stelle (von wo aus sie zu dem Zucker gelangt waren), während an der zweiten
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