Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
- und vielleicht gerade weil - ich das dauernd machte, wie ein Falschspieler, der dauernd mit einem Kartenspiel herumläuft.
Ich fuhr oft nach Oak Ridge, um die Sicherheit der Uranfabrik zu überprüfen. Alles mußte immer schnell gehen, denn es war Krieg, und einmal mußte ich an einem Wochenende hin. Es war Sonntag, und wir waren bei diesem Kerl im Büro - ein General, der Chef oder der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende irgendeiner Firma, ein paar andere hohe Tiere und ich. Wir waren zusammengekommen, um einen Bericht zu erörtern, der bei dem Kerl im Safe lag - in einem Geheimsafe -, als ihm auf einmal einfiel, daß er die Kombination nicht kannte. Seine Sekretärin war die einzige, die sie kannte, deshalb rief er sie zu Hause an, und es stellte sich heraus, daß sie zu einem Picknick in den Bergen war.
Während all das ablief, fragte ich: »Haben Sie was dagegen, wenn ich an dem Safe herumspiele?«
»Ha, ha, ha - überhaupt nicht!« Ich ging also zu dem Safe und begann daran herumzufummeln.
Sie fingen an zu diskutieren, wie man ein Auto bekommen könnte, um zu versuchen, die Sekretärin zu finden, und der Bursche wurde immer verlegener, weil die ganzen Leute seinetwegen warten mußten und er ein solcher Esel war, daß er nicht einmal seinen eigenen Safe öffnen konnte. Alle waren ziemlich nervös und wurden allmählich sauer auf ihn, als es Klick! machte - und der Safe aufging.
Innerhalb von zehn Minuten hatte ich den Safe geöffnet, der alle Geheimdokumente über die Fabrik enthielt. Sie staunten nicht schlecht. Die Safes waren offenkundig nicht besonders sicher. Es war ein ziemlicher Schock: Dieser ganze, »nur zur Ansicht bestimmte«, streng geheime Kram, verschlossen in diesem wunderbaren Geheimsafe, und dieser Bursche öffnet ihn in zehn Minuten!
Natürlich konnte ich den Safe nur wegen meiner Angewohnheit öffnen, mir dauernd die beiden letzten Zahlen zu besorgen. Als ich im Monat zuvor in Oak Ridge gewesen war, war ich im gleichen Büro gewesen, als der Safe offen war, und ich hatte mir, ohne weiter nachzudenken, die Zahlen besorgt - ich folgte eben immer meiner Obsession. Obwohl ich sie nicht aufgeschrieben hatte, konnte ich mich vage an sie erinnern. Zuerst probierte ich 40-15, dann 15-40, aber keines von beiden funktionierte. Dann probierte ich 10-45 mit sämtlichen ersten Zahlen durch, und der Safe ging auf.
Etwas Ähnliches passierte an einem anderen Wochenende, als ich zu einem Besuch in Oak Ridge war. Ich hatte einen Bericht geschrieben, zu dem ein Oberst sein O K. geben mußte, und er war in seinem Safe. Alle anderen bewahrten Unterlagen in Aktenschränken wie jenem in Los Alamos auf, aber er war Oberst, und deshalb hatte er einen viel tolleren, zweitürigen Safe mit großen Griffen, die vier ¾-Inch-starke Stahlbolzen aus dem Rahmen herauszogen. Die großen Messingtüren schwangen auf, und er nahm meinen Bericht heraus, um ihn zu lesen.
Da ich keine Gelegenheit gehabt hatte, irgendwelche wirklich guten Safes zu sehen, fragte ich ihn: »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mir Ihren Safe anschaue, während Sie meinen Bericht lesen?« »Nur zu«, sagte er, überzeugt davon, daß ich nichts anstellen konnte. Ich sah mir die Innenseite von einer der soliden Messingtüren an und entdeckte, daß das Einstellrad mit einem kleinen Schloß in Verbindung stand, das genauso aussah wie die kleine Vorrichtung an meinem Aktenschrank in Los Alamos. Dieselbe Firma, derselbe kleine Bolzen, nur daß man, wenn der Bolzen runterging, mit den großen Griffen am Safe ein paar Stangen zur Seite schieben und mit einigen Hebeln all diese ¾-Inch-starken Stahlstäbe zurückziehen konnte. Das ganze Hebelsystem schien von dem gleichen kleinen Bolzen abzuhängen, der auch die Aktenschränke verschloß.
Nur weil ich als Fachmann perfekt sein wollte, um sicherzugehen , daß es der gleiche war, besorgte ich mir die beiden Zahlen in der gleichen Weise, wie ich es bei den Aktenschrank-Safes machte.
Er las inzwischen den Bericht. Als er fertig war, sagte er: »Alles klar, das ist in Ordnung.« Er legte den Bericht in den Safe, packte die großen Griffe und schlug die riesigen Messingtüren zu. Es klingt so gut, wenn sie schließen, aber ich weiß ja, daß das bloß etwas Psychologisches ist, denn da ist nichts als das gleiche verdammte Schloß dran.
Ich konnte nicht anders, ich mußte ihn ein bißchen piesacken (irgend etwas reizt mich immer bei diesen Burschen vom Militär in ihren schicken Uniformen), deshalb
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