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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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Reinigungsverfahren, wieviel Material notwendig ist, wie die Bombe funktioniert, wie die Neutronen erzeugt werden, welche Konstruktion verwendet wurde, die Abmessungen - sämtliche Informationen, die in Los Alamos bekannt waren: der ganze Krempel! «
    Ich ging zu dem zweiten Aktenschrank zurück und nahm das Dokument heraus, das ich brauchte. Dann nahm ich einen roten Wachsstift und ein Stück gelbes Papier, das im Büro herumlag, und schrieb: »Ich habe mir Dokument Nr. LA4312 ausgeliehen - Feynman, der Safeknacker.« Ich legte den Zettel oben auf die Papiere im Aktenschrank und machte ihn zu.
    Dann ging ich zu dem ersten, den ich geöffnet hatte, und schrieb einen zweiten Zettel: »Der hier war nicht schwieriger zu öffnen als der andere - Schlaumeier«, und schloß den Schrank.
    In den anderen Schrank im Nebenraum legte ich einen Zettel, auf dem stand: »Wenn alle Kombinationen gleich sind, ist einer nicht schwieriger zu öffnen als der andere - Selbiger«, und dann schloß ich auch diesen Schrank. Danach ging ich in mein Büro und schrieb meinen Bericht.
    Am gleichen Abend ging ich in die Cafeteria, um zu Abend zu essen. Dort traf ich Freddy de Hoffman. Er sagte, er gehe hinüber in sein Büro, um zu arbeiten, und zum Spaß ging ich mit.
    Er fing an zu arbeiten, und bald ging er ins Nebenzimmer, um einen der Aktenschränke dort zu öffnen - etwas, womit ich nicht gerechnet hatte -, und zufällig öffnete er zuerst den Aktenschrank, in den ich den dritten Zettel gelegt hatte. Er zog die Schublade auf und sah darin dieses fremde Ding - dieses leuchtend gelbe Papier, auf dem in leuchtend Rot etwas gekritzelt war.
    Ich hatte in Büchern gelesen, wer einen Schreck bekomme, werde fahl, aber gesehen hatte ich es noch nie. Na ja, es ist absolut wahr. Sein Gesicht wurde grau, gelbgrün - es war wirklich zum Fürchten, das zu sehen. Er nahm den Zettel, und seine Hand zitterte. »G-g-guck mal hier!« sagte er mit bebender Stimme.
    Auf dem Zettel stand: »Wenn alle Kombinationen gleich sind, ist einer nicht schwieriger zu öffnen als der andere - Selbiger.«
    »Was soll das heißen?« fragte ich.
    »Alle meine Safes haben die g-g-gleiche K-k-kombination!« stammelte er.
    »Das ist aber keine sehr gute Idee.«
    »D-das weiß ich j-jetzt auch!« sagte er, völlig erschüttert.
    Daß das Blut aus dem Gesicht weicht, muß auch die Wirkung haben, daß das Gehirn nicht richtig arbeitet. »Er hat sogar unterschrieben! Er hat sogar unterschrieben!« sagte er.
    »Was ?« (Auf diesen Zettel hatte ich meinen Namen nicht geschrieben.)
    »Ja«, sagte er, »es ist derselbe Kerl, der versucht hat, in Gebäude Omega reinzukommen!«
    Während des ganzen Krieges und sogar danach noch gab es fortwährend diese Gerüchte: »Jemand versucht in Gebäude Omega reinzukommen!« Denn während des Krieges wurden Experimente durchgeführt, bei denen es darum ging, soviel Material zusammenzubringen, daß die Kettenreaktion gerade anfing. Man ließ ein Stück Material durch ein anderes hindurchfallen, und wenn es hindurchfiel, fing die Reaktion an, und man maß, wieviel Neutronen man dabei bekam. Das Stück fiel so schnell durch, daß sich nichts aufbauen und nichts explodieren konnte. Die Reaktion begann jedoch gerade soweit, daß man feststellen konnte, daß alles richtig anfing, daß die Beträge stimmten und daß alles ablief wie vorausgesagt - ein äußerst gefährliches Experiment!
    Natürlich wurde dieses Experiment nicht mitten in Los Alamos durchgeführt, sondern ein paar Meilen entfernt, in einem Canon hinter mehreren Mesas, ganz isoliert. Um dieses Gebäude Omega war eigens ein Zaun mit Wachtürmen gezogen worden. Mitten in der Nacht, wenn alles ruhig ist, kommt irgendein Kaninchen aus dem Unterholz, rennt gegen den Zaun und macht ein Geräusch. Die Wache schießt. Der wachhabende Leutnant kommt. Was soll der Wachsoldat sagen? - Daß es bloß ein Kaninchen war? Nein. »Da hat jemand versucht, in Gebäude Omega einzudringen, und ich habe ihn verscheucht!«
    De Hoffman war also bleich und zitterte, und er merkte nicht, daß es in seiner Logik einen Fehler gab: es war nicht klar, daß der Kerl, der versucht hatte, in Gebäude Omega einzudringen, eben der war, der neben ihm stand.
    Er fragte mich, was er tun solle.
    »Na, sehen Sie nach, ob irgendwelche Dokumente fehlen.«
    »Es sieht so aus, als wäre alles in Ordnung«, sagte er. »Es scheinen keine zu fehlen.«
    Ich versuchte ihn zu dem Aktenschrank zu steuern, aus dem ich mein Dokument

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