Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman
nicht mehr weiter.
Am nächsten Tag sah ich mir das verdammte Ding an und versuchte die Räder einzubauen, indem ich sie alle mit der Hand festhielt. Die Federn schnappten immer wieder zurück. Ich überlegte: »Wenn er das jetzt eine Woche lang versucht hat, und ich versuche es und bringe es nicht fertig, dann geht es so nicht!« Ich hielt inne und sah es mir sehr genau an, und ich bemerkte, daß jedes Rad ein kleines Loch hatte - einfach ein kleines Loch. Da dämmerte es mir: Ich spannte das erste; dann steckte ich ein Stück Draht durch das kleine Loch. Dann spannte ich das zweite und steckte auch da den Draht durch. Dann das nächste, und noch eines - wie wenn man Perlen auf eine Schnur zieht -, und ich zog das ganze Ding beim ersten Versuch auf, reihte alles auf, zog den Draht heraus, und alles war o. k.
Abends zeigte ich ihm das kleine Loch und wie ich es gemacht hatte, und von da an redeten wir viel über Maschinen; wir wurden gute Freunde. Nun gab es in seinem Büro eine Menge kleiner Fächer, in denen halb auseinandergenommene Schlösser und auch Teile von Safes lagen. Oh, die waren schön! Aber ich sagte immer noch kein Wort über Schlösser und Safes.
Endlich fand ich, der Tag sei nahe, und so beschloß ich, einen kleinen Köder auszulegen, der ihn auf Safes bringen sollte: Ich wollte ihm das einzig wirklich Wertvolle erzählen, das ich über sie wußte - daß man sich die letzten beiden Zahlen besorgen kann, wenn sie offen sind. »He!« sagte ich und schaute zu den Fächern hinüber. »Ich sehe, Sie arbeiten an Mosler-Safes.«
»Yeah.«
»Wissen Sie, diese Schlösser sind schwach. Wenn Sie offen sind, kann man sich die letzten beiden Zahlen besorgen ...«
»Tatsächlich?« fragte er und zeigte endlich etwas Interesse.
»Yeah.«
»Zeigen Sie mir, wie«, sagte er. Ich zeigte ihm, wie man es machte, und er sah mich an. »Wie heißen Sie eigentlich?« In der ganzen Zeit hatten wir uns einander nicht vorgestellt.
»Dick Feynman«, sagte ich.
»Gott! Sie sind Feynmann!« sagte er respektvoll. »Der große Safeknacker! Ich habe von Ihnen gehört; ich habe Sie schon lange kennenlernen wollen! Ich möchte von Ihnen lernen, wie man Safes knackt.«
»Was soll das heißen? Sie öffnen Safes doch mit links.«
»Keineswegs.«
»Jetzt passen Sie mal auf, ich habe von der Sache mit dem Safe des Hauptmannes gehört, und ich habe mich die ganze Zeit ziemlich ins Zeug gelegt, denn ich wollte Sie kennenlernen. Und jetzt wollen Sie mir erzählen, Sie könnten Safes nicht mit links öffnen?«
»Stimmt genau.«
»Aber Sie müssen wissen, wie man einen Safe aufbohrt.«
»Auch davon habe ich keine Ahnung.«
»WAS?« rief ich. »Der Typ in der Eigentumsabteilung hat gesagt, Sie hätten Ihr Werkzeug genommen und wären hingegangen, um den Safe des Hauptmanns aufzubohren.«
»Mal angenommen, Sie hätten einen Job als Schlosser«, sagte er, »und es kommt jemand zu Ihnen und bittet Sie, einen Safe aufzubohren. Was würden Sie tun?«
»Na ja«, antwortete ich, »ich würde erstmal so tun, als müßte ich mein Werkzeug zusammenpacken, dann würde ich es nehmen und zu dem Safe bringen. Dann würde ich aufs Geratewohl irgendwo meinen Bohrer an dem Safe ansetzen und dann rrrrrrrrrrh , um meinen Job zu retten.«
»Genau das wollte ich auch tun.«
»Aber Sie haben ihn doch geöffnet! Sie müssen wissen, wie man Safes knackt.«
»O ja. Ich wußte, daß die Schlösser, wenn sie aus der Fabrik kommen, auf 25-0-25 oder auf 50-25-50 eingestellt sind, und da habe ich gedacht: >Wer weiß; vielleicht hat der Bursche sich nicht mal die Mühe gemacht, die Kombination zu ändern<, und bei der zweiten hat's geklappt.«
So lernte ich wirklich etwas von ihm - daß er Safes mit derselben wundersamen Methode knackte wie ich. Aber noch komischer war, daß dieses hohe Tier von Hauptmann einen Super-Supersafe haben mußte, daß sich die Leute die ganze Mühe machen mußten, das Ding in sein Büro zu hieven, und daß er es nicht einmal für nötig gehalten hatte, die Kombination einzustellen.
Ich ging in meinem Gebäude von Büro zu Büro und probierte diese beiden Kombinationen aus der Fabrik aus, und ich öffnete ungefähr jeden fünften Safe.
Dich braucht Uncle Sam nicht!
Nach dem Krieg kratzte die Armee alles zusammen, um Leute für die Besatzungstruppen in Deutschland zu bekommen. Bis dahin stellte die Armee Leute in erster Linie aus anderen Gründen als wegen körperlicher Untauglichkeit zurück (ich wurde zurückgestellt, weil
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