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Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman

Titel: Sie belieben wohl zu scherzen, Mr. Feynman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard P. Feynman
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herausgenommen hatte. »Also, hm, wenn alle Kombinationen gleich sind, hat er vielleicht aus einer anderen Schublade etwas herausgenommen.«
    »Stimmt!« sagte er und ging in sein Büro zurück, öffnete den ersten Aktenschrank und fand den zweiten Zettel, den ich geschrieben hatte: »Der hier war nicht schwieriger zu öffnen als der andere - Schlaumeier.«
    Jetzt machte es keinen Unterschied mehr, ob da »Selbiger« drunterstand oder »Schlaumeier«: Für ihn war es völlig klar, daß es der Kerl gewesen war, der versucht hatte, in Gebäude Omega hineinzukommen. Deshalb war es besonders schwierig, ihn davon zu überzeugen, daß er den Aktenschrank öffnen müsse, in dem mein erster Zettel lag, und ich weiß nicht mehr, wie ich ihn dazu überredete.
    Er machte sich daran, ihn zu öffnen, und ich verdrückte mich über den Flur, denn ich hatte ein bißchen Angst, daß er mich einen Kopf kürzer machen würde, wenn er herausfand, wer ihm den Streich gespielt hatte.
    Da kam er auch schon hinter mir hergelaufen, aber statt ärgerlich zu sein, umarmte er mich beinahe, so erleichtert war er, daß der Diebstahl der Geheimunterlagen über die Atombombe nur ein Unfug war, den ich getrieben hatte.
    Ein paar Tag später erzählte de Hoffman mir, er brauche etwas aus Kersts Safe. Donald Kerst war nach Illinois zurückgegangen und schwer zu erreichen. »Wenn Sie meine Safes alle mit der psychologischen Methode öffnen können«, sagte de Hoffman (ich hatte ihm erzählt, wie ich es gemacht hatte), »können Sie vielleicht auch Kersts Safe so öffnen.«
    Inzwischen hatte die Geschichte die Runde gemacht, deshalb kamen einige Leute, um sich den phantastischen Vorgang anzusehen, wie ich - aus dem Stand - Kersts Safe öffnete. Allein zu sein, war nicht nötig. Die letzten beiden Zahlen zu Kersts Safe hatte ich nicht, und um die psychologische Methode anzuwenden, brauchte ich Leute um mich, die ihn kannten.
    Wir durchsuchten sein ganzes Büro, und ich sah in den Schubladen nach, ob ich irgendwelche Anhaltspunkte fand; es war nichts da. Dann fragte ich sie: »Was für eine Kombination würde Kerst verwenden - eine mathematische Konstante?«
    »O nein!« sagte de Hoffman. »Kerst würde etwas sehr Einfaches tun.«
    Ich versuchte es mit 10-20-30, 20-40-60, 60-40-20, 30-2010.
    Nichts.
    Dann fragte ich: »Glauben Sie, er würde ein Datum verwenden?«
    »Yeah!« sagten sie. »Er ist genau der Typ, der ein Datum nehmen würde.«
    Wir probierten verschiedene Daten aus: 8-6-45, als die Bombe hochging; 86-19-45; dieses Datum; jenes Datum; das Datum des Projektbeginns. Nichts funktionierte.
    Zu diesem Zeitpunkt waren die meisten Leute schon weggegangen. Sie hatten nicht die Geduld, mir dabei zuzusehen, aber man löst so etwas nur mit Geduld!
    Dann beschloß ich, von 1900 bis heute alles durchzuprobieren. Es klingt so, als wäre das sehr viel, aber das stimmt nicht: die erste Zahl ist ein Monat, Eins bis Zwölf, und das kann ich mit nur drei Zahlen ausprobieren: Zehn, Fünf und Null. Die zweite Zahl ist ein Tag, von Eins bis Einunddreißig, was ich mit sechs Zahlen durchprobieren kann. Die dritte Zahl ist ein Jahr, und das waren damals nur fünfundvierzig Zahlen, was ich mit neun Zahlen durchprobieren konnte. So reduzierten sich die 8000 Kombinationen auf 162, die ich in fünfzehn oder zwanzig Minuten ausprobieren konnte.
    Unglücklicherweise fing ich für die Monate am oberen Ende an, denn als ich den Safe schließlich öffnete, lautete die Kombination 0-5-35.
    Ich wandte mich an de Hoffman. »Was ist Kerst um den 5. Januar 1935 herum passiert?«
    »Seine Tochter ist 1935 geboren«, sagte de Hoffman. »Das muß ihr Geburtstag sein.«
    Jetzt hatte ich ohne weitere Vorbereitung zwei Safes geöffnet. Ich machte mich. Ich war jetzt ein Profi.
    In dem gleichen Sommer nach dem Krieg wollte der Mann, der für das Staatseigentum zuständig war, einige der Sachen zurückzunehmen, die die Regierung erworben hatte, um sie wieder zu verkaufen. Dazu gehörte auch der Safe eines Hauptmanns. Wir wußten alle über diesen Safe Bescheid. Als der Hauptmann während des Krieges eintraf, entschied er, für die Geheimunterlagen, die er bekommen werde, seien Aktenschränke nicht sicher genug, so daß er einen Spezialsafe haben mußte.
    Das Büro des Hauptmanns befand sich im zweiten Stock in einem der leicht gebauten Holzhäuser, in denen wir alle unsere Büros hatten, und der Safe, den er bestellt hatte, war ein schwerer Stahlsafe. Die Arbeiter mußten hölzerne

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