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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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einen mit deiner Hand getötet?«
    »Auf Kreta. Beim Nahkampf. Mit dem Kappmesser.« Theo Klein wischte sich über den Mund. »War eine verdammte Situation. Du oder ich, hieß es da. Da habe ich ihm das Kappmesser quer durchs Gesicht gezogen. Sah scheußlich aus … Aber ich hatte keine Lust, schon zu sterben.«
    »Und das hat dich dann auch getröstet? Du oder ich …«
    »Getröstet?« Theo Klein schielte zu Küppers hinab. »Mensch, bei dir ist 'ne Schraube locker! Wozu brauchste Trost, wenn Krieg ist? Entweder der schießt, oder ich schieße. Entweder der rennt mir das Messer in den Balg, oder ich bin schneller.«
    Küppers nickte. »Richtig, Theo. Aber hast du auch einmal überlegt, warum?«
    »Warum? Mensch!« Er drehte sich herum zum MG und zog die Schutzhülle über den Lauf. »Ach – leck mich doch am Arsch …«
    Mit Theo Klein war auf dieser Basis nicht zu reden. Er war ein Urvieh, das in einer Uniform steckte und menschliche Züge trug. Nur einmal hatten Küppers und die ganze Gruppe Maaßen an ihm eine Seele entdeckt, und sie waren so verblüfft, daß sie sich bis heute noch nicht einig waren, ob es wirklich eine Gefühlsregung gewesen war oder bloß ein Ausdruck dumpfer Wut. Das war, als Theo Klein nicht aus der Schlucht gehen wollte, bis man Felix Strathmann gefunden hatte, und sich wehrte und fast weinte, daß man den Jungen aufgab.
    An den Hängen und zwischen der Stadt Cassino und dem Monte Cassino lagen noch die unbeerdigten Toten. Die Verwundeten hatte man, soweit man sie transportieren konnte, in Kampfpausen und unter Wahrung und Achtung der Roten-Kreuz-Fahne weggeschafft. Jetzt lagen die Gefallenen in den zerklüfteten Abhängen und würden die Luft verpesten, sobald die Sonne endgültig den Frühling brachte und die Erde warm wurde, wie es sich für süditalienischen Boden gehörte. Als der Schneefall nachließ und die Schneedecke unter einem widerlichen Nieselregen zu schmelzen begann, erschien an der Höhe 444 wieder eine große weiße Fahne mit dem Zeichen des Lazaretts. Eine Gruppe Männer in langen Mänteln mit Bahren und Ambulanzkästen kletterte über die zerschossenen Felsen und suchte das Kampffeld ab.
    Major v. Sporken sah von der Klostermauer aus dem Treiben zu. Dr. Pahlberg wies auf eine Gruppe, die sich über einen in einem Loch liegenden Körper beugte, ihn herauszog und sich um ihn bemühte. Ein Arzt rannte über die Felssteine und ließ neben der Gruppe eine Lazarettfahne in die Erde stecken.
    »Sie haben noch einen Verwundeten gefunden.«
    v. Sporken nickte. »Hoffentlich rettet die Menschlichkeit, was das Unmenschliche zerstörte. Sie sollten auch mit einer Kolonne losziehen und suchen.«
    »Wir haben keine Verletzten mehr am Berg.«
    »Aber in der Todesschlucht liegen mindestens 30 Träger. Man sollte sie bergen und hier im Kloster begraben.«
    »Da haben Sie recht, von Sporken. Nutzen wir die Minuten der Besinnung aus. Ich werde sofort gehen.«
    Als Dr. Pahlberg mit seiner Kolonne, auch die Rote-Kreuz-Fahne vorantragend – Krankowski trug sie wie eine Standarte – den Berg hinabstieg, winkte ihnen ein Mann aus der Kolonne der Gegner entgegen. Er löste sich aus der Gruppe um den Verwundeten und kam den Deutschen entgegen. Um den Ärmel seines Mantels trug er die weiße Armbinde, eine flache Mütze, durch den Regen etwas aufgeweicht, bedeckte den runden Kopf. Ein Amerikaner.
    Dr. Pahlberg verhielt den Schritt. Er stellte sich vor seine Fahne und hob grüßend die Hand an den Helm. »Stabsarzt Pahlberg«, stellte er sich korrekt vor. Der Amerikaner grüßte zurück. »Captain Bolton. Bataillonsarzt.«
    Sie reichten sich die Hand, kameradschaftlich, mit einem festen Druck.
    »Sie sprechen Deutsch?« fragte Dr. Pahlberg.
    »Ja. Mein Großvater war Deutscher.« Dr. James Bolton lächelte schwach. »Er stammte aus Württemberg, aus Ludwigsburg.« Er hob die Schultern, der Regen lief in einem Bach über seinen Kragen die Brust hinunter. »Man darf nicht darüber nachdenken, Kamerad.«
    Das Wort ›Kamerad‹ riß Dr. Pahlberg empor. Er sah in die Augen des Amerikaners, und sie wußten, daß sie sich verstanden.
    »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?« fragte Pahlberg mit belegter Stimme.
    »Vielleicht. Darum komme ich zu Ihnen. Ich bin Internist. Am Massachusetts-Hospital in Boston. Wir haben einen schweren Fall gefunden. Er wäre zu retten – aber nicht durch mich. Ich gebe es offen zu. Sind Sie Chirurg, Kamerad?«
    »Ja, Mr. Bolton.«
    »Darf ich Sie bitten, zu kommen?« Er

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