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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fuß auf diese Augen gestellt und seinen Kopf in die Erde gepreßt. Ich Schwein, ich verfluchtes Schwein. Ich Mörder! Ich habe einen Menschen umgebracht, mit meinen Händen, mit meinen dreckigen Fingern, mit meinen Stiefeln. O Gott, o mein Gott! Und er hat die Lippen bewegt, er hat den Mund aufgerissen – vielleicht wollte er um Gnade bitten, vielleicht flehte er mich an, mit blutigem Schaum vor den Lippen, mit bettelnden Augen … Laß mich leben, Kamerad. Laß mich bitte, bitte leben, ich habe eine Frau und vier Kinder in Lahore … Laß mich leben, Sahib … Und ich habe meinen Fuß auf die bettelnden Lippen gesetzt, auf die traurigen Rehaugen und habe ihn in die Erde getreten, den Dolch in der Brust lassend und seine tastende Hand wegtretend. O ich Schwein, ich erbärmliches Schwein … Halb irr traf er bei Oberst Stucken ein und übergab ihm die Meldetasche.
    Stucken starrte den Unteroffizier an.
    »Sie sind vom Monte Cassino gekommen? Durch die feindlichen Linien? Allein?! Mensch, Unteroffizier.« Er drückte Küppers die schlaffe Hand. Von der Breyle kam herein, Oberst Stucken zeigte auf Küppers. »Vom Kloster gekommen! Allein!« sagte er mit stolzer Stimme. »Das sind meine Jungs!« Und zu Küppers gewandt, setzte er ehrlich hinzu: »Ich werde mir Ihren Namen merken, Unteroffizier!«
    Vor der Tür, allein an einem Baum, weinte Küppers wie ein kleines Kind.

Viertes Buch

    Natura deficit, fortuna mutatur, et deus omnia cernit.
(Die Natur läßt uns im Stich, das Glück wechselt,
und Gott beschaut sich alles dies.)

    HADRIANUS IMPERATOR

Nach dem Rückzug der sechs Sturmbataillone General Freybergs und den großen Verlusten der Inder trat am Monte Cassino eine Waffenruhe ein.
    Der Winter brach noch einmal über das gequälte Land herein. Wolkenbrüche verwandelten die Straßen, Wege und Felder wieder in riesige Schlammseen, in denen die amerikanischen und deutschen Panzer einsanken und hoffnungslos liegenblieben. Der Nachschub quälte sich über Straßen russischen Formats, von den Abruzzen her zogen Schneestürme und legten sich wie eine mildtätige Decke über den Monte Cassino und seine Wunden.
    General Alexander hatte die Vergeltung der Schlappe Freybergs auf den 24. Februar angesetzt. Sie sollte mit einem Bombardement und einem Artilleriefeuer eingeleitet werden, wie es die moderne Kriegsgeschichte noch nicht gesehen hatte. Nun regnete es, die Artillerie blieb auf den grundlosen Straßen stecken, die Munitionsschlepper von den Häfen Neapel und Salerno fuhren sich fest, die Meteorologen der Luftflotte untersagten jede Lufttätigkeit und rechneten mit einem Abflauen des winterlichen Wetters erst Mitte März. Die Front schlief ein. Nicht vollständig … dafür war Krieg, und man mußte etwas tun, um dessen Berechtigung zu beweisen. Spähtrupp-Unternehmen, Ausbau der Stellungen, kleine Bunkerangriffe, Kommandotrupps, Störfeuer, Beschuß des Nachschubs und vor allem die Festigung der erreichten Vorteile bildeten die Hauptaufgaben der stillen Wochen. Es war, als hielte der Krieg einen Augenblick den Atem an, als verschnaufe er sich etwas, tränke eine kühle Erfrischung und rüste sich zu einem neuen, noch schrecklicheren Ansturm gegen den Klosterberg und seine todesmutigen Männer.
    Heinrich Küppers war am nächsten Tag schon wieder in den Ruinen Monte Cassinos aufgetaucht, hatte Major v. Sporken einen Packen Meldungen und sogar Feldpost mitgebracht und lag nun neben Theo Klein in dem MG-Nest, das durch Zeltplanen gegen den strömenden Regen geschützt war. Theo Klein war denkbar unzufrieden.
    »Nichts mitgebracht!« maulte er. »Nicht mal ein Päckchen Puddingpulver oder ein Paket Muckefuck! Und so was schickt man los! Warum biste eigentlich losgetrabt, was?!«
    »Halt's Maul, Theo!« Küppers starrte in den Regen. Die Augen, dachte er. Diese flehenden, braunen Augen. Er kam nicht von ihnen los. Er träumte des Nachts von ihnen und wachte auf, weil ihn Theo Klein in die Seite stieß und knurrte: »Halt 'n Rand, Heini! Jetzt brüllt der auch noch in der Nacht!«
    »Hast du schon einmal einen Menschen getötet, Theo?« fragte er leise.
    Theo Klein drehte sich erstaunt um. »Dusselige Frage! Was tun wir denn den ganzen Tag?!«
    »Nicht so, Theo. Nicht mit der Flinte. Da siehste se nur purzeln. Sie werfen die Arme hoch, oder sie fassen sich dahin, wo's eingeschlagen hat, fallen um und sind weg. Vielleicht schreien sie auch mal … aber du siehst es nur, sie sind weit weg. Ich meine … hast du schon einmal

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