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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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reichte Pahlberg im Regen eine Schachtel Zigaretten hinüber. Camel. Die Hand schützend über die Packung haltend, zog Pahlberg mit den Fingern eine hervor und brannte sie unter seinem Mantel mit dem Feuerzeug an. Gierig sog er den süßlichen Duft des Virginiatabaks in die Lunge, diese erregte Mischung der Fermentierung aus Beize und Feigen.
    Sie kletterten über die Felsen und traten an das Granatloch heran, auf dessen Rand der Verletzte, ein junger, schmaler Inder, lag. Zwei Sanitäter knieten neben ihm und pumpten ihm im Regen aus zwei Flaschen Blutkonserven neues Blut in die Vene. Eine Transfusion an einem Trichterrand. Bewundernd sah ihnen Dr. Pahlberg zu.
    »Sie sind glücklicher dran als ich, Bolton«, sagte er wehmütig. »Sie haben Blutkonserven, Sie verfügen über die besten Arzneimittel, Sie haben bestimmt in Neapel ein Lazarett, mustergültig wie aus einem Lehrbuch der Chirurgie, einen OP, der in jeder Universitätsklinik stehen kann, mit Überdrucknarkose, Sauerstoffzelt, Eisernen Lungen.«
    »Das stimmt.«
    »Und ich habe nichts, gar nichts als meine Hände und ein bißchen Selbstvertrauen. Das ist verdammt wenig.«
    Bolton legte die Hand auf seinen nassen Arm. »Ich wäre Ihnen immer dankbar, wenn Sie uns dieses ›bißchen‹ zur Verfügung stellten.«
    Die amerikanischen Sanitäter sahen den deutschen Arzt mit neugierigen Augen an. Der runde, randlose Helm wies ihn als einen grünen Teufel aus. Seine lange, schlanke Gestalt schien halb verhungert zu sein, die Backen waren eingefallen und bildeten unter dem Schläfenbein ein Loch. Die amerikanischen Sanitäter blinkten sich zu. Während sich Pahlberg über den Verletzten beugte, traten sie zur Seite und griffen in die Taschen ihrer Mäntel und in die mitgenommenen Beutel. In einer Zeltplane sammelten sie die Gegenstände … Packungen mit Zigaretten, Tafeln Schokolade, Breakfast- und Dinner-Päckchen, gepreßten Tee, flache Schachteln Nescafé, Fruchtstangen, Kekse, einige Dosen eingedickter Milch, kleine, graue Dosen mit Marmelade, Ei mit Schinken, Schweinefleisch, Thunfisch und Nußbutter. Sie legten die Zeltplane zur Seite an einen Stein und gingen zurück zu den beiden Ärzten, die den Verwundeten auf eine Bahre gelegt hatten und ihm die Uniform aufschnitten. Vier Sanitäter, unter ihnen Krankowski, hielten eine große Plane als Regenschutz über die Bahre, unter ihr konnten die Ärzte halbwegs trocken den jungen Inder entkleiden.
    Dr. Pahlberg sah Dr. Bolton kritisch an. »Nierenschuß. Die linke Niere ist zerrissen. Sie muß exstirpiert werden.«
    »Bitte!« Bolton nickte. »Er muß sofort ins Lazarett!«
    »Das überlebt er nicht! Er liegt hier bestimmt schon zwei Tage. Bis er operiert werden kann – in Neapel vielleicht –, vergehen noch einmal zwei Tage! Bei diesem Wetter können wir ihn nicht mit dem Laz-Flugzeug herausfliegen. Bis dahin aber ist er tot. Wenn nicht an der Wunde, so an einer unaufhaltsamen Urämie.«
    Dr. Pahlberg atmete erregt. Die Amerikaner umstanden ihn. Sie sahen ihn an, hoffend, abwartend, vertrauend. »Haben Sie genug Blutkonserven?« fragte er.
    »Ja.« Bolton hob den Kopf. Er sah die Entschlossenheit in Pahlbergs Augen und bekam plötzlich Angst vor dieser wahnsinnigen Situation.
    »Verbandmaterial?«
    »Genug! Fehlt Ihnen?«
    »Ja.«
    »Ich überlasse Ihnen alles, was wir hier übrigbehalten.«
    »Danke, Mr. Bolton. Adrenalin?«
    »Auch da. Ebenso eine lange Injektionsnadel für intercardiale Injektion – falls erforderlich.«
    »Sehr gut. Krankowski!«
    »Herr Stabsarzt?«
    »Holen Sie das große chirurgische Besteck. Schnell! Und bringen Sie zwei Handscheinwerfer mit.«
    Krankowski starrte Dr. Pahlberg entgeistert an. »Sie wollen doch nicht …«, stotterte er fassungslos. »Hier … auf der Erde … im Regen … Herr Stabsarzt …«
    »Laufen Sie, Mann! Sie hätten schon wieder hier sein können!« fauchte Dr. Pahlberg.
    Das war bester Kommißton. Feldwebel Krankowski wetzte durch die Felsen, den Berg hinauf, rannte durch den Regen wie ein Besessener und wurde oben von Major v. Sporken abgefangen.
    »Was gibt das da unten?« fragte er neugierig.
    »Der Herr Stabsarzt will eine Niere exstirpieren!«
    »Was?!« v. Sporken griff sich an den Kopf. »Draußen, im Regen?! Das ist ja Irrsinn! Das ist ja eine Gottversuchung! Er soll den Verwundeten hierher bringen!«
    »Das geht nicht, Herr Major. Dann wäre er ja unser Gefangener!« Krankowski rannte weiter zu den Lazarettkellern. Major v. Sporken stürzte wieder

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