Sie fielen vom Himmel
weiterzog.
Am Abend gab es bei der Gruppe Maaßen Bratkartoffeln mit Speck. Leutnant Weimann reichte dem erschütterten Gottschalk lachend seine Zigarettenschachtel. Auch er aß Bratkartoffeln mit Speck.
»Wir sind Waisenknaben gegen die, Herr Hauptmann. – Das sind Landsknechte, übriggeblieben aus dem 30jährigen Krieg. Die ziehen dem Teufel den Stuhl unterm Hintern weg und behaupten, es sei von allein gekommen!«
Dann regnete es. Tagelang, wochenlang.
Es war, als wolle der Himmel Italien ertränken und untergehen lassen im Meer. Die dreieckigen Zeltbahnen über dem Kopf, marschierten die deutschen Truppen zu den neuen Stellungen. Etappenweise, immer wieder kehrtmachend, den nachrückenden amerikanischen und britischen Divisionen entgegenfallend, sich verblutend in dem Feuer der Panzergeschütze und der auf riesigen Raupen nachkommenden Artillerie.
Dr. Heitmann befand sich bereits in Cassino … er richtete das Lazarett in dem für solche Fälle beliebtesten Haus ein – der Schule. Stabsarzt Dr. Pahlberg blieb bei der kämpfenden Truppe und versorgte den vorgeschobenen Hauptverbandsplatz. Erst Anfang November traf er in Cassino ein und stand eine Viertelstunde später wieder am Operationstisch und amputierte einen Unterarmschußbruch.
Oberst Stucken saß mit seinem Stab schon seit Mitte Oktober in der Gustav-Stellung am Monte Cassino, unterhalb des Klosters. Er fand dort den Feldwebel Hugo Lehmann III vor, der mit der ersten Gruppe Ersatz gleich in Cassino hängenblieb. Lehmann III betrachtete seine Abkommandierung von der Fallschirmjäger-Schule an die Front nicht als eine Auszeichnung – wie Leutnant Mönnig ihm beim Abschied von Rom sagte –, sondern war zunächst tief betrübt, in Regen und Schlamm zu liegen und seine Flüstertüte mit einer Maschinenpistole vertauscht zu haben. Zackig meldete er sich bei Oberst Stucken, stellte seinen Ersatzhaufen vor und wartete nun auf das Anrücken der 3. Kompanie, der er zugeteilt worden war.
Am 16. Oktober rückte Hauptmann Gottschalk in Cassino ein. Hier war noch Friede … die Bewohner der Stadt hatten zwar ihre Sachen gepackt und waren bereit, evakuiert zu werden oder hinauf in die riesigen Gewölbe des Klosters Monte Cassino zu flüchten, sobald die ersten Granaten das Nahen der 5. Armee ankündigten, aber auf den Straßen herrschte noch Betrieb, die Geschäfte waren zum Teil noch geöffnet, und vor allem spürte man vom Krieg nur das Surren der Aufklärungsflugzeuge von Tedders taktischem Geschwader. Die 3. Kompanie rückte friedensmäßig in Cassino ein. Geschlossen, in Dreierreihen, mit Seitenrichtung und Vordermann, singend und in bester Form, als habe sie keinen Rückzug und schwere Abwehrkämpfe hinter sich. Die Landser der Infanterie-Regimenter standen am Straßenrand und sahen sich den Spuk der Fallschirmjäger an. Dieses Mal marschierte die Gruppe Maaßen wieder an der Spitze, die EK I auf dem ›Knochensack‹, Feldwebel Maaßen mit dem Deutschen Kreuz. Müller 17 stampfte ohne Socken in seinen Stiefeln … er wollte durch seine dicke Stopfnaht nicht hinken. Der Himmel war grau. Kälte zog von den Bergen herab. Auf den schroffen Felsen des Monte Cassino stieß das Kloster bald bis an die niedrig hängenden Wolken.
Theo Klein tippte den gebildeten Maaßen an. »Ein tolles Ding, der Bau!« sagte er leise.
»Dort hat der heilige Benediktus seine ›Regula Sancta‹ geschrieben.«
Klein starrte Maaßen an. »Was hat er?«
»Die Regula Sancta …«
»Was ist 'n das?«
»Ein Gesetzbuch für die Mönche des Abendlandes.«
»Aha!« Theo Klein starrte zu dem mächtigen Kloster empor. »Hat er auch was für den Morgen geschrieben?«
Feldwebel Maaßen hielt es für unter seiner Würde, darauf zu antworten. Er ließ Theo Klein mit diesem Problem allein.
Die Gustav-Stellung, der Riegel vor der Straße nach Rom, füllte sich. Die Front rückte näher. General Clark hatte den Volturno überschritten, seine Panzer und Raupenschlepper, seine Infanterie-Divisionen und Luftlandetruppen ergossen sich zu dem letzten Gebirgszug, der Rom gegen den Süden trennte.
In diesen Tagen begann die Räumung des Klosters Monte Cassino.
Major Ia Richard v. Sporken hatte vor dem Kriege Kunstgeschichte studiert und als Dozent an der Universität Greifswald gelesen, ehe er 1939 wieder die Uniform anzog und sich mit taktischen Aufgaben beschäftigte. Er wußte, welche Schätze in den Gewölben der Benediktiner-Abtei verborgen lagen, er kannte den unermeßlichen Reichtum des
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