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Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Klosters an Reliquien, Gemälden, alten Meßgewändern, Monstranzen und goldenen Lampen, die alten, heiligen Bücher, Teppiche aus der Frühzeit des Christentums und eine Bibliothek, die in Europa nicht wieder zu finden war. Kulturgut aus über 1.000 Jahren Christenheit lagerte in diesem Kloster, das aussah wie eine Burg, eine Festung des Glaubens, die standhielt unter dem Wort, den Menschen Friede und Einkehr zu bringen. Der Befehl Generalfeldmarschall Kesselrings verhinderte das Betreten des Klosters durch einen deutschen Soldaten. Er hatte eine Bannmeile um das Kloster gelegt, um den Mönchen das Inferno des Krieges zu ersparen und der Menschheit das Kulturgut christlichen Glaubens zu bewahren. So sahen die Mönche des Monte Cassino erstaunt hinab von ihrem Klosterberg auf den Aufmarsch der deutschen Truppen und auf die Stellung unterhalb ihrer Abtei, an der Via Casilina und dem Ort Cassino.
    Major v. Sporken stand in diesen Tagen oft vor dem Haus, in dem der Stab der 34. Fallschirmjäger-Division lag, und starrte empor zu dem gewaltigen Gebäudekomplex des Klosters. Oberst Stucken klopfte ihm auf die Schulter. »Da zuckt Ihr Kunstgeschichtlerherz, was, Sporken? So am Fuße einer Kulturburg zu stehen, ohne darin herumschnüffeln zu können.«
    »Ich weiß, was dort oben liegt.« v. Sporken rückte die randlose Brille gerade auf die Nase. Auch in der Uniform der Fallschirmjäger sah er noch wie ein Gelehrter aus. »Ich habe einmal eine Zusammenstellung aller Kunstschätze in der Hand gehabt. Es ist unschätzbar, Herr Oberst.« Er stockte und fügte dann hinzu: »Und es wird vor die Hunde gehen, um in unserem Jargon zu sprechen.«
    »Das Kloster steht unter Schutz.« Stucken reichte v. Sporken sein silbernes Zigarettenetui hin. »Zigarette?«
    »Danke, Herr Oberst. Nein.« Der Major bemerkte, wie drei Mönche in ihren langen, schwarzen Soutanen den Bergweg hinabstiegen und in den Gärten oberhalb der Stadt Cassino verschwanden. »Sie glauben doch nicht, daß der Gegner wirklich annimmt, der Berg sei unbesetzt? Und wenn er es glaubt, so wird es sich beim Betrommeln unserer Stellungen unterhalb des Klosters gar nicht vermeiden lassen, daß Weitschüsse die Abtei treffen. Oder Bomben, Herr Oberst. Jede Granate aber, jede Bombe zerstört Kulturgut, das unwiederbringlich ist.«
    »Können Sie es ändern?«
    Stucken schüttelte den Kopf.
    »Mein Stab besteht nur aus Romantikern. Breyle will plötzlich die Welt durch die moralische Brille sehen, Sie kommen mir mit Kunst.«
    »Mit Tatsachen, Herr Oberst! Bei dem Bombenangriff alliierter Flieger auf Rom am 19. Juli wurde die berühmte Kirche S. Lorenzo fast völlig zerstört. Auf Sizilien wurden ganze Städte und Dörfer samt ihren Kirchen und Kulturdenkmälern von den Bomben einfach niedergewalzt – glauben Sie, daß sie vor dem Kloster Monte Cassino haltmachen werden?!«
    Oberst Stucken nickte. »Im Kloster befinden sich fast 1.300 italienische Flüchtlinge. Jeden, der um Asyl bittet, nimmt der Abt auf, getreu seiner Klosterregel, keinen von der Tür zu weisen. Man weiß das auch bei der 5. Armee. So etwas sickert durch und bleibt nicht verborgen. Dafür sorgen schon die Partisanen. Ihre Zweifel sind übertrieben, Sporken.« Oberst Stucken ging ins Haus zurück. Er brach das Gespräch ab. Er hatte andere Sorgen als die Kulturschätze von Monte Cassino. Der Nachschub stockte … vor drei Tagen hatten britische Flieger den Ort Cassino angegriffen, der enge Straßenschlauch der Via Casilina durch die Berge stand unter ständiger Kontrolle aus der Luft. Major von der Breyles Partisanenkommando hatte in den letzten drei Wochen zwei Gruppen aufgespürt und vernichtet, aber es war, als schlüge man einer Hydra die Köpfe ab und aus den Stümpfen erwüchsen immer neue Köpfe. Hier ging es um Menschen, nicht um Gemälde oder Meßgewänder, um alte Pergamente oder Reliquien von vor siebenhundert Jahren verstorbener Äbte und Päpste.
    Am nächsten Tag fuhr Major v. Sporken den Klosterberg hinauf zu Erzabt Gregorio Diamare.
    Der Bischof und Abt von Monte Cassino, ein achtzigjähriger Greis mit strahlenden Augen und einem gütigen Lächeln, empfing ihn in seinem Empfangssalon. Major v. Sporken ergriff eine tiefe Feierlichkeit, als er durch die Gänge des alten Klosters geführt wurde, über die Innenhöfe mit den wertvollen Skulpturen und durch die Säle mit den Fresken und unschätzbaren Teppichen und Geräten. Zwei Tage lang sprach er mit Erzabt Diamare, schilderte den Verlauf der

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