Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie fielen vom Himmel

Sie fielen vom Himmel

Titel: Sie fielen vom Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
ist bereits an der Via Casilina. Vom letzten Abhang aus habe ich ihn gesehen … er kletterte schräg den Berg hinab auf die Straße zu.«
    Diamare schüttelte den Kopf. Fra Carlomanno war 80 Jahre alt, so alt wie er selbst. Und er kletterte den Berg hinab, allein, abseits von ihrem Zug.
    »Wir werden ihn suchen«, sagte er leise. »Fra Carlomanno wird den Weg zu uns finden.«
    Sie gingen weiter, über zerschossene Pfade, über zerrissene Berghänge, vorbei an den unbegrabenen und verwesenden Leichen der gefallenen deutschen Träger und Melder. Im Tal stießen sie auf Dr. Heitmann und sein Feldlazarett. Todmüde schwankte Erzabt Diamare durch die Verwundeten. Dr. Heitmann stützte ihn und führte ihn zu einer Scheune, in der er einen Raum als Privatzimmer abgeteilt hatte. Gustav Drage brachte zwei Apfelsinen und eine Flasche Sprudelwasser. Diamare trank ein Glas und gab die beiden Apfelsinen dem gelähmten Jungen auf den Armen des Laienbruders.
    »Sie werden sofort in Sicherheit gebracht, Exzellenz.« Dr. Heitmann sah auf seine Uhr. »In spätestens einer halben Stunde werden Sie und die Mönche mit Lastwagen nach Castellmassimo gebracht werden, zum Kommandeur des XIV. Panzerkorps. Von dort wird man Sie weiterbringen zu Feldmarschall Kesselring und nach Rom. Sie haben mit Gottes Hilfe den Krieg überlebt, Exzellenz.«
    Diamare sah den Arzt groß an.
    »Den Krieg. Ja, den Krieg. Aber nicht das Kloster. In ihm liegt mein Herz … und es ist mit vernichtet worden.«
    Dr. Heitmann schwieg. Draußen schrien die Verwundeten nach ihm. Dr. Pahlberg war auf dem Weg zum Kloster … er sollte den vorgeschobenen Verbandsplatz einrichten. Drei Lastwagen mit Verbandsmaterial, Injektionsampullen, chirurgischen Bestecken und Tragen waren durchgekommen und hatten das Lazarett wieder arbeitsfähiger gemacht.
    Das Kloster war geräumt … die 3. Kompanie rückte in die Trümmer ein, voran die Gruppe Maaßen, allen voran Stabsgefreiter Theo Klein, die Medaille des Erzabtes Diamare im Brustbeutel auf der nackten, haarigen Brust. Dr. Pahlberg schob sich im Streufeuer der amerikanischen Artillerie mit zehn Sanitätern und zwölf Trägern mit Lazarettmaterial den Hang hinauf, der teilweise noch erhaltenen Klostermauer entgegen.
    Major v. Sporken richtete seine Werfergruppe ein, verteilte die Verteidigungsstellungen und gab die Minenfelder an, die von dem Ende der Serpentinenstraße aus bis in das Kloster gelegt werden sollten.
    Der Tag verdämmerte … in der Ebene fuhr der Erzabt mit seinen Mönchen und den anderen Geretteten weiter nach Norden.
    Niemand vermißt Julia mit den abgerissenen Füßen. Erschöpft vom Abstieg und den ausgestandenen Tagen hatten die Träger die als Bahre benutzte Sprossenleiter einfach auf halber Höhe abgesetzt und waren dann weitergerannt, dem schwankenden Kruzifix Diamares nach. Julia erwachte aus ihrer Bewußtlosigkeit, als die Dämmerung über den Berg und das zerstörte Kloster zog. Sie schaute empor in den fahlen Himmel. Wolken schoben sich über den Berg … im Kloster krachten vereinzelte Einschläge. Sie richtete sich auf und blickte verwirrt um sich. Sie sah die Decke über sich, die Leiter, auf der sie mitten in den Felsen lag, sie spürte jetzt auch den rasenden Schmerz in den Füßen, einen Schmerz, der bis zum Herzen stach und sie beim Atmen hemmte.
    »Carlo?« sagte sie leise. »Carlo …« Sie stützte sich hoch und schlug mit den Stümpfen gegen eine Sprosse der Leiter. »Carlo!« schrie sie da grell. »Carlo! Aiuto! Aiuto! Carlo …«
    Sie schlug mit den Armen um sich, sie wollte aufspringen, fiel nach vorn auf die Leiter und kroch auf den Stümpfen über die felsige Erde. Sie schrie, schrie in einem fort und fiel auf das Gesicht, überwältigt von den Schmerzen und erlöst von einer neuen Ohnmacht.
    So fand sie Dr. Pahlberg und ließ sie von zwei Sanitätern auf einer Trage ins Tal schleifen. Als Dr. Christopher sie von der Bahre hob, war sie ausgeblutet und tot.
    Theo Klein stand zwischen den zerborstenen Säulen der Basilika und starrte über die riesigen Trümmerberge, die den Boden des einstmals herrlichen Kirchenschiffes bedeckten. Heinrich Küppers kletterte durch die eingefallenen Gänge und Säle und traf dort Feldwebel Maaßen und Müller 17, die mit Josef Bergmann einen Toten aus den Trümmern zogen. Eine schwangere Frau, deren Kopf zerquetscht war. Küppers winkte ab. »Der ganze Innenhof liegt voller Toter. Das gibt einen Mordsgestank, wenn der Frühling kommt und die warme Sonne!

Weitere Kostenlose Bücher