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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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»Hilf mir, damit wir es aufkriegen.«
    Sie hatte mich angelächelt und nicht verstanden, was ich gesagt hatte, mir dann aber geholfen, an dem Griff zu ziehen. Doch es hatte nicht funktioniert. Dieses Fenster war genauso verriegelt wie die anderen. Anna hatte meinen Blick bemerkt, begriffen, was ich wollte, und erstaunt gewirkt. So als hätte sie selbst noch gar nicht an Flucht gedacht.
    Nachdem wir im Wald aufgelesen worden waren, hatte man uns in ein menschenleeres Hotel gebracht; ein wartender Bodyguard hatte uns in ein Zimmer geführt. Ich hörte Schritte, Autos und Stimmen auf der Straße draußen, aber wieder einmal waren wir gefangen, in der Gewalt eines weiteren fremden Mannes.
    Jetzt sah ich ihn an, als er mit einer Kalaschnikow über der Schulter den Raum betrat.
    »Willst du was zu essen?«, fragte er.
    »Ja, gut«, sagte ich und schaute schnell zu Anna-Maria, als er mich hinausführte und sie wieder einschloss.
    Wir gingen nach unten in eine Bar. In der Mitte befand sich eine Stange mit einer kleinen runden Bühne darum herum, dazu etwa fünfzehn Tische. Der Geruch nach abgestandenem Wein und Bier hing in der Luft, und der Fußboden unter mirwar klebrig. Über der Bar hing ein riesiges Bild, und darauf waren Frauen in Korsetts und Strümpfen und mit Federn im Haar abgebildet, die sich um einen Mann gruppierten.
    »Die tanzen hier«, sagte der Bodyguard, als ich mir das Bild anschaute.
    »Aber wo sind sie denn?«, fragte ich.
    »Wir haben geschlossen.«
    Er führte mich in eine Küche, die genauso schmutzig war wie die Bar. Ich fand ein Handtuch und ein Stück Seife und säuberte ein Stück Arbeitsfläche, ehe ich zum Kühlschrank ging. Der Geruch nach verdorbenem Fleisch stieg mir sofort in die Nase, als ich die Tür aufmachte. Ein Stück schmieriges Steakfleisch warf ich in die Mülltonne, ehe ich zwei Tomaten, eine Gurke und etwas Fetakäse herausnahm.
    »Ist das alles?«, fragte der Bodyguard, als ich ihm seine Portion hinschob.
    »Mehr ist nicht da.«
    Er knurrte und widmete sich dem frugalen Mahl. Ich setzte mich ihm gegenüber hin und aß meine Portion; ich kaute ganz langsam, damit ich den Geschmack von Tomaten und salzigem Käse auf der Zunge genoss. Sweta wäre zufrieden mit mir, dachte ich bitter. Bei dem bisschen, das ich in letzter Zeit gegessen hatte, nahm ich reichlich ab.
    Als wir fertig waren, brachte ich Anna etwas zu essen. Sie saß auf dem Bett und starrte ins Leere, als ich ins Zimmer kam, hatte die Knie umfasst und wiegte sich hin und her. Sie hatte nicht viel mit mir gesprochen, aber ich wusste, sie musste sich um ihre alte, kranke Mutter und ihren jüngeren Bruder kümmern. Je mehr ich über Anna erfuhr, desto mehr wurde mir bewusst, dass ihr Verstand wie der eines kleinen Kindes funktionierte.
    Ich setzte mich neben sie aufs Bett und holte meine Fotos heraus.
    »Deine Kinder, deine Augen«, sagte Anna, die jetzt neben mir lag. »Wunderschön.«
    Im Dämmerlicht starrte ich die Fotos an, und Verzweiflung sammelte sich in meiner Kehle. Ich war so erschöpft, so weit weg von allem, was ich kannte, dass ich anfing zu weinen. Ich schluckte die Schluchzer hinunter und stopfte mir das Kissen in den Mund, um das Geräusch zu unterdrücken.
    »Ich liebe euch«, flüsterte ich den Fotos zu. »Ihr seid das einzige Glück, das ich habe.«
    Anna schlang die Arme um mich, aber ich grübelte immer weiter, als ich versuchte einzuschlafen. Ich wusste alles noch ganz genau: wie ich meinen Kindern einen Gutenachtkuss gegeben hatte, sie streichelte, während sie schliefen, auf ihren Atem horchte und zusah, wie sie in ihren Träumen lächelten; ihre winzigen Beinchen, ihre Füße, ihre Finger, die Muttermale auf den Armen und die Sommersprossen auf den Gesichtern. Jede Erinnerung schnitt mir ins Herz, und tief im Innern bewegte mich die ganze Zeit nur eine einzige Frage: Wie kann man gerettet werden, wenn keiner weiß, dass man verlorengegangen ist?
     
    »Hallooo«, sagte eine Stimme, als die Schlafzimmertür aufging.
    Es war unser zweiter Tag in dem seltsamen, ruhigen Hotel. Kurz zuvor hatten uns drei Männer gemustert, und mir war von dem Moment an, als ich sie sah, ganz beklommen zumute. Sie waren alle Ende zwanzig oder Anfang dreißig, aber zwei von ihnen wirkten ganz besonders wie kleine Jungs – sie lachten und witzelten, während sie uns anstarrten. Jetzt schauten wir hoch und sahen dieselben drei Männer in der Tür stehen. Sie waren eindeutig betrunken.
    »Los, komm mit«, sagte einer von

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