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Sie haben mich verkauft

Sie haben mich verkauft

Titel: Sie haben mich verkauft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: O Kalemi
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passiert«, sagte sie Tag für Tag zu mir.
    Ich konnte bloß weinen, wenn ich so dasaß und wartete. Ich wehrte mich nicht. Ich schrie nicht. Wozu auch? Ich konnte nirgendwohin, nichts tun, ich war eine Gefangene und wusste, es gab keine Fluchtmöglichkeit, ehe man mich von hier wegbrachte. Manchmal dachte ich daran, mir im Badezimmer eine Rasierklinge zu suchen, aus der Küche ein Messer mitzunehmen, mich zu verletzen, mich umzubringen, um all dem ein Ende zu machen. Doch da flüsterte immer diese Stimme in meinem Kopf und sagte mir, ich müsse stark sein für meine Kinder.
    »Hör auf zu weinen«, sagte Sweta oft ärgerlich, wenn sie mich schminkte, weil sie meine roten Wangen und rotgeweinten Augen vertuschen wollte. »Inzwischen solltest du dich daran gewöhnt haben; du bist jetzt lange genug hier und weißt Bescheid, also hör auf mit dem kindischen Geheule. Denk dran, du kannst das ganz große Geld verdienen, und dann kannst du raus aus diesem Geschäft.«Nach etwa einer Woche kam ich endlich nach draußen. Grob hatte man uns befohlen, unsere Sachen zu packen und uns bereitzuhalten. Hoffnung regte sich in mir, als ich die frische Luft einatmete. Sweta wirkte nervös, als sie uns aus der Wohnung führte, und ich schlurfte so langsam wie möglich vorwärts, als das Sonnenlicht in den dunklen Flur fiel, der zur Haustür führte. Vielleicht kam ja die Polizei.
    »Leg einen Zahn zu!«, zischte sie und stieß mich in den Rücken.
    Aber gerade, als ich auf die Türschwelle trat, sah ich, dass ein Auto dicht vor der Tür vorgefahren war und dass ein Mann dastand und uns beobachtete. Weglaufen war unmöglich. Wir wurden in das Auto gedrängt, die Türen fielen zu, und wir rasten davon.
    Etwa zehn Minuten später kamen wir an einem anderen Wohnblock an und wurden in eine Wohnung im Erdgeschoss geführt. Und die war ganz anders als Swetas Wohnung – sauber, hell, im Wohnzimmer Männer und junge Mädchen, die auf Sofas saßen und fernsahen oder sich unterhielten. Die Atmosphäre war entspannter als bei Sweta zu Hause, aber die Bodyguards hier sahen wie richtige Gangster aus: muskulös, groß und kahlköpfig. Als einer von denen seinen Mantel auszog, sah ich, dass er in einer Innentasche eine Pistole hatte.
    »Hallo«, sagte eine blonde Frau, als wir in das Zimmer kamen. Sie trug modische ausländische Kleidung, sah aus wie etwa vierzig und rauchte eine längliche, teuer wirkende Zigarette. Ganz offensichtlich hatte sie Geld. »Wollt ihr was essen?«, fragte sie und deutete auf die Küche. »Geht durch, und bedient euch. Das Essen steht auf dem Tisch.«
    Ich ging in die Richtung, in die sie gezeigt hatte.
    »Iss nicht zu viel!«, rief Sweta mir hinterher.
    »Ach was, sie ist ganz in Ordnung«, hörte ich die Blonde sagen. »Sie braucht bloß andere Kleider und Make-up.«
    Hungrig aß ich in der Küche und hörte, wie Leute sich unterhielten, und dann ging die Wohnungstür auf und wieder zu. Sweta war gegangen. Hatte ich sie gerade zum letzten Mal gesehen? Panik stieg in mir auf – ich hatte versucht, eine Art Beziehung zu ihr herzustellen, in der Hoffnung, dass sie mich gehen ließe, wenn ich ihr das Geld beschaffte, das sie für mich ausgegeben hatte. War dieser Plan jetzt hinfällig?
    Kurz darauf kam die elegante Blondine und führte mich in ihr Schlafzimmer, wo mehrere Reihen von Kleidern ordentlich im Schrank hingen. Sie gab mir eine weiße Hose und ein weißes Top, und später, als ein paar Männer kamen, musste ich an dem inzwischen vertrauten Ritual teilnehmen und vor ihnen auf und ab paradieren. Diesmal verlangte keiner, dass ich mich ausziehen sollte. Stattdessen redeten sie und aßen, während ich vor ihnen stand. Aber obwohl diese Frau ganz anders als Sweta war, wusste ich, dass sie sich als Zuhälter betätigte und wir zu verkaufen waren. Jetzt hatte sie das Sagen.
    Sweta kam am selben Abend noch zurück, und ich war irgendwie erleichtert, sie zu sehen. Wenigstens war sie so etwas wie ein vertrauter Fixpunkt in dieser fremden, neuen Welt, in der ich mich befand, auch wenn ich ihr herzlich egal war. Es wurde schnell klar, dass Sweta uns in der Nacht bewachen würde, während die blonde Zuhälterin sich tagsüber um den Verkauf kümmerte. Bald lernte ich auch einiges über Preise: Ich würde nur etwa tausend Dollar einbringen, während sich die anderen Mädchen wohl für dreitausend verkaufen ließen.
    Ich erfuhr auch den Namen des anderen Mädchens, das in Swetas Wohnung zu uns gestoßen war, kurz bevor wir

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